Maschinenfabrik Humboldt | Spezialgießerei und Anlagenbau Hallen 70/71

Köln, Dillenburger Str. 86 (Kalk)
Walter Buschmann
Spezialgießerei und Bau von Aufbereitungsanlagen (Humboldt-Wedag / MBE Engeneering)


Spezialgießerei

Die Hallen wurden 1913-16 als Ersatz für die zuvor an dieser Stelle in den 1870er Jahren erbaute, später von Louis Mannstaedt&Co. genutzte Walzwerkshalle errichtet.
Elektrostahlofen

Halle 70 entstand als Spezialgießerei mit zwei kleinen Elektrostahlöfen von je 4t und 2 Martinöfen von je 7t Fassungsvermögen. Die Gießerei wurde 1924 nach Troisdorf verlagert. Um 1931 wurde die Halle 70 ebenfalls, wie die von Anfang an dafür genutzte Halle 71 für den Bau von Aufbereitungsanlagen verwendet. Beide Hallen wurden neu organisiert unter Beachtung eines optimalen Materialflusses: auf das Blechlager folgte die Brennmaschine, dann Anreißer, Schere, Walze, Blechbiegemaschine, Montage. In dieser Zeit um 1930 wurde die Halle 70 im Norden erweitert. Heute produziert die Fa. Humboldt-Wedag in beiden Hallen mit etwa 100 Mitarbeitern Anlagen für die Zementindustrie. Die Hallen 70/71 stellen, direkt mit den Längsseiten aneinander gebaut eine Doppelhalle dar, die sich mit ihrer Hauptfassade zur Dillenburger Straße orientiert. Die Backsteinfassaden werden geprägt durch dreieckige Giebelfelder über den jeweiligen Hauptschiffen und schlank-hochrechteckige Fensterbahnen. Die Fenster sind eingebunden in ein orthogonales System von vor- und rückspringenden Wandflächen, mit denen zurückhaltend ein entfernt an Formen des Klassizismus erinnerndes Formenspiel von Stützen und Architravbalken angedeutet wird. Von untergeordneter Bedeutung sind die Trauffassaden mit massiven Backsteinwänden zur Neuerburgstraße und einer in jüngerer Zeit weiß gestrichenen Stahlfachwerkfassade zur Hofseite. Die Traufseite zur Neuerburgstraße hat – wie die Hauptfassade – schlank-hochrechteckige Fenster, die hier jedoch in Zweiergruppen zwischen Wandvorlagen zusammengefasst sind und von sichtbaren Stahl- und Stahlbetonstürzen überspannt werden. Die Schmalseiten im Nord sind unterschiedlich ausgebildet mit einer schwer wirkenden Backsteinwand für die Halle 70(Wandvorlagen, Rechteckfenster, Stufenfriese über den zurückliegenden Wandfeldern) und der später, um 1930 entstandenen Stahlfachwerkfassade für die Halle 71.

Halle 71 ist im Inneren zweischiffig aufgebaut. Die Haupthalle wird stützenlos überspannt von trapezförmigen Vollwandbindern mit einem in die Binderkonstruktion integrierten, satteldachförmigem Aufsatz in der Mittelzone. Die Schrägflächen des Hauptbinders und der satteldachförmige Aufsatz sind verglast. Die Dachbinder werden getragen von Stahlfachwerkstützen mit Rechteckquerschnitt. Diese Fachwerkstützen dienen zugleich als Auflager für die Kranbahnen. Auf den oberen Kranbahnen werden schwere Doppelbrückenkräne mit untergehängten Führerkanzeln verfahren. Darunter befinden sich Kranbahnen für kleine 3t-Auslegerkräne, wobei die oberen Kranbahnen über halbkreisförmig gebogene Konsolträger mit den Hallenstützen verbunden sind. Durch diese Kranbahnen können auch die Auslegerkräne über die ganze Hallenlänge genutzt werden. Einer der Auslegerkräne ist auf dem Typenschild datiert mit dem Baujahr 1914. Das zur Halle 71 gehörende Seitenschiff, in dem ursprünglich die Stahlöfen aufgestellt waren, ist mittels Pultdach an die Haupthalle angefügt.


Historisches Foto
Auch die Halle 70 ist zweischiffig ausgebildet. Das Satteldach des Hauptschiffs mit querliegenden Belichtungsraupen wird von Dachbindern mit vergleichsweise gering dimensionierten Kastenquerschnitten überspannt. Die Binder werden mittig unterstütze durch eine in ganzer Länge durch die Halle reichende Stützenreihe unter dem Dachfirst. Die auch zur Aufnahme von Kranbahnen dienenden Mittelstützen werden oberhalb der Kranbahnen bis in den First hinein mit geringerem Querschnitt fortgeführt und unterstützen dort mittig die Dachbinder. Zusätzlich dienen von diesen Stummelstützen ausgehende Kopfbänder zur Stabilisierung der Dachbinder. Beidseits der Mittelstützen sind mehrere Doppelbrückenkräne montiert, wobei die mittleren Kranbahnen auf hohen Parallelträgern in Fachwerkbauweise lagern. Das Seitenschiff wird mit einem vergleichsweise steilen Satteldach gedeckt mit Dachbindern aus Streben- und Ständerfachwerk.