Zeche Himmelsfürster Erbstollen | Vereinigung
Essen, Deipenbecktal 2


Walter Buschmann
Zeche Himmelsfürster Erbstollen | Vereinigung




Die beiden Stollenzechen Himmelfürster Erbstollen und Vereinigung an der Ruhr erhielten mit Anlage (1830) und Ausbau (1847) der Prinz-Wilhelm-Bahn Bedeutung. Das Zechenhaus von 1854, in das die Stollen der beiden Zechen auf zwei verschiedenen Ebenen mündeten, dürfte im Bergbau Westdeutschlands einmalig sein. Mit diesem Haus ist zudem der Ort eines der für den Ruhrbergbau so wichtigen Erbstollens präsent geblieben.

Geschichte der Zeche Himmelsfürster Erbstollen

Der erste Himmelsfürster Erbstollen entstand nach einer Mutung von 1781 und darauf folgender Belehnung von 1787. Dieser Stollen hatte sein Mundloch knapp unterhalb der an der Ruhr gelegenen Rothe Mühle und stand in enger Nachbarschaft zu den Stollenmundlöchern der Zechen Sandbank und Nottekappe. Bei Verlängerung der Prinz-Wilhelm-Bahn bis Steele 1846/47 wurde das alte Mundloch des Himmelsfürster Erbstollen verschüttet und nicht wieder freigelegt.

Die Zeche Vereinigung entstand 1811 aus der Konsolidation von Pottwische und der schon seit 1770 in Förderung stehenden Zeche Schmierfuß. Die Verleihung von 1811 bezog sich auf vier bauwürdige Flöze mit Mächtigkeiten zwischen 0,5 m und 0,95 m. Wohl schon vor 1816 entstanden an der Rahmannsmühle, die flußabwärts nicht weit von der Rothe Mühle lag, Stollen für die Zechen Himmelsfürster Erbstollen und Vereinigung. Die beiden Stollen vereinigten sich kurz vor Erreichen der Tagesoberfläche und endeten in einem gemeinsamen Stollenmundloch. Die letzte Strecke Untertage bis zum Stollenmundloch wurde von der Zeche Vereinigung angelegt. In einem Vertrag von 1821 erhielt Himmelsfürster Erbstollen die Berechtigung über diesen Teil des Vereinigungsstollen das Fördergut zu Tage fördern zu können. Die Stollenmaße wurden festgelegt (1,55 m x 1,86 m), und der Stollen sollte über eine Rösche auch das Grubenwasser des Himmelsfürster Erbstollens zur Ruhr führen. Der Stollen war innerhalb von zwei Jahren fertigzustellen. Für 1817 ist das Projekt eines Pferdegöpels für den Himmelsfürster Erbstollen zur Förderung aus einem tonnnlägigem Schacht überliefert. Ob dieser tonnlägige Schacht mit Pferdegö-pel angelegt wurde, ist ungewiß. Die 1830/31 entstandene, mit Pferden betriebene Prinz-Wilhelm-Bahn endete zunächst am Stollenausgang der Zechen Himmelsfürster Erbstollen und Vereinigung. Damit erhielt die Förderung über den Stollen erhöhte Bedeutung. Für 1836 ist die Anlage einer 70 Lachter (= 146,3 m) langen Schienenbahn aus Holz überliefert, die durch den Stollen zur Prinz-Wilhelm-Bahn führte. Die gemeinsame Nutzung der Schienenbahn im letzten Teilstück wurde erneut vertraglich vereinbart. 1837 erreichte der Himmelsfürster Erbstollen die wohl höchste Förderung von 20.710 t.

