Seit 1877 gab es in Aachen Überlegungen zum Bau eines neuen Vieh- und Schlachthofes außerhalb der Stadt auf freiem Gelände mit gutem Eisenbahnanschluß um auch Viehlieferungen aus der Ferne, aus Westfalen oder dem Ausland empfangen zu können. Stadtbaumeister Joseph Stübben wurde mit der Planung beauftragt. Stübben wandte sich an den damals führenden Spezialisten zum Schlachthofbau Georg Osthoff mit der Bitte um Angabe sinnvoller Vergleichsbeispiele. Osthoff nannte: Köln, Elberfeld, Barmen, Bochum, Krefeld und in weiterer Ferne München, Stuttgart und Basel. In der Gesamtdisposition stimmte der neue Aachener Vieh- und Schlachthof am stärksten mit dem 1881 erbauten Schlachthof Hannover überein.
Mit dem Entwurf der Anlage wurden 1886/88 Stübbens Nachfolgern im Amt des Stadtbaumeisters Johannes Richter, Josef Laurent und Karl Heuser beauftragt. Auf Richters Generalprojekt von 1886 basierte die bis in die baulichen Details reichende Entwurfsarbeit von Heuser und Laurent. Die Ursprungsanlage wurde 1890 bis 1894 errichtet. Zur Unterbringung der Hallenmeister und Schlachthofmitarbeiter entstand an der Feldstraße nach einem beschränkten Wettbewerb 1899-1903 eine Wohnhausbebauung nach Plänen von Hermann Thelen. 1904 bis 1906 gab es eine erste Erweiterung des Schlachthofes mit einem zweiten Kühlhaus und einer Verkehrshalle zwischen den drei Schlachthallen und dem neuen Kühlhaus. Die Schlachthallen wurden renoviert und mit einer neuen Schlacht- und Fleischtransporttechnik ausgestattet.
Nach dem Ersten Weltkrieg gab es wiederholt Aufforderungen durch die Metzgerinnung und die Viehhändler zur Erweiterung und Modernisierung der Gesamtanlage. Nach einem Konzept von Schlachthofdirektor Goslar entstanden im Hochbauamt der Stadt Aachen umfassende Planungen, die einem Neubau des ganzen Vieh- und Schlachthofes gleichkamen. Die Pläne und ein zugehöriges Schlachthofmodell (nicht erhalten) wurden 1926 auf der Gesolei (Ausstellung für Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübung) in Düsseldorf gezeigt. Realisiert wurde nur etwa ein Viertel dieser Gesamtplanung. Die unter Einfluß der von Wilhelm Kreis entworfenen Ausstellungsbauten der Gesolei stehenden Neubauten des Aachener Schlachthofs wurden 1927-30 nach Plänen von Stadtbaurat Kirchbauer ausgeführt. Im Zentrum der Neubautätigkeit standen eine Fleischmarkthalle mit Fleischabholhalle und Uhrenturm. Auch in den 1930er Jahren entstanden Erweiterungsbauten: 1930 eine Markthalle für Großvieh und 1938 eine Großmarkthalle (nicht erhalten). Im Zweiten Weltkrieg erlitt der Schlachthof besonders im südöstlichen Bereich durch Bombentreffer starke Schäden mit Verlust der Fleischmarkthalle und des Kühlhauses 2. 1967 wurde der Vieh- und Schlachthof von der "Vieh- und Fleischversorgung Aachen e.G. (VFA) übernommen. 2002 wurde der Schlachtbetrieb eingestellt.
Die Anordnung der Gebäude folgte dem in Deutschland überwiegend ausgeführten sogenannten französischen Schlachthoftyp mit separat angeordneten Hallen und Betriebsgebäuden. Dominant waren in der Gesamtdisposition die drei parallel stehenden mit außerordentlich schmuckvollen Giebelausbildungen versehenen Schlachthallen für Schweine, Rinder und Kälber (ursprüngliche Funktionsbestimmung der Hallen: Schweineschlachthalle, und zwei gleichartige Hallen für Groß- und Kleinvieh, die später speziell für Rinder und Kälber genutzt wurden). Die Hallengiebel waren auf einen Platz ausgerichtet, der zugleich die Eingangssituation prägte und im Mittellage zwischen Vieh- und Schlachthof eine Verteilfunktion für das aus dem Viehhof in die Schlachthallen getriebenen Schlachtviehs hatte.
An einer Schmalseite des Platzes war der repräsentativ ausgebildete Hauptzugang zum Schlachthofs angeordnet mit den nahezu gleichartig ausgebildeten Verwaltungs- und Restaurantgebäuden. Dazwischen lag in Insellage das Portierhaus. Restaurant und Portierhaus sind nicht erhalten. Der Platz wurde weiterhin begrenzt durch den Giebel von Kühlhaus 1 und der direkt gegenüberliegenden Kuttlerei mit Düngerhaus.
