Felten & Guilleaume | Carlswerk-Hauptverwaltung
Köln, Schanzenstraße


Dem Bau der Hauptverwaltung ging die Verlegung der Schanzenstraße in diesem Bereich voraus. Ein schon 1908 publiziertes Schaubild zeigt an der wenig später für den Neubau genutzten Stelle ein Verwaltungsgebäude in Formen des Historismus mit kleiner Parkanlage. Auch 1910 war ein nun allerdings vergrößertes Projekt als Dreiflügelbau in Formen der Deutschen Renaissance dargestellt. Die Planänderung zugunsten der realisierten Pfeilerarchitektur erfolgte wohl in Zusammenhang mit dem Ankauf der Euler’schen Maschinenfabrik südlich des Direktionsgebäudes. Eingeschaltet hat sich in den Planungsprozeß die damals noch selbständige Stadt Mülheim|Rhein (eingemeindet nach Köln 1914) mit ihrem Stadtbauamt. Die Stadt Mülheim wünschte sich eine reichere architektonische Ausgestaltung der Fassade und wirkte vermutlich auf eine städtebauliche Gestaltung der gesamten westlichen Werksansicht zur Schanzenstraße hin. Hauptverwaltung und die auf dem Gelände der Euler’schen Maschinenfabrik neu entstehende Kabelfabrik 1 wurden daraufhin in einer sehr ähnlichen Formensprache entworfen und realisiert. Wer als Architekt der Hauptverwaltung gelten kann ist ungewiss. Beteiligt war auf jeden Fall der Werksarchitekt Heinrich Fürth, der 1910 im Vorstand drei Alternativpläne vorlegt. Möglicherweise wurden zur Fassadengestaltung aber noch andere Architekten hinzugezogen. In den Vorstandsprotokollen taucht der Name Baurat Jansen auf. Denkbar wäre auch eine Beauftragung des Kölner Architekten Eduard Endler, der für das Tor 3 als Architekt nachgewiesen werden kann.

Hauptverwaltung mit Tor III
Portal
Das Verwaltungsgebäude ist eine im Grundriss kammartig aufgebaute Anlage mit einem straßenbegleitenden, ursprünglich 4-geschossigen Hauptbau an der Schanzenstraße und drei rückwärtig in das Werksgelände hineinragenden Flügelbauten.

Die Straßenseite der Hauptverwaltung gliedert sich in einem 7-achsigen Mittelteil mit axial gelegenem Haupteingang und zwei 5-achsigen, etwa 1,0 m vor die Hauptflucht vorspringenden Seitenrisaliten. Der Haupteingang ist betont durch ein kubischen ausgebildetes Portal aus Naturstein mit Freitreppe und doppelflügliger Holztür. Über der Eingangstür befindet sich in erhabenen Buchstaben die Inschrift: „Felten & Guilleaume Carlswerk Actien-Gesellschaft“. Die Inschrift wird in den pilasterartig geformten Seitenfeldern flankiert von oval geformten Medaillons mit Blattwerk.

Die Straßenfassade erhebt sich über einem dunkel in Basaltlava abgesetzten Sockel und wird dominiert durch pilasterartige Wandpfeiler, die in Monumentalordnung vom Sockel über drei Geschosse hinweg bis zur Traufe reichen. Die großen Rechteckfenster zwischen den Pfeilern sind eingebunden in verputzte Wandfelder, wobei die eingetieften Brüstungen durch zweifach vorspringende Putzflächen mit rechteckigem Blattmedaillon betont sind.

Das Gebäude war ursprünglich mit einem hohen, verschieferten Walmdach gedeckt und das vierte Geschoß durch ein verschieferten Fußwalm optisch noch dem Dachbereich zugeordnet. Das darüber sich aufbauende Walmdach ist wohl nach Kriegsschäden 1950|51 durch zwei Vollgeschosse ersetzt worden, während der Fußwalm zwischen dem dritten und vierten Obergeschoß erhalten ist. Das Gebäude ist vollständig unterkellert. Der Keller wird durch große Rechteckfenster im Sockel belichtet.

