Zollverein-Siedlung | Ottekampshof
Essen, Nienhauser Busch | Drokamp
Walter Buschmann
Zollverein-Siedlung | Ottekampshof


1867 kaufte das Bergwerk Zollverein den Ottekampshof mit 52 Morgen Land für 15.800 Taler. Die älteren Häuser der Siedlung Ottekampshof entstanden ab 1873 südlich der Schachtanlage Zollverein 4/5/11 am Joseph-Oertgen-Weg, an der Katernberger Straße und den davon rechtwinklig nach Süden abzweigenden Straßen Nienhauser Busch. Im zweiten Bauabschnitt wurde 1898-1900 die Straße Drokamp bebaut. 1896 entstand an der Ecke Katernberger Str./Joseph-Oertgen-Weg eine der insgesamt acht Konsumanstalten der Zeche Zollverein. Zu dem zweiten Bauabschnitt gehörten auch zwei Beamtenwohnhäuser an der Katernberger Straße. Diese ungewöhnlich großen Häuser flankieren bis heute zugleich den Zugang zur Straße Nienhauser Busch und begrenzen den Raum der Katernberger Straße zur gegenüberliegenden Schachtanlage 4/5/11. 1937/38 wurden einige Siedlungshäuser am Imbuschweg errichtet. Nachdem der größere Teil der Siedlung nach dem Zweiten Weltkrieg im südlichen Bereich und entlang des Joseph-Oertgen-Weges abgebrochen und durch Neubauten ersetzt wurde, sind von der ursprünglichen Siedlung noch 37 Häuser an zwei Parallelstraßen(Nienhauser Busch und Drokamp) sowie die beiden Beamtenwohnhäuser an der Katernberger Straße erhalten. Diese ebenfalls 1978 zum Abbruch vorgesehenen Häuser konnten nach erheblichen Protesten der Bewohner erhalten werden und wurden anschließend saniert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden eine neue Siedlungseinheiten auch zwischen die Hauszeilen der älteren Siedlung am Husemannweg eingefügt.

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Lageplan
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Die Viererhäuser am Drokamp
An der beidseitig 1873/74 mit Wohnhäusern bebauten Straße Nienhauser Busch ist nur ein Gebäudetyp vertreten. Es handelt sich um 1 1/2-geschossige Backsteinwohnhäuser mit vier Wohnungen(Vierhäuser mit Kreuzgrundriss). Das Kellergeschoss wird angezeigt durch hohe, abgesetzte Sockel mit Kellerfenstern. Die Fassaden werden gegliedert durch umlaufende Geschoßgesimse mit Rechteckquerschnitt und in die Giebel hinein verkröpfte und gestufte Traufgesimse. Die Hauseingänge befinden sich an den Traufseiten in Seitenlage. Alle Öffnungen sind stichbogig ausgeführt. Das Dachgeschoss wird durch Zwillingsfenster im Drempel der Trauffassaden belichtet. An die Hauptkörper der Siedlungshäuser sind aus der Flucht leicht zurückspringende und in der Höhe niedrigere Anbauten für Ställe und Aborte angefügt. Diese Bauweise wurde bei späteren Bauabschnitten für die Zollverein-Siedlungen wegen der Geruchsbelastung für die Wohnräume aufgegeben. Die etwa 60 m2 großen Wohnungen dieses Haustyps bestehen aus drei Zimmern: je ein knapp 20 m2 großes Zimmer im Erd- und Obergeschoß und ein kleineren Zimmer im Obergeschoß des Stallanbaus. Die Häuser wurden alle nach der durch die Bewohnerproteste durchgesetzten Erhaltung rotbraun gestrichen und mit neuen Isolierglasfenstern versehen. Die ursprünglich auch hier vorhandenen großen Hausgärten sind durch die Neubauten der Nachkriegszeit deutlich reduziert. Erfreulich ist aber, dass dieser sonst nur noch in stark veränderter Form erhaltene Haustyp mit seitlich angebautem Stall- und Abortflügeln hier anschaulich erhalten geblieben ist.

Der vergleichsweise breite Straßenraum der Straße Nienhauser Busch war durch ursprünglich einfache Rasenflächen vor den Häusern genutzt. Diese Rasenflächen wurden in jüngerer Zeit zunehmend eingezäunt und als Klein-Vorgärten genutzt. Einseitig ist der westlichen Hauszeile eine direkt an der Straße angeordnete Baumreihe vorgelagert. Der Fußweg ist hier zugunsten eines Parkstreifens verschmälert.

Der im zweiten Bauabschnitt seit 1898 bebaute Drokamp ist eine ebenfalls beidseitig mit Vierhäusern bebaute, einseitig baumbestandene Straße mit 1 1/2-geschossigen Backsteinbauten. Den Häusern vorgelagert sind kleine, meist mit Hecken abgegrenzte Vorgärten. Die Hauseingänge liegen an den Giebelseiten und etwa in Hausmitte an den Hausrückseiten zu den ehemaligen Gärten. Kleine, satteldachförmig gedeckte Vorbauten mit vorgelagerten mehrstufigen Treppen ermöglichen den Zugang zu den Wohnungen. Die Vorbauten wurden nach dem Krieg durch Toilettenanbauten vergrößert. Von den vier stichbogigen Fensterachsen der Traufseite sind die beiden mittleren risalitartig vorgezogen. Darüber liegt ein großes Zwerchhaus zur Belichtung der Dachgeschosse. In dem hoch ausgebildeten Sockel befinden sich stichbogige Kellerfenster.

