Felten & Guilleaume | Carlswerk-Kabelwerk I
Köln, Schanzenstraße


Kabelwerk 1. Ansicht von der Schanzenstraße
Kabelwerk 1. Lageplan
Kabelwerk 1. Frontseite, dahinter liegen Hauptverwaltung und Direktion.
Hauptbau Obergeschoß nach Umbau für eine Büronutzung
Hauptbau Obergeschoß nach Umbau für eine Büronutzung
Bis zum Neubau der Kabelfabrik war die Kabelproduktion im Carlswerk in organisatorischer Hinsicht in zwei Produktionsbereiche aufgeteilt: Fabrik 1 für Schwachstrom- und Fabrik 2 für Starkstromkabel. Die Fabrik 1 war in vier räumlich voneinander getrennten Gebäuden untergebracht. Durch Ankauf der Euler’schen Maschinenfabrik 1911 war es möglich geworden an zentraler und prominenter Lage einen zusammenhängenden Produktionskomplex für die Kabelfabrik 1 zu schaffen. Das technologische Konzept entstand 1911 mit Unterstützung von Emil Rathenau und unter maßgeblichem Einfluss von Georg Zapf. Auch für die Kabelfabrik 1 lässt sich ein Architekt nicht mit Sicherheit bestimmen. Auch hier wird der Werksarchitekt Heinrich Fürth die Grundlagen erarbeitet haben. Die Zuziehung eines weiteren Architekten für die Fassadenausbildung ist möglich.

Zu dem mehrteiligen Komplex der Kabelfabrik 1 gehört der 1913–14 entstandene Geschoßbau an der Schanzenstraße. In das rückwärtige Fabrikgelände hineinreichend, wurde der Hauptbau an der Schanzenstraße an seinen beiden Endpunkten ergänzt durch mehrgeschossige Flügelbauten. Der Südflügel war erst 1924 fertig geworden. Zwischen Süd- und Nordflügel erstreckt sich eine große Produktionshalle (179a), die im Osten übergeht in eine Querhalle (179b). Die Querhalle wird im Osten begrenzt durch die älteren Gebäude 4 und 48 von 1894|95. Der nordöstliche Turmbau entstand erst 1925. Dem Südflügel wurde 1955 ein Neubau vorgelagert. Die Kabelfabrik 1 wurde 2004–05 umgebaut für Studios und Büros. Dabei wurde die Halle zwischen den rückwärtigen Flügeln (179a) vollständig erneuert.

Von geradezu monumentaler Wirkung ist der in der Flucht der Schanzenstraße 1913–14 errichtete Straßentrakt der neuen Kabelfabrik 1. Es ist ein Skelettbau, dessen großzügig durchfensterte Fassaden fast vollständig aufgelöst sind in dominante, über drei- und vier Geschosse hinwegreichende Backsteinpfeiler und große Rechteckfenster. Die verputzten Brüstungsfelder mit den leicht vorkragenden Sohlbänken spielen eine nur untergeordnete Rolle. Anders als bei der Hauptverwaltung ist der Sockel nicht in Naturstein abgesetzt, sondern wie die Pfeiler in Ziegelmauerwerk erstellt. Die Vertikalwirkung der Pfeiler wird noch unterstrichen durch dreifach, jeweils halbsteinstark zurückspringende Pfeilerkanten. Aufgefangen wird die Vertikalbewegung durch kräftige Traufgesimse, über denen sich ehemals ein hohes Mansarddach erhob. Dabei ist der 7-achsige Mittelteil schon nach 3 Geschossen vom Obergeschoß durch ein breites Gesimsband getrennt, so dass – wie bei der Hauptverwaltung eine Gebäudegliederung in Seitenrisalite und Mitteltrakt erfolgt. Auch bei der Kabelfabrik 1 sind die in diesem Fall dreiachsigen Seitenrisalite leicht vor die Hauptflucht der Fassade vorgezogen. Wie bei der Hauptverwaltung wurde auch bei der Kabelfabrik nach dem Krieg das geneigte Dach ersetzt durch zwei Vollgeschosse.

Kabelwerk 1. Erdgeschoss mit freigelegten Stützen
Die Konstruktion des Hauptbaus besteht aus zwei Reihen Stützen in Stahlkonstruktion. Die Stützen waren aus Gründen des Brandschutzes ursprünglich alle mit Putz ummantelt. Im Zuge des Umbaus 2004–05 wurden einige Stützen im Erdgeschoß des Hauptbaus freigelegt. Die Fenster an der Schanzenstraße wurden vollständig erneuert und ein neuer Haupteingang geschaffen. In der Achse des Mitteleingangs befindet sich an der Rückseite des Gebäudes ein neues Treppenhaus. Alle Fußböden wurden zur Aufnahme der Gebäudetechnik aufgehöht.

