Hauptbahnhof Duisburg
Duisburg, Mercatorstr. 17

Sebastian Martin
Der Hauptbahnhof Duisburg


Geschichte

In Duisburg begann die Geschichte der Eisenbahn am 9. Februar 1846, als die Köln-Mindener Eisenbahngesellschaft einen Endbahnhof baute. Ein Jahr später wurde die Strecke bis nach Hamm verlängert, so dass aus dem End- ein Durchgangsbahnhof wurde. Im Jahr 1862 baute die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft in Duisburg ihren Kopfbahnhof in der Nähe zum bereits bestehenden. Schließlich folgte im Februar 1870 die Rheinische Eisenbahngesellschaft mit dem dritten Durchgangsbahnhof an selber Stelle. Nachdem die Gesellschaften 1880 verstaatlicht wurden und in die Preußische Staatseisenbahn übergegangen waren, baute man ein neues Empfangsgebäude in Insellage zu den Gleisen, was die drei anderen ersetzte. Dieses konnte 1888 eröffnet werden.

Das Empfangsgebäude von 1888

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Das Empfangsgebäude von 1888 in einer graphischen Darstellung
Es handelte sich um einen kombinierten Durchgangs- und Kopfbahnhof in Insellage, der im Zuge der Verstaatlichung der Eisenbahngesellschaften unter preußischer Führung erbaut und 1888 eröffnet wurde. Auf der einen Seite lag vorgelagert ein Droschkenhalteplatz, der über eine Rampenauffahrt zu den höher liegenden Gleisen und dem Empfangsgebäude führte. Zur anderen Seite des Bahnhofsgebäudes lagen die Kopfgleise mit der Güterabfertigung. Das Empfangsgebäude war ein langgezogener, zweigeschossiger Backsteinbau. Auf der Nordseite befand sich die Eingangshalle mit einem Tonnengewölbe, die weiteren Gebäudeteile waren mit Giebeldächern versehen. Die Fassade wurde durch neoromanische Fensterelement gestaltet und hatte eine Natursteinrustika auf den Gebäudeecken. Außerdem gab es reiche Ziergesimse im Dachbereich. Die Bahnsteigüberdachungen schlossen direkt an das Gebäude an und bestanden aus einer Konstruktion von Eisengusssäulen mit Eisenfachwerkträgern. Sie bildeten eine Perronhalle, die um das Gebäude herumlief.

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Grundriss des Empfangsgebäudes und der Gleistrasse von 1888
In der Eingangshalle befand sich auf der rechten Seite der Kartenverkaufsschalter und dahinter in eigenen Räumlichkeiten die Gepäckabfertigung. Auf der linken Seite war die Post untergebracht. Von der Eingangshalle gelangte man durch ein kleines Vestibül in den Wartesaal der III. und IV. Klasse. Linkerhand führte ein Gang zum Wartesaal der I. und II. Klasse, wodurch die Trennung nach Klassen geregelt war. Zwischen den beiden Wartesälen lag das Restaurant, welches beide Speisesäle bedienen konnte. Der Wartesaal der I. und II. Klasse hatte einen angeschlossenen eigenen Damensaal. Dahinter lagen noch die Räume für den Telegrafen und den Bahnhofsvorsteher. Im oberen Geschoss befanden sich die Unterkünfte für das Personal des Restaurants und für die Bahnhofsbediensteten.


Der Neubau der 1930er Jahre

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Erdgeschossgrundriss des Empfangsgebäudes und des Vorplatzes in einem Plan der 1930er Jahre
Mit dem Übergang der Preußischen Eisenbahngesellschaft in die Deutsche Reichsbahn und infolge von notwendigen Um- und Erweiterungsmaßnahmen am Duisburger HBF, entschloss man sich Anfang der 1930er Jahre zu einem zeitgemäßen, funktionalen Neubau. Unter Leitung des Regierungsbaudirektors Johannes Ziertmann und unter Mithilfe des Architekten Ackermann wurde von 1931-34 der neue Bahnhof von Duisburg gebaut. Dabei verlegte man das Empfangsgebäude westlich des Bahnkörpers, so dass der alte Inselbahnhof den vermehrten Durchgangsgleisen weichen konnte. Gleichzeitig wurde ein neuartiges Verkehrskonzept für den Bahnhofsvorplatz entwickelt. Dieses sah eine Tieferlegung des Durchgangsverkehrs auf der Saarstraße vor und hielt damit den Bahnhofsvorplatz für den Fußgängerverkehr zur Innenstadt frei. Die Zweigeschossigkeit des Vorplatzes ermöglichte so auch die elektrischen Straßenbahnen als Zubringer zum Bahnhof unten verkehren zu lassen. Die Reisenden erreichten den Vorplatz und das Empfangsgebäude über Treppenanlagen.

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Ansicht des Empfangsgebäudes und des Vorplatzes in einem Foto der 1930er Jahre
Die Anlage des Empfangsgebäudes wurde durch klare Formen und Funktionalismus bestimmt. Die Schalterhalle lag zentral mittig in der Anlage, darum gruppierten sich alle weiteren Räume um kurze Wege zu ermöglichen. Für eine angenehme Licht- und Luftzufuhr wechselte man bei den verschiedenen Raumgruppen die Raumhöhen.