Haupttreppenhaus
Flur
Die rückwärtigen Flügel sind im System der Straßenfassade gestaltet. Der mittlere Flügel dient als Haupttreppenhaus mit massiver, zweiläufiger Treppe um ein großzügig bemessenes Treppenauge. Das bauzeitliche Stabgeländer aus Metall mit Holzhandlauf ist erhalten. Zwei weitere, zweiläufige Massivtreppen mit Holzstabgeländern sind in den Seitenflügeln untergebracht. Zusätzlich gibt es zur Erschließung der Obergeschosse einen Paternoster. Im Erd- und den beiden folgenden Obergeschossen sind die historischen Holztüren und zum Teil großflächige Holzsprossenglasfelder zwischen Büros und Flurgängen erhalten.

Architekturgeschichtliche Vorbilder sind in der Architektur der F & G-Hauptverwaltung noch spürbar, doch ist die verwendete Formensprache stärker der besonders in Berlin durch Peter Behrens (für die AEG) und später Hans Hertlein (für Siemens) entwickelte Pfeilerarchitektur zuzuordnen. Diese Architektur ist geprägt von einer Dominanz der Vertikalen und der weitgehenden Auflösung der dazwischen liegenden Wandfelder in großformatige Rechteckfenster. In der Innenkonstruktion werden Stützen aus gewalzten Stahlprofilen, die aus Brandschutzgründen mit Putzträgern und Putz verkleidet wurden. Diese Skelettkonstruktionen wirken zwar im Erscheinungsbild bereits wie Betonarchitekturen, sind aber noch traditionell den Eisen- und Stahlbauten verbunden. Diese Bauten sind ein Hinweis für die nur langsam sich durchsetzenden Betonkonstruktionen, denen wegen mangelnder Erfahrungen mit dieser Bauweise noch lange Misstrauen entgegengebracht wurde. In den Fassaden jedoch spiegeln die ab 1910 auf dem Carlswerksgelände entstandenen Bauten, wie auch ihre berühmteren Berliner Vorbilder wichtige Beiträge zur Entstehung der Moderne. (Walter Buschmann)



Tor III | LKW-Waage, Geb. 167|295, 1911|um 1955

Tor III, zwischen Hauptverwaltung und Direktion. Foto 2008
LKW-Waage, Wiegehäuschen
Mit dem Bau der Hauptverwaltung fiel 1911 der Beschluss für einen geschlossenen Verbindungsgang zwischen Direktion und Hauptverwaltung in Einheit mit einem neu gestalteten Werkstor III. Die Pläne lieferte der Kölner Architekt Eduard Endler. Ursprünglich war der Verbindungsgang kombiniert mit einem Pförtnerhaus in Holzfachwerk mit schiefergedecktem Zeltdach. Die eigentliche Toranlage bestand aus einer Mauer mit Pfeilern und Stabgittern im Mittelbereich und Werkstoren vor den Seitenöffnungen. Der geschlossene Verbindungsgang zwischen Direktion und Hauptverwaltung überbrückte das Tor III zwischen den beiden Gebäuden mit drei großen, flachen Bögen.

Nach dem Krieg wurden die Bögen ersetzt durch mit Ziegeln verblendete Pfeiler und Unterzüge. Der Verbindungsgang ist verputzt, wird über Rechteckfenster belichtet und ist mit einem schiefergedeckten Satteldach gedeckt. Die Bereiche zwischen den Fenstern sind eingetieft mit zweifach wieder vorspringenden Putzfeldern. Mittig sitzt auf dem Dach ein Türmchen mit geschweifter Haube und Uhr.

Die erhaltene Pförtnerloge ist eine in die Mittelöffnung des Verbindungsganges frei eingestellte Stahl-|Glaskonstruktion aus den frühen 1950er Jahren mit ziegelverblendetem Sockel und vorkragendem Dach. Die Gebäudeecken sind gerundet.

Zum Tor III gehört eine LKW-Waage mit zwei Wiegefeldern und Wiegehäuschen. Das Wiegehäuschen ist in gleicher Art wie das Pförtnerhäuschen im Stil der 1950er Jahre mit weit überkragendem Dach und gerundeten Gebäudeecken gestaltet. (Walter Buschmann)