Drahtstiftefabrik und Villa Dreher
Düsseldorf, Gerricusstraße
Peter Stegt
Die Drahtstiftefabrik und Villa Dreher in Düsseldorf-Gerresheim


Der mittelalterliche Stadtkern Gerresheims entwickelte sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem Zentrum der Drahtstifteherstellung. Bereits 1844 existierte eine Drahtstiftefabrik in der Dammer Mühle an der Bahnstrecke von Düsseldorf nach Erkrath. Der aus Andernach stamme Ignaz Dreher übernahm das Unternehmen.war. Der Antrieb durch Wasserkraft reichte schon bald nicht mehr, sodass er schon 1847 die Erlaubnis zum Betreiben einer Dampfmaschine erhielt. Die Produktion stieg stetig und die Dammer Mühle reichte schon bald nicht mehr aus, so dass das Werk 1851 in die Stadt Gerresheim verlegt wurde.

Das Gebäude der Dreher´schen Drahtstiftefabrik befand sich an der heutigen Ecke Gräulinger-| Gerricusstraße

Das Geschäft verlief offensichtlich sehr erfolgreich, denn bald wurde das Fabrikgelände durch den Ankauf mehrerer Grundstücke von der Kirchengemeinde zu Gerresheim erweitert. Diese räumliche Nähe der Dreher’schen Fabrik zur Schule und katholische Kirche führten jedoch auch zu großen Bedenken der Gemeinde, die jedoch in einem persönlichen Gespräch beseitigt werden konnten. In den Kaufvertrag wurde eine Klausel aufgenommen, der zufolge Dreher im Falle einer Ruhestörung eine Konventionalstrafe von 4000 Talern zu zahlen habe. Ob dieser Fall in der Realität jemals eingetreten ist, können wir aus den Quellen nicht mehr zu erfahren.

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Briefkopf von 1906. Quelle: Förderkreis Industriepfad Düsseldorf e.V.
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Werbeanzeige aus dem Jahre 1928. Quelle: Förderkreis Industriepfad Düsseldorf e.V.
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Villa Dreher vor 1918. Quelle: Förderkreis Industriepfad Düsseldorf e.V.
1882 trat der Sohn als Mitinhaber auf. Die Fabrik präsentierte ihre Erzeugnisse wurden auf Ausstellungen in Paris, Wien, Sydney, Melbourne, Riga, Amsterdam, Antwerpen. Gleichzeitig entwickelte Dreher eigene Maschinen und meldete sie zum Patent an. Eine enge Geschäftsbeziehung der Firma Dreher bestand z. B. mit dem Walzwerk des Belgiers Jean Pascal Piedboeuf in Oberbilk. Seine 1812 in Belgien gegründete Firma war über Aachen 1858 nach Düsseldorf gekommen. 1863 kam eine Kesselfabrik hinzu. Die Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Unternehmen symbolisiert die schon früh einsetzende Differenzierung und Kooperation der Eisenverarbeitung. Die dort hergestellten Bleche wurden vor der Weiterverarbeitung vernagelt. Die hierfür benötigten Spezialnägel wurden zum Teil selbst hergestellt, aber auch von der Fabrik Dreher bezogen. Eine Werbeanzeige der Firma „Dreher und Sohn“ aus dem Jahre 1928 zeigt die vielfältige Produktpalette der Fabrik. In dem Werk wurden alle Sorten von Drahtstiften, Nägeln, etc. hergestellt. Eisen- und Stahldrähte wurden zunächst auf Drahtziehmaschinen in verschiedenen Stärken gezogen. Dieser Draht konnte dann bereits verkauft oder zu anderen Produkten, wie z. B. Drahtgeflechte, Polsterbestandteile, Krampen, Schuhbeschläge, Schrauben, Nieten, Nadeln oder Ketten weiterverarbeitet werden. Zugleich bezog Dreher den Draht auch aus Altena, den dann seine Arbeiter zu Stiften umformten.

Die Fabrik stellte ihre Produktion im Jahre 1928 ein. Sie war in der Deutschen Drahtwerke AG aufgegangen. Die Fabrikgebäude wurden von einer Gummireifenfabrik übernommen. Im Zweiten Weltkrieg brannten die Gebäude aus, später wurden sie abgerissen. Heute stehen dort Wohnhäuser. Auf dem Gelände der Villa Dreher stehen heute das Pfarrbüro und das Gerricusstift. Nur der Park der Villa ist in Teilen erhalten.

Die Fabrik „Dreher & Sohn“ war Teil einer Industrie, die zu den wichtigsten Fertigungen der Eisen- und Stahlverarbeitung gehörte. Die Regierungsbezirke Düsseldorf, Köln und Arnsberg bildeten noch Ende der 1950er Jahre das Zentrum der deutschen Drahtindustrie, da hier 80 bis 90 % der Herstellungswerke ansässig waren. Allein in Düsseldorf und direkter Umgebung wurden 10 % der deutschen Gesamterzeugung von Drahtwaren hergestellt.