Die Zeche Vereinigung wurde seit 1836 in zwei Teilen betrieben, als Vereinigung über und unter der Stollensohle. Vereinigung über der Stollensohle bestand jedoch nur bis 1842. 1837 entstand für Vereinigung unter der Stollensohle ein tonnlägiger Schacht. 1840 erhielt der Schacht eine Hochdruck-Wasserhaltungs- und Fördermaschine von Nering-Bögel & Dinnendahl. Die Maschine war in der Grube auf der Stollensohle aufgestellt. Die Förderung erfolgte über den tonnlägigen Schacht bis zur Stollensohle und von dort durch den Stollen zur Prinz-Wilhelm-Bahn und zur Niederlage an der Ruhr. 1850 wurde Übertage eine 160 PS starke, direkt wirkende Wasserhaltungsmaschine aufgestellt. Die Bedeutung des direkten Förderweges zur Bahn hatte sich durch die Verlängerung der Prinz-Wilhelm-Bahn 1846/47 bis Steele, besonders aber durch Aufnahme des Verkehrs mit Dampflokomotiven noch erheblich gesteigert. Wohl in diesem Zusammenhang ist 1850 die Anlage einer gemeinschaftlichen Kohlenbahn im Himmelsfürster Erbstollen zu sehen. In Aussicht auf höhere Förderung wurde dieser Schienenweg durch die beteiligten Zechen Alte Sackberg & Geitling, Altesackberg, ver. Mülheimerglück, ver. Preußische Adler angelegt. Die aus Eisenschienen gebaute Grubenbahn sollte die abgenutzte Holzbahn ersetzen. Sie war im Juni 1850 mit 791 3/4 Ltr. (= 1654,7 m) vollendet. Zum Schieben der englischen 10-Scheffel-Wagen (= 650 kg) hatte man 16 und 17 Jahre alte Knaben eingestellt. Schon 1856 war der Schienenweg auf 2,75 km angewachsen. Seit 1856 wurde über den Himmelsfürster Erbstollen auch Erz gefördert.

Wohl mit Erneuerung der Grubenbahn entstand um 1850 das erhaltene Zechenhaus mit separaten Stollenmundlöchern für Vereinigung und Himmelsfürster Erbstollen. Das Stollenmundloch von Himmelsfürster Erbstollen lag direkt neben dem Bahnhofsgebäude der Prinz-Wilhelm-Bahn. Zechenhaus und Bahnhofsgebäude (nicht erhalten) bildeten eine eindrucksvolle Bautengruppe an der Langenberger Straße.

Seit 1855 war Himmelsfürster Erbstollen beteiligt an der Zeche Altendorfer Tiefbau, die durch Konsolidation von elf Stollenzechen entstanden war. Die neue Zeche sollte den Abbau der Kohlen unter der Himmelsfürster Erbstollensohle sichern. Der Himmelsfürster Erbstollen diente zumindest zeitweise zur Lösung der Grubenwasser der Zeche Altendorfer Tiefbau.

Nachdem die Zeche Vereinigung bereits 1877 stillgelegt worden war, stellte Himmelsfürster Erbstollen 1888 die Förderung ein. Vereinigung wurde zunächst verpachtet an Zeche Prinz Wilhelm und 1937 von Zeche Theodor übernommen (seit 1968 Zeche Heinrich). Himmelsfürster Erbstollen geriet 1907 durch Zwangsversteigerung an die Gewerkschaft Catharina in Altendorf, kam 1925 zu Zeche Adler und damit 1929 zu Zeche Heinrich. Das Zechenhaus von Vereinigung/-Himmelsfürster Erbstollen gehörte spätestens 1910 dem Schreiner Alexander Westhoff und überlebte als Werkstatt und Wohnhaus.


Zechenhaus

Das Bruchsteingebäude von 1854 repräsentiert das Zeitalter der Stollenzechen. Im Untergeschoss des Hauses befand sich der heute nicht mehr sichtbare Ausgang des Stollens. Der Himmelsfürster Erbstollen war Ausgangspunkt der Prinz-Wilhelm-Bahn.

Ein- bis zweigeschossiger Bruchsteinbau von 1854 mit Satteldach in Hanglage. Überwiegend rundbogige Tür- und Fensteröffnungen mit Rundbögen und Laibungen aus Ziegelmauerwerk. Die Rundbögen werden begleitet durch halbsteinstarke Ziegelsteinbänder. Fassadengliederung durch kräftige Traufgesimse und schwächere Stockwerksgesimse.

An der eingeschossigen Traufseite am Hang wird das Obergeschoß über zwei einläufige Freitreppen erschlossen. Vermutlich wurden Obergeschoß und Dach schon immer zu Wohnzwecken genutzt.

Der dem hangseitigen Giebel vorgelagerte Schornstein auf polygonalem Grundriss verweist auf die Zechenschmiede, die sich an dieser Gebäudeseite wohl im Erdgeschoß befand.