Kabelwerk 1. Gebäude 450 und 179b
Die rückwärtig an den Hauptbau bis 1924 angefügten, 3-geschossigen Nord- und Südflügel sind in der gleichen Pfeilerarchitektur wie der Hauptbau, aber wesentlich zurückhaltender ausgebildet. Beide Flügel werden durch spätere Anbauten weitgehend verdeckt. Während dem Nordflügel eine nicht denkmalwerte Halle (Gebäude 435) vorgelagert ist, ist vom Südflügel durch den Anbau von 1955 (Gebäude 450) nur noch ein zweiachsiger Gebäudeteil sichtbar. Generell sind an den sichtbar gebliebenen Fassaden dieser beiden Flügel die Brüstungsfelder nicht verputzt und die Traufgesimse wesentlich zurückhaltender ausgebildet. Beide Flügel sind mit Flachdächern gedeckt. Wie der Straßentrakt besteht auch die Innenkonstruktion der Flügelbauten im Inneren aus verputzten Stützenreihen und Kappendecken. Zur besseren Belichtung wurde unter Entfernung von Deckenfeldern im Südflügel ein Innenhof geschaffen.

Ehem. Kabelwerk I. Studio 1 im rückwärtigen Hallenbereich
Ehem. Kabelwerk I. Studio 2 (TV-Total) im rückwärtigen Hallenbereich
Gebäude 4 und 48
Hauptbau-Obergeschoß an der Schanzenstrasse mit Kabelmaschinen
Hauptbau-Erdgeschoss an der Schanzenstraße
Von den zum Komplex der Kabelfabrik gehörenden beiden Hallen ist nur die Querhalle (Gebäude 179b) mit historischer Substanz überliefert. Im Süden tritt die Halle zum Werksgelände mit einer Stahlfachwerkfassade in Erscheinung. Die ursprünglichen großen Tor-|Fensteröffnungen in unteren Bereich sind nachträglich zugesetzt worden, während das schmale, horizontale Fensterband gegenüber dem Urzustand verbreitert wurde. Nach Norden wurde die Halle in die Pfeilerarchitektur des benachbarten Südflügels einbezogen. Die großen Rechteckfenster im oberen Fassadenbereich sind erhalten, während der untere Teil in belanglosen Formen später erneuert wurde. Die Hallenkonstruktion besteht aus Stützen und Dachbindern in genieteter Stahlkonstruktion. Die Dachbinder sind parallelgurtige Träger mit einer satteldachförmigen Aufhöhung im Mittelbereich. Die Halle wurde im Zuge der Umbaumaßnahmen durch Einzug einer Mittelwand in zwei separate Studios unterteilt.

Das in der südlichen Fassadenabwicklung der Kabelfabrik heute dominante Gebäude 450 aus der zweiten Hälfte der 1950er Jahre ist mit seiner Betonpfeilerarchitektur und den zurückspringenden Putzfeldern stark vergleichbar mit dem Neubau für das Kupferwerk (Gebäude 403) von 1955–56.

Eher untergeordnet erscheinen im Gesamtkomplex der Kabelfabrik 1 die ganz im Osten integrierten älteren Gebäude 4 und 48. Das Gebäude 4 ist ein 3-geschossiger Backsteinbau von 1895 nach dem von Jean Wüst entwickelten Fassadensystem. Das Gebäude 48 war ursprünglich (1894) nur eingeschossig und wurde später um ein weiteres Geschoss aufgestockt. Der Ostflügel endet im Norden mit einer markanten, turmartigen Architektur, die noch 1925 dem Gebäudekomplex zugefügt wurde.

Abweichend vom äußeren Erscheinungsbild eines differenziert in unterschiedliche Gebäudetypen aufgeteilten Gebäudekomplexes gab es im Inneren der Kabelfabrik 1 auf Erdgeschoßniveau einen einheitlichen und weitgehend durchgehenden Produktionsraum, der sich unter Einbeziehung der Erdgeschoßzone des Straßentraktes bis zur Fassade an der Schanzenstraße erstreckte. Aufgestellt waren hier hauptsächlich Verseil- und Wickelmaschinen für Papier- und Metallbänder (179a) sowie Bewährungs-|Armierungsmaschinen(179b). Alle Antriebe in der Kabelfabrik 1 erfolgten mit einzelnen Elektromotoren, so dass Transmissionseinrichtungen nicht erforderlich waren. Wichtig für die Produktion waren die in den Gebäuden 4 und 48 angeordneten Prüfräume. Im Hauptbau an der Schanzenstraße standen in den Obergeschossen weitere Verseil- und Wickelmaschinen. Mit dem Umbau von 2004|05 wurde die Durchgängigkeit des Erdgeschosses durch neue Zwischenwände unterbrochen. Zwischen den Straßentrakt und der anschließenden Halle wurde ein Lichthof eingefügt. (Walter Buschmann)