Das Empfangsgebäude von 1934

Nachdem das alte Empfangsgebäude aus den 1880er Jahren den angestiegenen Bedürfnissen und Erfordernissen des Eisenbahnverkehrs nicht mehr gewachsen war, wurde in den Jahren 1931-1934 nach einem Entwurf von Reichsbahnoberrats Johannes Ziertmann ein neues Bahnhofsgebäude gebaut. Es zeichnete sich durch klare Baukuben aus, die entsprechend ihrer inneren Bedeutung und Funktionen den Umriss des Empfangsgebäudes strukturierten. Zentrales Element war die zweigeschossige Schalterhalle, an die sich zwei niedrigere Flügelbauten an den Längsseiten anschlossen. Von außen wurden die Stahlkonstruktionen mit braun-violetten Klinkern verkleidet. Auf der fensterlosen Stirnseite der Schalterhalle wurden die Klinker in Bändern verlegt um die große Front optisch aufzulösen. Auf den beiden Ecken waren zwei menschliche Skulpturen aus Kalksandstein platziert.

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Ansicht des neuen Empfangsgebäudes
Der Bahnhofsvorplatz wurde für die damalige Zeit nach einem modernen verkehrstechnischen Konzept gestaltet. Dieses sah eine Trennung des Verkehrs auf zwei Ebenen vor, so dass der Durchgangsverkehr und der Zubringerverkehr zum Bahnhof auf der tiefer liegenden Saarstraße geführt werden konnte und der fußläufige Verkehr von der Stadt zum Bahnhof darüber auf dem Vorplatz ungestört blieb. Verbunden wurden die beiden Ebene durch Treppenanlagen. Ein riesiges gläsernes, 70m langes Vordach überspannte und verband den Vorplatz mit dem Bahnhof. Heute existiert dieses Vordach nicht mehr. Unmittelbar an den nördlichen und südlichen Seitenflügel schlossen sich jeweils zwei Gebäude an das Empfangsgebäude an, so dass ein einheitlicher Eindruck entstand. Im linken, nördlichen Gebäude war die Post untergebracht und auf der anderen, der südlichen Seite mehrere Bahnverwaltungen. Heute befinden sich dort immer noch Teile der Bahnverwaltung und die Bundespolizei, in der ehemaligen Post ist hingegen ein Hotel.

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Blick in die Eingangshalle in einem Foto der 1930er Jahre
Als Reisender gelangt man unter dem Schutz des Glasdachs über den Vorplatz in die Schalterhalle. Die Seitenflügel haben im unteren Bereiche eine offene Arkadenzone. Nachdem die Eingangstüren aus dunkelgrün lackiertem Stahl durchschritten sind, steht man in einer großen zweigeschossigen Eingangshalle, welche durch seitliche Oberlichter belichtet wird. Der untere Teil der Wände war mit gelblich-weiß glasierten Tonplatten verkleidet, während der obere Teil mit einem grünen Stein- und Kratzputz versehen war. Der Bodenbelag bestand aus großen Kalksteinplatten. Auf der rechten Seite der Halle lagen zwölf Fahrkartenschaltern, daneben die Gepäckhalle, die auch einen bequemen Zugang zum Vorplatz hatte. Hinter der Gepäckhalle lagen große Gepäckräume und die Handgepäckstelle. Hier waren die Wände mit Klinkerplatten verkleidet, der Boden bestand aus Kunststein- und Stampfasphaltplatten. Die Gepäckabfertigung war durch einen eigenen Gepäcktunnel und Aufzüge mit den Gleisen verbunden. Ankommende und abfahrende Reisende gelangten durch einen breiten Personentunnel durch Sperren von der Schalterhalle getrennt zu den Gleisen. Links befanden sich einige Verkaufsstände, eine Kaffeestube, Toiletten- und Waschräume, sowie die nach Klassen getrennten Warteräume.

Erschlossen wurden die Läden und Warteräume über einen runden Raum von 13m lichter Weite, der auch als Verteiler fungierte. Dieser war mit lotrecht gestellten, lichtgraublau glasierten Tonriemchen verkleidet und auf dem Boden lagen blaue Kalksteinplatten. Die Wartesäle hatten einen gemeinsamen Küchenbereich, um es für den Pächter wirtschaftlicher gestalten zu können. Zusätzlich gab es an die Wartesäle angeschlossen noch mehrere Beratungs- und Konferenzzimmer. Der Wartesaal I. und II. Klasse war zweigeteilt, mit einem wenige Stufen höher liegenden Speisesaal, so dass man eine Zonierung für eilige und länger verbleibende Reisende erreichte. Ausgestattet waren die Wände des Wartesaals mit einem 1.30m hohen eichenen und dunkel gebeizten Wandsockel, darüber waren sie einfach verputzt und gestrichen. Der Bodenbelag bestand aus Eichenparkett und rotem Linoleum. Im höher liegenden Oberlichtraum waren die Wände mit graugelben Keramikplatten verkleidet und zusätzlich durch drei große Wandreliefs geprägt. Auf dem Boden lagen große Kalksteinplatten.

