Kokerei Zollverein | Gesamtanlage
Essen, Kokereiallee


Walter Buschmann
Kokerei Zollverein


Die Kokerei Zollverein entstand im Wesentlichen in zwei Bauphasen 1958-61 und 1972/73. Wie der räumlich und funktional eng zugeordnete Schacht 12 war auch die Kokerei eine technische Spitzenleistung mit anfangs einer Tagesleistung von 5000t Koks, die nach der Erweiterung von 1972/73 auf 8300-8500t erhöht wurde. Die Architektur stammt aus der Feder von Fritz Schupp. Dominantes Bauteil der Kokerei ist die Flucht der 10 Koksofenbatterien. Imposant sind auch die Anlagen der „Weißen Seite“. Hier wurden, wie in einer Chemiefabrik, die Kohlenwertstoffe aus dem Koksofengas herausgelöst und verarbeitet.

Überlegungen zur Ergänzung der Großschachtanlage Zollverein 12 durch eine Großkokerei gab es schon Ende der 1920er Jahre. Fritz Schupp hatte in den 1940er Jahren eine Lageplanstudie zur Anordnung dieser Kokerei und ihrer räumlich-funktionalen Anbindung an die Zeche entwickelt. Nach diesem Projekt wäre die Kokerei auf dem Gelände der Bergehalde entstanden mit einem Kohlenturm in der Achse des Fördergerüstes. In Verlängerung dieser Achse sah diese Planung auch noch den Bau eines Kraftwerks vor.

1957 wurden die Planungen auf Grund des hohen Koksbedarfs und dem Drängen der Hüttenwerke zur Sicherstellung der Kokslieferungen wieder aufgenommen. Fritz Schupp wurde mit der Planung beauftragt. Er lieferte sowohl das Gesamtkonzept, wie auch alle Pläne zur Gestaltung der Bauten und Anlagen.

Wie schon die Schachtanlage Zollverein 12, sollte auch die Kokerei eine gewaltige Produktionsleistung erbringen. In acht Batterien war zunächst eine Tagesleistung von 5000 Tonnen Koks vorgesehen, die später mit zwei zusätzlichen Batterien, die 1972/73 installiert wurden, auf 8300-8500 Tonnen erhöht werden konnte. Um diese Leistung erbringen zu können, knüpfte man technologisch an eine Entwicklung an, die in den 1920er Jahren mit dem Bau von Großraumöfen begann und die bis heute noch nicht abgeschlossen ist. Entsprechend den Koksöfen wurde auch die Nebenproduktanlage auf eine hohe Verarbeitungskapazität ausgelegt.

Unter Beibehaltung der großen Bergehalde, die sich nun zwischen Zeche und Kokerei erhob, wurde als Standort der Kokerei ein großes Gelände jenseits der Halde neben der Köln-Mindener Eisenbahn gewählt. Die Kokerei erstreckt sich mit ihren Batterien und der Haupterschließung parallel zur Eisenbahntrasse; damit ergibt sich ein optimaler Eisenbahnanschluss zum Bezug von Fremdkohle und zum Abtransport des produzierten Koks. Die auf Zollverein 12 geförderte Kohle wurde mit einer langen Transportbrücke über die Bergehalde hinweg zur Kokerei transportiert.


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Lageplan der Kokerei
Die Bauten und Anlagen der Nebenproduktenanlage sind entlang eines rasterförmigen Erschließungsnetzes angeordnet, dessen Basis die lange Reihe der Koksofenbatterien bildet. Zwei der drei Querstraßen sind axial auf die beiden Kohlentürme orientiert. Das großzügig dimensionierte Netz der Erschließungsstraßen berücksichtigt weit vorausschauend Veränderungs- und Erweiterungsmöglichkeiten.

Analog zur namensgebenden Zeche bedeutete auch die Kokerei Zollverein den Vorstoß in neue Dimensionen: Sie galt zur Zeit ihrer Fertigstellung als modernste Kokerei in Europa. Als denkmalwert der im Juni 1993 stillgelegten Anlage werden die Bauten und Anlagen aus der Gründungszeit der Kokerei 1957 bis 1961 eingestuft.



Gekürzter und für das Internet bearbeiteter Text. Gedruckt mit allen Anmerkungen und Quellenangaben in: Walter Buschmann: Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenrevier. Aachener Revier und westliches Ruhrgebiet. Gebr. Mann Verlag Berlin 1998


Literatur

• Buschmann, Walter: Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenbergbau, Berlin 1998
• Buschmann, Walter: Zeche Zollverein (= Rheinische Kunststätten, Heft 319), 2. vollständig überarbeitete Auflage, Köln 2010
• Busch, Wilhelm: Fritz Schupp, Martin Kremmer. Bergbauarchitektur (= Arbeitsheft 13 Landeskonservator Rheinland), Köln 1980
• Busch, Wilhelm/ Scheer, Thorsten: Symmetrie und Symbol. Die Industriearchitektur von Fritz Schupp und Martin Kremmer, Köln 2000
• Walter Buschmann (Hg), Koks, Gas, Kohlechemie. Geschichte und gegenständliche Überlieferung der Kohleveredelung, Essen 1993
• Farrenkopf, Michael(Hg.): Koks. Die Geschichte eines Wertstoffes, 2 Bd. Bochum 2003
• Gelsenkirchener Bergwerks Aktien-Gesellschaft: Kokerei Zollverein, in: Glückauf 97, 1961, S. 1223-1324
• Gobiet, V.: Die Kokerei Zollverein, Essen o.J. (um 1972)(unveröff. Manuskr., Bibliothek Ruhtgebiet)
• Großmann, Joachim: Wanderungen durch Zollverein. Das Bergwerk und seine industrielle Landschaft, Essen 1999
• Industriebauten der Architekten Schupp & Kremmer Berlin-Essen, in: Baukunst 4, 1980, S. 99-116
• Koellmann, H.P: Fritz Schupp 1896-1974, in: Bauwelt 65, 1974, S. 1173
• Mainer, Udo (Hg.): Zeche und Kokerei Zollverein. Das Weltkulturerbe, Worms 2006
• Osses, Dietmar/ Strunk, Joachim: Kohle Koks Kultur – die Kokereien der Zeche Zollverein(Hg. Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, Dortumnd 2002
• Rees, Franz Michael: Geschichte der Kokereitechnik, Essen 1957
• Rolf Tiggemann: Von der größten Zeche der Welt zum Weltkulturerbe, Essen 2008
• Schupp, Fritz, in: Zentralblatt für Industriebau 20, 1974, S. 321.- 21
• Stiftung Zollverein(Hg.): Welterbe Zollverein. Geschichte und Gegenwart der Zeche und Kokerei Zollverein, Essen 2008