Thyssen | Neue Hauptverwaltung
Duisburg, Kaiser-Wilhelm-Straße 100
Walter Buschmann
Neue Hauptverwaltung August-Thyssen-Hütte, Baujahr: 1958-63 | 1971-72
Architekt: Gerhard Weber


Dem Bau der neuen Hauptverwaltung ging ein Wettbewerb voraus. Der in Dessau und Berlin bei Mies van der Rohe und Ludwig Hilberseimer ausgebildete Bauhaus-Schüler Gerhard Weber errang den Ersten Preis. Das Konzept von Weber sah eine Kombination aus 10-geschossigem Hochhaus und drei in den hinteren Grundstücksbereich hinein sich gleichmäßig staffelnden Flachbauten vor. Das Hochhaus war rechtwinklig zur Kaiser-Wilhelm-Allee vorgesehen, die Flachbauten in Parallelanordnung. Ausgeführt wurde in der ersten Bauphase bis 1963 nur das Hochhaus und ein Flachbau. In Änderung der Ursprungsplanung entstand 1971-72 ebenfalls nach Entwurf von Gerhard Weber ein weiterer 9-geschossiger Hochhausflügel mit einem Verbindungstrakt zum Flachbau der ersten Bauphase.

Die vier Gebäude sind als Stahlskelettbauten mit vorgehängten verzinkten Stahlrahmenkonstruktionen ausgebildet. Die Stahlrahmen der Fassaden tragen die hochrechteckigen Fenster und die mit einer dünnen Kupferhaut überzogenen Brüstungstafeln.

eisenhuette
Das Gebäude der Neuen Hauptverwaltung (links) im Kontext mit dem Oxygen-Stahlwerk (rechts)
Die Hauptverwaltung ist sehr eng an die Kaiser-Wilhelm-Straße herangerückt, um die Verbindung zur Produktion symbolhaft zu demonstrieren. Im Erdgeschoß weichen die Glasfassaden an den Schmalseiten deutlich nach innen zurück und geben damit den Blick frei auf die hier sichtbaren Eckstützen. Auch in den oberen Geschossen sind die Ecken der Stützen über die ganze Gebäudehöhe sichtbar. Im Dachgeschoß sind die Glasfassaden für Vorstandsbüros und Sitzungssaal an allen Fassadenseiten weit zurückliegend angeordnet. Das Flachdach verbirgt sich hinter kräftig dimensionierten Blechträgern, die in regelmäßigen Abständen durch senkrechte Stege gegliedert werden. Da die Hauptverwaltung in einem Bergschadensgebiet entstand, musste der Baukörper in zwei Abschnitte unterteilt werden. Die mittig an den Traufseiten erscheinende breit ausgebildete Fuge ist integraler Teil der Fassadengestaltung. Der ursprünglich an der Schmalseite zur Straße orientierte Haupteingang wurde 1978 an die östliche Traufseite verlegt und mit Überdachung und neuer Vorfahrt kombiniert.

Der Flachbau mit dem Werkskasino ist über eine geschlossene Brücke mit der Hauptverwaltung verbunden. Zusätzlich wird das Gebäude durch zwei Freitreppen an der vorderen Längsfront erschlossen. Die Treppen führen in kastenförmig der Fassade vorgelagerte Windfänge. An der Rückseite befinden sich zwei turmartig vorspringende, verglaste Treppenhäuser. Die Fassaden sind wie bei der Hauptverwaltung ausgebildet, erheben sich aber auf einem mit dunklen Klinkern verblendeten Sockel.

Hochhaus und der aufgeständerte Zwischentrakt des zweiten Bauabschnitts sind in gleicher Weise wie die Ursprungsbauten gestaltet. Beim Hochhaus sind jedoch weder Erdgeschoß noch Dachgeschoß analog zur Hauptverwaltung hervorgehoben. Die Fassaden stehen wie beim Werkskasino auf einem mit dunklen Klinkern verblendeten Sockel.


Literatur

• ATH-Hauptverwaltung in Hamborn wird bis Ostern 1972 um neungeschossigen Neubau erweitert; in: Unsere ATH 17, 1971, Heft1/2, S. 5
• Das neue ATH-Haus festlich eingeweiht, Unsere ATH 1, 1963, Heft 12, S. 10-17
• Neue Hauptverwaltung entsteht an Tor 1, Unsere ATH 1, 1959, Heft 7/8, S. 3
• Neues Bauen. Ein Gespräch mit Prof. Gerhard Weber, dem Architekten des neuen Verwaltungszentrums der August Thyssen-Hütte, Unsere ATH 1, 1959, Heft 12, S. 16-18
• Weber, Gerhard: Verwaltungsgebäude der August-Thyssen-Hütte. Sonderdruck aus Baumeister 5, 1964