Die zweigeschossige Trauffassade zur Talseite ist als Hauptfassade ausgebildet. Die drei mittleren der elf Fensterachsen sind, knapp vorspringend, risalitartig ausgebildet und werden von einem Dreiecksgiebel überfangen. Der Giebel wird begleitet von zwei achtseitigen Fialen und bekrönt von einem türmchenartigen Aufsatz mit Nische.

Verdeckt durch einen Anbau befand sich im Erdgeschoß des Risalits eine heute zugesetzte große torartige Öffnung mit einer Breite von ca. 1,9 m. Die Öffnung ist an den Kämperpunkten formenreich mit Ziegelsteinen verziert. Es handelt sich um das Mundloch des quer durch das Erdgeschoß des Hauses reichenden Stollen der Zeche Vereinigung. Eine Seitenwand des Stollens, die leicht schräg zu den Traufwänden des Hauses liegt, ist erhalten. Zwei gemauerte Ziegelsteinbögen, die an der gegenüberliegenden Traufseite knapp über dem Straßenniveau liegen, zeigen dort die Lage des Stollens an. Der obere Bogen und eine gemauerte Einhausung für eine dahinter gelegene Treppe wurden später zur Erschließung des Kellers zu Luftschutzzwecken angelegt.

Das Gebäude ist vollständig unterkellert mit gemauerten Kappen auf Doppel-T-Trägern, die auf von Traufwand zu Traufwand reichenden Querwänden auflagern. Die Querwände werden jeweils mittig durchbrochen von großen Öffnungen (Breite = ca. 4,0 m) mit Korb- und Segmentbogen. Die Öffnungen standen funktional in Verbindung mit dem Himmels¬fürster Erbstollen, der mit seinem Stollenmundloch hangseitig in den Keller des Zechenhauses mündete. Die Förderwagen wurden durch den Keller hindurchgescho¬ben, verließen den Keller durch eine talseitige Öffnung und gelangten über einen anschließenden kurzen Stollen unter der Langenberger Straße zum Stollenmundloch, das sich neben dem Stationsgebäude der Prinz-Wilhelm-Eisenbahn befand. Dieses Stollenmundloch ist nach Abbruch des Stationsgebäudes und Verbreiterung der Straße verschüttet.

Quer zum Zechenhaus befindet sich an der Hangseite ein Nebengebäude mit Pultdach aus Bruchsteinmauerwerk. Der stark ruinöse Bau begrenzt den Zechenplatz nach Westen. Das formenreich im Rundbogenstil gestaltete Zechenhaus an der Langenberger Straße resultierte also aus der historisch gewachsenen engen Nachbarschaft zweier Stollenzechen, die ursprünglich einen gemeinsamen Stollenausgang hatten. Die räumliche Differenzierung der beiden Stollen, die sich dann im Bereich des Zechenhauses auf zwei Ebenen kreuzten, sorgten für eine bauliche Ausbildung im Kopfbereich der Stollen, die für den Steinkohlenbergbau im Ruhrgebiet einzigartig sein dürfte.


Literatur

• L. Achepohl, Das niederrheinisch-westfälische Bergwerks-Industrie-Gebiet. 1. Aufl. 1888, 2. Aufl. Berlin 1894
• Behrens, Hedwig: Franz Dinnendahl 1775-1826, Köln 1970
• Buschmann, Walter: Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenbergbau, Berlin 1998
• Friedrich Carl Devens, Statistik des Kreises Essen für die Jahre 1859-1861, Essen 1863
• Führer durch die rheinisch-westfälische Bergwerks-Industrie. Mit zahlreichen Situationsplänen, Profilen, graphischen Darstellungen und einer Übersichtskarte. W. Forschpieper (Hg.), Oberhausen 1880
• Gerhard Gebhardt, Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen, Essen 1957
• Wüstenfeld, Gustav Adolf: Frühe Stätten des Ruhrbergbaus, Witten 1975.
• Kurt Pfläging, Die Wiege des Ruhrkohlen-Bergbaus. Die Geschichte der Zechen im südlichen Ruhrgebiet, Essen 1987
• Carl Koschwitz, Die Hochbauten auf den Steinkohlenzechen des Ruhrgebietes (= Beiträge zur Landeskunde des Ruhrgebietes Heft 4), Essen 1930
• Wilhelm und Gertrude Hermann, Die alten Zechen an der Ruhr, Königstein/Taunus 3. Aufl. 1981
• Joachim Huske, Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier, Bochum 1987