Zeche Concordia
Oberhausen

Kurztext

Mit ihren mächtigen Malakowanlagen aus den 1850er Jahren (nicht erhalten) gehört die Zeche Condordia zu den historisch wichtigen Anlagen des Ruhrbergbaus. Erhalten war mit nahezu dem kompletten baulichen Bestand die inzwischen abgebrochene Außenschachtanlage Concordia 6 (1913-21). Concordia 6 war ein Zeugnis aus der Frühzeit dieser seit etwa 1900 nur für Seilfahrt und Bewetterung angelegten Schächte.



Walter Buschmann
Zeche Concordia


Nachdem 1845 auf der Lipperheide, westlich der gerade im Entstehen begriffenen Köln-Mindener Eisenbahn, durch eine Bohrung erstmals Kohle nachgewiesen worden war, erfolgten 1847 bis 1849 nach einheitlichem Plan mehrere Schürfungen für ein großzügig bemessenes Bergwerk. Die Verleihung von 15 Feldern mit rund 15,5 km² erfolgte aber erst in den Jahren 1853 bis 1859. Die Schürfer gründeten 1850 die Aktiengesellschaft Concordia mit Sitz in Essen und Geschäftsräumen im Bahnhof Oberhausen. Nach dem Cölner-Bergwerks-Verein (1845/49) und den Hardenbergschen Kohlenbergwerken AG war Concordia die dritte Aktiengesellschaft im Ruhrbergbau. Auf ihre Gründung hatte ver­mutlich bereits Franz Haniel Einfluß genommen und seit 1852 war er auch mit Aktien direkt am Unternehmen beteiligt. Die Ausrichtung der Zeche auf den Bedarf der in Oberhausen seit dem 18. Jahrhundert verankerten Eisenindustrie wurde schon im Statut der Aktiengesellschaft festgelegt, demzufolge als Zweck der Gesellschaft "die Bereitung von Cooks" ausdrücklich aufgeführt war.

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Schaubild. Malakowanlage der Zeche Concordia. Quelle: Archiv des Bergbaumuseums
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Grundriss. Malakowanlage der Zeche Concordia. Quelle: Archiv des Bergbaumuseums
1850, unmittelbar nach Gründung der Aktiengesellschaft, wurde mit der Abteufung von Schacht 1 (4,81 x 4,23 m/Holzausbau) begonnen. Seine Benennung als Schacht Haniel verweist auf die Bedeutung dieser Familie bei der Gründung von Concordia. Schacht 1 erreichte 1851 das Karbon und 1853 war Förderbeginn.

Über dem Schacht entstand seit 1850 eine symmetrisch aufgebaute Malakowanlage (Zentraltyp). In dem rückwärtig an dem Turm anschließenden Flügel war eine80 PS Wasserhaltungsmaschine aufgestellt. Der Turm wurde überragt von dem axial angeordneten Kamin. Den Seitenflügeln waren rückwärtig Kesselhäuser angefügt. Eine gemauerte Verladebrücke führte mittig auf den Schachtturm zu und verweist auf eine hochliegende Hängebank. Der Schacht Haniel wurde 1861 mit der letzten Fahrkunst des Ruhrgebietes ausgestattet. Sie war bis 1876 in Betrieb.

Schon unmittelbar nach Aufnahme der Förderung baute Concordia - dem Gründungszweck der Gesellschaft entsprechend - die ersten Koksöfen. 1854 entstanden acht Schaumburger Öfen und acht Bienenkorböfen. Auf die Bedeutung der Kokserzeugung verweisen auch die 1860-62 erbaute Sieberei und Wäsche. Es war eine der ersten Kohlenwäschen, die im Revier gebaut wurde.