Besondere Aufmerksamkeit galt der Energie- und Wasserversorgung. In einer durchgehenden Gebäudeflucht entstand direkt im Anschluß an das Kühlhaus 1 ein Maschinenhaus für die von der Firma Linde gelieferten Ammoniak- und Kühlmaschinen. Es folgten der Wasserturm, Kesselhaus mit Schornstein und Kohlenlager. Separiert von den übrigen Gebäuden wurde das Pferdeschlachthaus direkt an der Feldstraße angeordnet.
Auf den vorsorglich zur Erweiterung der Schlachthallen vorgehaltenem Gelände entstand 1904-06 das Kühlhaus 2 und die alle drei Schlachthallen mit dem neuen Kühlhaus 2 verbindende Verkehrshalle. Der Erweiterungskomplex der 1920er Jahre wurde dem Kühlhaus 2 vorangestellt. Markthalle mit Fleischabholhalle und dem Uhrenturm bildeten seither eine zur Stadt gelegene Schauseite des Schlachthofs.
Die Gesamtdisposition des Aachener Vieh- und Schlachthofes ist auch heute noch gut ablesbar, obwohl durch Zusatzbauten am ehemaligen Viehverteilplatz, durch Kriegszerstörungen und Abbrüche Veränderungen eingetreten sind. Der Vieh- und Schlachthof ist eine entstehungsgeschichtlich, funktional und architektonisch zusammenwirkende Anlage, die als ein Baudenkmal mit folgenden Teilen einzustufen ist:
Die beiden Parallelhallen für Schweine und Rinder waren gleichartig ausgebildet. Die Giebel sind durch spätere Anbauten jedoch nicht mehr erhalten.
Die Kuttlerei ist giebelständig zum Platz angeordnet. Die dreiachsigen Schmalseiten sind in der Mittelachse überhöht ausgebildet. Die überhöhten Giebelmittelteile mit großen Lünettfenstern (zugemauert) verdecken einen großen Entlüftungsaufsatz über dem First des flachen Satteldaches. Die Fenster- und Türöffnungen sind segmentbogig ausgebildet mit Sturzbegleitstreifen in Form des Deutschen Bandes. Die Schmalseiten sind von segmentbogigen Zwillingsfenstern durchbrochen. Die Innenkonstruktion besteht analog zu den Schlachthallen aus Gußsäulen mit geschwungenen Konsolen und Vollwandträgern. In der Kuttlerei wurden die entleerten Eingeweide des Schlachtviehs zusammen mit Kalbsköpfen und Hacksen in großen Brühbottichen gebrüht. Die Bottiche standen im Mittelteil des Gebäudes und wurden mit Dampf aus dem Kesselhaus geheizt.
Das Düngerhaus ist traufständig zum Verteilplatz errichtet. Das flache Satteldach ist an den Giebeln weit auskragend ausgebildet mit profilierten Pfetten, Kopfbändern und Stummelstützen auf profilierten Konsolen. Die Belichtung erfolgt über die Traufseiten durch schmale Zwillingsfenster in leicht zurückspringenden segmentbogigen Wandfeldern. Die aus den Schlachthäusern kommenden Eingeweide des Schlachtviehs wurde im Obergeschoß entleert. Die Eingeweide gingen in die Kuttlerei, ihr Inhalt gelangte über Öffnungen im Fußboden in verschließbare, eiserne Wagen im Untergeschoß.
Die erhalten gebliebene Fleischabholhalle hatte eine ähnliche Funktion wie die den Schlachthallen direkt angegliederte Verkehrshalle: der Transport von Fleisch sollte zwischen den Betriebsräumen und zu den Fahrzeugen vor Witterung geschützt werden. Die Halle diente zur Verladung der in der Fleischmarkthalle verkauften Ware und sollte Raum für mehrere Fahrzeuge bieten.
Die Halle hat eine Grundflüche von 65x18m und eine Höhe von 11,09m. Sie wird überspannt von neun Stahlbetonbogenbindern. Die Dachhaut besteht aus einem Zementschalendach auf Pfetten. Die orthogonal proportionierten Backsteinaußenwände sind der Halle so vorgeblendet, dass die Rundungen der Bogenbinder im äußeren Erscheinungsbild nicht zum Ausdruck kommen. Dominant treten in den Fassadengliederungen die großen Portalrahmen für Ein- und Ausfahrten an den Hallenschmalseiten in den Vordergrund. Diese Portalrahmen aus Kunststein mit getreppten Laibungen sind auf etwa halber Höhe durch einen horizontalen Sturzbalken aus Kunststein geteilt. Über dem Sturzbalken entstehen durch vertikale Fensterstöcke schlankhochrechteckige Fensterbahnen. Augenfälliges Element der Fassadengestaltung sind die Kopfbänder mit regelmäßig vor- und rückspringenden halbsteinstarken Ziegelstreifen. Die auch auf den Uhrenturm überspringenden Kopfbänder sind durch horizonale Kunststeingesimse eingefaßt.