Im Wartesaal III. Klasse waren die Wände aus grünlich-grauem Kalkstein gemauert und im unteren Bereich mit leicht gebeiztem Lärchenholz verkleidet. Oberhalb der Vertäfelung war ein Wandfries gemalt, welcher die Entwicklung des Verkehrs zeigte. Auf dem Fußboden gab es Eichenparkett und die Decke war aus Lärchenholz gearbeitet.

Hinter den Wartesälen grenzte ein Gebäudeflügel der Post an, welcher auch durch einen eigenen Tunnel mit den Gleisen verbunden war. In diesem Flügel befanden sich auch die Büroräume, sowie Wohnungen für den Bahnhofswirt und seine Angestellten. Über dem Bereich der Gepäckabfertigung gab es die Räume für den Bahnhofsstationsleiter, Übernachtungs- und Aufenthaltsräume für das übrige Personal. Im Keller darunter lagen die Versorgungs- und Heizeinrichtungen. Neben der Gepäckabfertigung gliederte sich noch ein eigener Gebäudeflügel für diverse Eisenbahnämter an.


Zustand des Empfangsgebäudes um die 1960er und 70er Jahre

Nachdem der Duisburger Hauptbahnhof den zweiten Weltkrieg mit eher geringen Schäden überstanden hatte, mussten nur kleinere Reparaturen in der Nachkriegszeit durchgeführt werden. In den 1960er Jahren nahm man einige Renovierungen vor und zog eine abgehängte Decke in die Einganghalle ein. Dabei wurden die großformatigen Wandbilder, wie den aufgemalten Rheinkahn auf der Ausgangsseite, sowie eine Illustration der Duisburg Industrie auf der Tunnelseite, verdeckt. Außerdem beschädigte man diese auch noch durch die Aufhängungen der Abhangdecke. Im Personentunnel wurden in den 1970er Jahren verschiedenen Ladeneinbauten vorgenommen.


Baumaßnahmen 2009 - 2011

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Blick in die Eingangshalle im heutigen Zustand
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Heutiger Zustand eines der Wandbilder
Im Zuge von dringend anstehenden Modernisierungen des Duisburger Hauptbahnhofs wurde die Wiederherstellung der ursprünglichen Raumgröße der Einganghalle geplant. Zunächst nahm man die alte Zwischen- und Abhangdecke heraus und fand dahinter noch in Teilen vorhandene Wandbilder. Prüfungen ergaben leider, dass eine Rekonstruktion der fehlenden und beschädigten Teilflächen nicht möglich wäre. Man entschloss sich die Wandbilder durch einen Anstrich zu sichern und eventuell später zu restaurieren. Der weitere Innenraum sollte ebenfalls in den ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden, was durch eine Begradigung der schon vorhandenen Geschäftseinbauten erreicht wurde. Dafür entfielen weitere Einbauten und Stände in der Hautlauffläche. Die seitlichen Oberlichter bestanden aus Metallrahmen mit Einfachverglasung, diese mussten aus Wärmeschutzgründen durch eine neue Pfosten-Riegel Konstruktion mit Isolierglas ersetzt werden. Im Außenbereich waren die Metallstützen früher mit Kalkplatten bekleidet, welche zwischenzeitlich durch ein Putzsystem ersetzt worden waren. Im Bereich der Hauptstützen wurden nun neue Verkleidungen aus Naturstein angebracht. Insgesamt konnten die Proportionen der Fenster trotz kleiner Abweichungen erhalten bleiben, was sehr positiv für den Raumeindruck ist. Im Deckenbereich wurde zwischen den Hauptträgern die Decke abgehängt, die Konstruktion ist aber noch sichtbar geblieben. Die alten Türanlagen wurden ebenfalls in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt, wobei man das Material und die Farben passend abgestimmt hat.

Diese Maßnahmen wurden im Jahr 2009 durchgeführt und auch abgeschlossen. In diesem Jahr hat man mit den Arbeiten im Personentunnel begonnen. Hier sollen neue Schließfächer in einen Teil der Tunnelwand eingebaut werden, die Lichtführung verbessert und die übrigen Ladeneinbauten erneuert werden. Dazu gehört auch eine Erneuerung der Abhangdecken zwischen den Stahlträger im Personentunnel.

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Die Bahnsteighallen in einem Foto von 2002
Die ursprünglich vorgesehene Restaurierung der Bahnsteighallen konnte aus Gründen des schlechten Erhaltungszustands der Konstruktion nicht begonnen werden. In Absprache mit dem zuständigen Denkmalamt wurde 2012 ihr Abriss beschlossen.






(Auszug aus der Studienarbeit "Großstadtbahnhöfe des 19. und 20. Jahrhunderts in Nordrhein-Westfalen" im Lehrgebiet Denkmalpflege RWTH Aachen vom SS 2010.)