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Schaubild. Malakowanlage der Zeche Concordia. Quelle: Archiv des Bergbaumuseums
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Grundriss. Malakowanlage der Zeche Concordia.
Zwischenzeitlich war 1856 bis 1858 der Schacht 2 (4,63 x 5,49 m) niedergebracht worden. Der Schacht erreichte bei 80 m das Karbon und konnte 1859 die Förderung aufnehmen. In der Architektur der Übertageanlage war Schacht 2 ähnlich aufgebaut wie Schacht 1. Der mittig zwischen den identischen Seitenflügeln stehende Schachtturm war jedoch mit Zeltdach und Belvedere bekrönt und in den Fassaden durch geschoßübergreifende, rundbogige Blendnischen gegliedert. Rückwärtig war an den Turm wieder der Flügel für die Wasserhaltungsmaschine angefügt und dahinter stand der Kamin. Hinter den Seitenflügeln stand links das Kesselhaus und rechts ein Trakt für Werkstätten und eine Kaue mit Bassins.

Nach Fertigstellung von Schacht 2 erreichte Concordia 1860 mit 530 Beschäftigten eine Förderung von 83.326t. Die Leistungsfähigkeit der Anlage steigerte sich auf knapp 200.000 t Kohle in den folgenden Jahrzehnten und hatte damit etwa den Ausstoß der Zechen Oberhausen und Carl. 1885 wurden knapp 300.000 t, 1890 500.000 t und 1900 1 Mio t Kohle im Jahr gefördert.

Erreicht wurde diese Leistungssteigerung zunächst nur durch Ausbau der Schächte 1 und 2. 1875/76 erhielt Schacht 1 ein in den Förderturm eingestelltes eisernes Strebengerüst. 1884 wurde Schacht 2 mit einer ähnlichen Konstruktion ausgestattet. Die erhaltenen Zeichnungen und Fotos zeigen, daß die obersten Seilscheiben jeweils nur knapp die Traufe der Türme überragten. Zu diesen Gerüstkonstruktionen gehörten neue Fördermaschinenhäuser.

Auch der Schacht 2 hatte 1863 eine Wäsche erhalten. Die hohe Bedeutung der Kokserzeugung wird darin deutlich, daß für beide Schächte 1857-1868 92 (!) leistungsfähige Bienenkorböfen gebaut wurden. 1883/1888 wurden auf beiden Schachtanlagen jeweils 50 Öfen mit indirekter Beheizung erstellt.

Erst nachdem Schacht 3 1893-95 als Wetterschacht direkt neben Schacht 2 abgeteuft worden war, begann nach der Jahrhundertwende die Expansion des Bergwerkes in die Fläche. 1889-1905 entstand im Nordfeld die Schachtanlage 4/5, deren Standort im Hinblick auf den geplanten Rhein-Herne-Kanal gewählt worden war. Die Disposition der Tagesanlagen mit großer Kokerei und Nebenproduktenanlage (nicht erhalten) galten als mustergültig. 1913/14 wurde Schacht 6 ebenfalls im Nordfeld zur Bewettrung der Grubenbaue niedergebracht.

Nachdem Schacht 1 1899 durch Brand der Übertageanlage (Aufbereitung und Schachtturm) zunächst 1903 (?) noch mit einem neuen Fördergerüst ausgestattet worden war, wurde dort schon 1908 die Förderung und 1912 der ganze Grubenbetrieb eingestellt. Concordia förderte 1913 über die Schachtanlagen 2/3 und 4/5 rund 1,5 Mio t Kohle mit 5576 Bergleuten.

Im April 1914 übertrug Concordia den gesamten Bergwerksbetrieb und die Verwaltung des Vermögens an die Rombacher Hüttenwerke in Lothringen. Die Rombacher Hüttenwerke waren 1888 von Carl Spaeter, dem Inhaber einer Großhandelsfirma in Koblenz, gegründet worden. Nach dem 1. Weltkrieg verloren die Rombacher Hüttenwerke ihren Hüttenbesitz in Lothringen und erwarben mit Hilfe der Entschädigungsmittel die gesamten Vermögenswerte von Concordia. 1926 übernahm die Kokswerke und Chemische Fabriken AG, Berlin (später Schering AG), die Aktienmehrheit von Concordia.

In den 1920er Jahren konnte lange Zeit das Fördervolumen der Vorkriegszeit nicht wieder erreicht werden. Schon 1914 war der Schacht 3 zum Hauptförderschacht ausgebaut worden. Schacht 6 wurde 1920/21 mit einem Fördergerüst versehen und als Seilfahrtsanlage ausgebaut. In der Krise 1928/29 kam es zur zeitweiligen Stilllegung der Schächte 2/3.