Am Drokamp wurde ebenso wie für die Colonie III an der Eisenstraße(1883) reihenhausartige Grundrisse mit hintereinander liegenden Räumen und gereihten Wohnungseinheiten errichtet. Die etwa 60 m2 großen Wohnungen haben insgesamt vier Räume: zwei im Erd- und zwei im Obergeschoss. Vom Hauseingang betritt man hinter dem in den satteldachgedeckten Anbauten untergebrachten Windfang direkt die Wohnküche mit Treppe zum Obergeschoss.

Die rückwärtig parallel zum Haupthaus erbauten Stall- und Abortgebäude sind nicht erhalten. Die ursprünglichen, großen Hausgärten wurden stark reduziert und zugunsten einer allgemein zugänglichen Grünanlage bzw. für die 1951/52 eingefügte Wohnanlage Husemannstraße weitgehend aufgegeben.

Zum Siedlungsgefüge gehören die großen, zweigeschossigen Beamtenhäuser an der Katernberger Straße und eine Konsumanstalt.

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Die Beamtenhäuser in der Katernberger Straße
Die beiden Beamtenhäuser stehen unmittelbar in der Flucht der Katernberger Straße. Es sind große, 2 1/2-geschossige Backsteinhäuser mit flachen Satteldächern. In den 6-achsigen Straßenfassaden werden die beiden Seitenachsen durch übergiebelte Risalite betont. Die Hauseingänge befinden sich an den Geibelseiten in satteldachgedeckten Vorbauten. Die Fassaden mit segmentbogigen Fenstern sind gegliedert durch Wandvorlagen mit Treppenfriesen in den Giebeldreiecken und Stockwerksgesimse. Die Architekturgliederungen setzen sich schwach durch Verwendung blaß-gelblicher Ziegel gegenüber dem sonst roten Backsteinmauerwerk der Wandflächen ab. Das Dachgeschoß unter dem weit überkragendem Dach wird belichtet durch kleine segmentbogige Fenster in den Trauffassaden und Rundbogenfenster in den Giebeln.

An der Ecke Katernberger Str./Joseph-Oertgen-Weg 90 ist eine der ehemals acht für die Zeche Zollverein erbauten Konsumanstalten erhalten. Es ist ein dreigeschossiges Gebäude von 1896 mit ursprünglich einer Gastwirtschaft, einem Verkaufsraum und einem „Beamtenzimmer“ im Erdgeschoß.

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Die Häuser im Husemannweg
Das Bild der Siedlung Ottekampshof wird heute auch durch die 1950/51 zwischen die Siedlungshäuser am Nienhauser Busch und Drokamp eingefügte Siedlungseinheit an der Husemannweg geprägt. Die zweigeschossigen Putzbauten wurden als dreiachsige Doppelhäuser mit flachen Satteldächern straßenbegleitend und in Zeilenbauweise entlang der Straße errichtet. Am Weckenkamp ist die Wegeführung versetzt, wobei der Straßenraum hier platzartig aufgeweitet und durch vier zusammenhängende Hauseinheiten betont ist. Die Häuser am Husemannweg sind stark durch Fassadenverkleidungen jeglicher Art verändert.


Literatur

• Dietmar Bleidick: Leben mit Zollverein. Bergbau und Stadtentwicklung im Essener Norden, in: Stiftung Zollverein(Hg.): Welterbe Zollverein. Geschichte und Gegenwart der Zeche und Kokerei Zollverein, Essen 2008
• Christoph Machat: Die industrielle Stadtlandschaft Zollverein, in: Udo Mainzer(Hg.): Zeche und Kokerei Zollverein. Das Weltkulturerbe (=Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 70), Worms 2006
• Meyer, Carl: Geschichte der Bürgermeisterei Stoppenberg, Essen 1914
• Kastorff-Viehmann, Renate: Wohnung, Wohnhaus und Siedlung für Arbeiter-Bevölkerung im Ruhrgebiet in der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des 1. Weltkrieges, Diss. Aachen 1980
• Großmann, Joachim: Wanderungen durch Zollverein. Das Bergwerk und seine industrielle Landschaft, Essen 1999
• Stemmrich, Daniel: Vom Kotten zum Mehrfamilienhaus, in: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen, Heft 96, 1981
• Hundt, Robert: Arbeiterwohnungen auf den Zechen des Ruhrreviers, Essen 1901
• Bollerey, Franziska/ Hartmann, Kristiana: Siedlungen aus dem Reg. Bez. Düsseldorf, o. O., o. J. (Essen 1980)
• Ruhrlandmuseum(Hg.): Vom Hausen zum Wohnen. Wohnungsbau für Arbeiter zur Zeit der Industrialisierung: Essen ein Beispiel, Essen 1988
• Buschmann, Walter: Arbeitersiedlungen. Historische Bedeutung und denkmalpflegerisches Erhaltungsinteresse, in: Rheinische Denkmalpflege 32, 1995, S. 263 – 271
• Biecker, Johannes/ Buschmann, Walter(Hg.): Arbeitersiedlungen im 19. Jahrhundert - Historische Entwicklung und Bedeutung, Bochum 1985