Der 1930 entstandene 4 1/2 geschossige Uhrenturm wird in der zur Feldstraße gelegenen Hauptfassade geprägt durch die horizontale Verdachung über den beiden Doppeltüren im Erdgeschoß, das vertikale Fensterband zur Treppenhausbelichtung, schlitzartige Horizontalfenster für die Geschosse und die großen Ziffernblätter einer Uhr im überhöht ausgebildeten Turmeckbereich. Fenster- und Türöffnungen sind mit Kunststeinlaibungen eingefaßt, wobei die Türlaibungen wie bei der benachbarten Halle gestuft sind. Der Turm ist im Inneren in ein bis zwei Räume unterteilt. Das zu diesen Räumen führende Treppenhaus ist überdimensioniert und vermutlich für einen dreigeschossigen Bürotrakt berechnet, der sich vor der Fleischabholhalle zur Metzgerstraße erstrecken sollte.
Der Hof vor Uhrenturm und Fleischabholhalle ist mit einer Backsteinmauer mit Kunststeinabdeckungen eingefaßt.
Das Gebäude wurde als Großviehmarktstall erbaut und schließt direkt an den Garten des Direktions- und Verwaltungsgebäudes an. Der Backsteinbau mit flachem Satteldach ist in den Fassaden zweigeschossig ausgebildet mit zwillingsweise zusammengefaßten Segmentbogenfenstern und doppelflügeligen Türen in den Erdgeschossen und schmalen Öffnungen zur Belüftung der Heuböden in den Obergeschossen. Besonders aufwändig gestaltet sind die dreiteilig aufgebauten Giebel mit höher ausgebildetem Mittelbereich. Dieser segmentförmig gebogene Mittelteil wird bekrönt von einer muschelförmigen Ornamentform im Scheitelpunkt. Die Traufe wird von einem gestreckten Konsolgesims wuchtig verstärkt. Neben dem bogenförmigen Mittelteil sind die leicht zurücktretenden Seitenbereiche horizontal abgeschlossen. Die zurückliegenden Wandfelder in beiden Seitenbereichen werden von Rundbogenfriesen bekrönt.
Die Innenkonstruktion besteht aus Gußeisenstützen in drei Reihen und Kappendecken auf durchlaufenden Blechträgern. Durch den Umbau der Halle zur Diskothek wurde ein Teil der Innenkonstruktion entfernt und der Westgiebel so umbaut, dass der Giebel nun im Innenhof eines Atriums liegt. Das Gebäude wurde dadurch zwar in seiner Gesamtwirkung beeinträchtigt, ohne dass jedoch der aufwändige Westgiebel in der Substanz verlorenging..
Bau und Einrichtung der Schlachthöfe gehörten zu den großen Infrastrukturmaßnahmen der Städte im 19. Jahrhundert. Es waren Einrichtungen, die im Zuge von Agglomeratonstendenzen regelmäßig den Übergang zu großstädtischen Verhältnissen anzeigten. In diesem Sinne ist der Vieh- und Schlachthof in Aachen von ortsgeschichtlicher Bedeutung.
Vielfach wurden Bauten und Anlagen der städtischen Ver- und Entsorgung in anspruchsvollen Formen des Historismus gestaltet. Ausschlaggebend war der Wunsch zur Darstellung eines städtischen Selbstbewußtseins, das an mittelalterliche Blütezeiten des Städtewesens anknüpfte und besonders an den kommunalen Bauaufgaben präsentiert wurde. Zwar ist der Vieh- und Schlachthof in Aachen durch Krieg und Abbrüche in seiner Aussagefähigkeit reduziert, doch zeugen Bauten wie das Direktions- und Verwaltungsgebäude, Kuttlerei und Düngerhaus, Kälberschlachthalle, Wasserturm, Pferdeschlachthaus und Verkehrshalle noch von dem hohen Gestaltungsanspruch für städtische Infrastruktureinrichtung im ausgehenden wilhelminischen Kaiserreich.
Wie stark auch noch in den 1920er Jahren die Bauaufgabe Schlachthof zur Repräsentation bürgerlichen Selbstbewußtseins diente, zeigt der Uhrenturm an der Fleischabholhalle. In verkleinerter Form taucht hier eine Bauform auf, die sonst den Rathäusern oder Bahnhöfen vorbehalten war. Die Einflüsse der von Alfred Fischer geprägten Essener Schule oder der Gesolei-Bauten von Wilhelm Kreis in Düsseldorf sind unübersehbar. Die vom Stadtbaumeister Kirchbauer gestalteten Erweiterungsbauten des Schlachthofes sind daher gute Beispiele für die Verbreitung von Avantgarde-Architektur in Westdeutschland. Die Architektur in dieser Region war in den 1920er Jahren weniger von der weißen Putzarchitektur des Internationalen Stils, sondern stärker von regionalen Entwicklungstendenzen geprägt. Dennoch ist hier nur wenig zu spüren von der Formenwelt des sogenannten "Rheinischen Expressionismus" mit seiner Vorliebe für spitzwinklige, kristalline Formen oder historische Zitate. Stärker wird die Verbindung zur kubischen Architektur des Bauhauses spürbar, so wie es die Essener Schule um Alfred Fischer vielfach demonstriert hat.