Nach dem Abbau der Fettkohlenvorräte wurde 1933 der Entschluß gefaßt, die Anlage 2/3 als Magerkohlenzeche auszubauen und die geförderte Kohle zur Elektrizitätserzeugung zu verwenden. Schacht 2 wurde verfüllt und mit rundem Querschnitt (d= 7,0 m) 1000 m tief neu abgeteuft. Über dem Schacht entstand 1938 ein Strebengerüst in Vollwandbauweise und eine Schachthalle mit Spitzkehrenbetrieb (Abbruch Januar 1993). Zur Förderung wurden 3500 l Großraum­wagen eingesetzt. Mit 4168 Beschäftigten förderte man nun wieder über 1,5 Mio t Kohle.

1945 erlitt die Zeche schwere Zerstörungen. Bis 1950 hatte nach Wiederaufbau die Förderung mit 5100 Bergleuten wieder einen Stand von knapp 1,3 Mio t Kohle erreicht. 1951 konnten die Berechtsame durch Erwerb des Feldes Roland auf 21,28 km2 ausgedehnt werden und 1952 entstand ein Hochdruckkraftwerk mit 34,25 MW. 1965 wurde die höchste Förderung mit 1,6 Mio t Kohle erreicht. Kurz darauf wurde das Bergwerk 1968 stillgelegt und die Tagesanlagen weitgehend abgebrochen. Die Schächte 2 und 6 dienten noch lange zur Wasserhaltung. Ende 1993 und 1994 wurden die letzten Bauten mit den Fördergerüsten der Schächte 2 und 6 abgebrochen.

Von den bis zuletzt erhaltenen Bauten der Zeche Concordia wurde der Schacht 6 als Beispiel einer vollständig überlieferten Außenschachtanlage mit einem der selten gewordenen zweigeschossigen Koepe-Fördergerüste als denkmalwert eingestuft.



Fördergerüst Concordia 6 1920|21; Abbruch 1994
Firma: Carl Spaeter

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Fördergerüst. Foto: Soelter, 1986
Zweigeschossiges deutsches Strebengerüst Fachwerkbauweise (Nietkonstruktion). Die Streben waren als kastenförmiges Fachwerk ausgebildet. Sie wurden durch zwei ebenfalls kastenförmige Riegel und X-förmig ausgebildete Diagonalverbände ausgesteift. Zwischen Streben und unterer Seilscheibenbühne vermittelten vollwandige Bleche. Die beiden Seilscheiben hatten Durchmesser von 5,0 m. Über der oberen Seilscheibe erhob sich eine Tragkonstruktion für den Kran zur Auswechselung der Scheiben mit horizontalem Dach (1989 demontiert).

Führungsgerüst und vermutlich auch die Streben waren durchlaufend bis zur oberen Seilscheibenbühne ausgebildet. Das Führungsgerüst war mit Andreaskreuzen ausgesteift und ruhte direkt unterhalb der Rasenhängebank auf vollwandigen Schachtträgern mit einer Flanschhöhe von ca. 1,0 m.

Die Seilfahrt erfolgte mit einetagigen Förderkörben für 12 Personen. Im Zuge von Rationalisierungen wurde die Personenförderung 1928 auf der Schachtanlage 2/3 konzentriert. Schacht 6 wurde seither als reiner Wetterschacht betrieben.


Schachthalle, 1920|21; Abbruch 1994,
Firma: Carl Spaeter

Über einer offenen Stahlkonstruktion aufgeständerte Stahlfachwerkhalle mit tonnenförmigem Dach. Schlank-/hochrechteckige Fenster, die jeweils paarweise den Stilen zugeordnet waren. Die Stahlfachwerkwände hatten hochrechteckige Gefache.


Lüftergebäude, 1912|13; Abbruch 1994

Backsteinhalle mit tonnenförmigem Dach. Gliederung der Außenwände durch Wandvorlagen zwischen den Fenstern. Rundbogige Fenster (6 : 3 Achsen) mit halbsteinstarken Überfangbögen.

