Haus Neuerburg
Köln, Gülichplatz (Obermarspforten | Quartermarkt) (Altstadt)

Bauzeit: 1923|29
Architekt: Emil Felix

Betriebsstätten Haus Neuerburg um 1930
Tabakmischanlage in Hamburg-Wandsbeck im Erweiterungsbau von 1926-27 mit expressionistisch geformten Kapitellen für die Pilzstützen nach Entwurf von Fritz Höger.
Zigarettenfabrik Hamburg-Wandsbeck. 1924-25 entstand die erste Fabrikanlage von den Architekten Klophaus und Schorch. Fritz Höger baute die Erweiterungsflügel 1926-27.
Anstelle mehrerer am Ende des Ersten Weltkrieges durch einen frühen Luftangriff zerstörter Häuser entstand der Baukomplex für den Stammsitz der Zigarettenfabrik Haus Neuerburg.

Die Firma geht zurück auf eine kleine Fabrik, die Johann Neuerburg 1866 in Wittlich/Eifel gegründet hatte, um den Tabak der örtlichen Händler zu verarbeiten. Neuerburg (1805-1890), ein gelernter Rotgerber, bauten seit etwa 1850 Tabak in Wittlich an. Verkauft wurde der Tabak in das etwa 40km entfernte Trier. Hier war die Verarbeitung von Tabak neben der Lederherstellung die zweite dominate Branche.

Mehrere Fabriken gründeten Söhne und Nachkommen von Johann Neuerburg in Trier. Schon 1865 hatte der erst 26jährige Sohn Heinrich Neuerburg eine Zigarettenfabrik errichtet. Die Brüder August und Hubert Neuerburg betrieben seit 1908 eine Zigarettenfabrik in der Trierer Walramsneustraße, in der Nähe der Porta Nigra, jetzt unter dem Namen Haus Neuerburg. Das Jahr 1908 gilt als Gründugsdatum des Unternehmens. Mit dem boomenden Zigarettenkonsum nach dem Ersten Weltkrieg expandierte das Familienunternehmen und zählte Ende der Zwanziger Jahre sogar zu den größten deutschen Industriekonzernen mit Produktionsstätten in München, Stuttgart, Dresden und Hamburg.

Schon während des Ersten Weltkriegs verlegte die Firma 1917 ihren Geschäftssitz von Trier nach Köln und dokumentierte den Umzug durch die Einführung der heute wieder erhältlichen Marke „Overstolz“, deren Name an eine bedeutende Patrizierfamilie im mittelalterlichen Köln erinnert. Die Stadt entwickelte sich dadurch – hinter den Zentren Dresden, Berlin und Hamburg – zu einem wichtigen Standort der Zigarettenindustrie.

1935 wurde Haus Neuerburg von seinem größten Rivalen, der Firma Reemtsma aus Hamburg, übernommen, seine Marken bestanden aber weiter. Bei der Entflechtung der Tabakindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg gewann das Unternehmen seine Selbständigkeit zurück, konnte gegen die nun massiv auf den deutschen Markt drängende amerikanische Konkurrenz aber nicht bestehen und wurde Anfang der sechziger Jahre vom Reynolds Tobacco-Konzern aufgekauft.

1923 und 1929 in zwei Bauabschnitten errichtete Firmenzentrale von Haus Neuerburg in Köln. Ansicht zum Gülichplatz. Foto 2008
Rückseite mit Treppenturm. Foto Achim Bednorz
Das in Sichtbackstein mit Werksteingliederung und reicher Bauskulptur (Wolfgang Wallner) in zwei Bauabschnitten zwischen 1923 und 1929 ausgeführte Gebäude nach Entwürfen des Schweizer Architekten Emil Felix greift traditionelle Formen Kölner Patrizierhäuser mit barockisierendem Giebel auf. Ebenfalls übernommen wurde die Tradition des schlanken, polygonalen Treppenturms (Rückseite), von dessen bekannten spätmittelalterlichen Exemplaren heute in Köln keines erhalten ist. An der Ecke Obenmarspforten/Gülichplatz schließt das Haus an zwei Seiten den Gülichplatz ein, der durch Abriss des Hauses eines vom Rat verurteilten Bürgers entstand. Der Fastnachtsbrunnen (Georg Grasegger) auf dem Platz wurde bereits 1913 aufgestellt. Im Haus Neuerburg sind heute städtische Dienststellen untergebracht.(Walter Buschmann / Matthias Hennies / Alexander Kierdorf)
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