In der Halle standen zwei Capell-Ventilatoren (zum Zeit­punkt der Aufnahme nicht mehr erhalten) mit Elektromotoren. Die Verbindung zwischen Schacht und Lüftergebäude erfolgte über zwei Wetterkanäle unmittelbar unterhalb der Rasenhängebank.


Fördermaschinenhaus, 1920|21; Abbruch 1994

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Fördermaschinenhaus. Foto: 1990
Backsteinhalle über Sockelgeschoß mit Satteldach. Im Sockelgeschoß Segment­bogenfenster. Hohe Rechteckfenster mit Metallsprossen zur Belichtung der Halle. Gliederung der Fassaden mit Wandvorlagen. Die zurückspringenden Wandfelder schließen oben mit Klötzchenfriesen. Das mehrfach gestufte Traufgesims ist über die Giebelflächen verkröpft. Die ursprüngliche maschinelle Ausstattung mit Elektrofördermaschine, Koepe-Treibscheibe und Leonhard-Gleichrichter ist nicht erhalten. Die 860 PS-Maschine erlaubte eine Fördergeschwindigkeit von 12 m/s.


Büro- und Kauengebäude, 1920|21

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Kaue. Foto: 1990
Backsteingeschoßbau mit basilikaler Grundform. Die langgestreckte Mittelhalle mit Entlüftungsraupe über dem First war ursprünglich Hakenkaue für ca. 800 Bergleute. In den Abseiten befanden sich die Duschräume. Am östlichen Gebäudeende rechtwinklig zur Halle angeordneter Eingangstrakt mit zwei Türöffnungen. Hinter diesem Eingangstakt zweigeschossig ausgebildete Lohnhalle. Seitlich des Westgiebels turmartiger Gebäudeteil, ursprünglich vermutlich mit Mannschaftsbrücke zum Schacht. Nach Aufgabe der Seilfahrt 1928 wurde das Gebäude in ein Bergmannsheim umgewandelt. Die für eine Kaue funktions­typischen Einbauten waren daher nicht erhalten.


Umfassungsmauer des Zechengeländes, 1913|21

Durch Wandvorlagen gegliederte, mit Klötzchenfries und sattelförmigem Abschluß versehene Backsteinmauer entlang der Niebuhrstraße. Im östlichen Bereich Torsituation, die auf den Eingangstrakt des Kauen- und Verwaltungsgebäudes orientiert war.


Gekürzter und für das Internet bearbeiteter Text: Gedruckt mit allen Anmerkungen und Quellenangaben in: Walter Buschmann: Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenrevier. Aachener Revier und westliches Ruhrgebiet. Gebr. Mann Verlag Berlin 1998


Literatur

• Concordia Bergbau-Aktien-Gesellschaft (Hg.), 1850-1900. Bericht anläßlich des fünfzigjährigen Bestehens der "Concordia" Bergbau-Actien-Gesellschaft in Oberhausen (Rheinland), Düsseldorf 1900.
• Concordia Bergbau-Aktien-Gesellschaft (Hg.), 1850-1950. Hundert Jahre Concordia, Oberhausen 1950
• Dechamps, Aus der Geschichte der Concordia Bergbau-Aktiengesellschaft, in: Heimatkalender Oberhausen, 1940, S. 109-111
• Die Schachtanlage 4/5 der Concordia Bergbau-Aktien-Gesellschaft zu Oberhausen/Rhl., Internationaler Kongreß für Bergbau, Hüttenwesen, angewandte Mechanik und praktische Geologie, Düsseldorf 1910
• Gerhard Gebhardt, Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen, Essen 1957
• Gutehoffnungshütte. Aktienverein für Bergbau- und Hüttenbetrieb Oberhausen. Bericht aus Anlaß ihres 25jährigen Bestehens 1873-1898, Düsseldorf o.J. (1898)
• Günter, Roland: Oberhausen (= Die Kunstdenkmäler des Rheinlandes, Bd. 22), Düsseldorf 1975
• Huske, Joachim: Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier, Bochum 1987
• Morsbach, Heinz: 100 Jahre Concordia-Bergbau, Manuskript 1950 (Bergbau-Bücherei Essen)