Gaswerke-Siedlung Vitalisstraße
Köln, Vitalisstraße 330-362


Walter Buschmann / Alexander Kierdorf
Die Gaswerke-Siedlung in Köln-Müngersdorf


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Lageplan mit dem vollständigen Umfang der geplanten Siedlung.
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Haus mit vier Wohnungen.

Zum Gaswerk der Stadt Köln an der Widdersdorfer Straße gehörten die 1902|03 erbaute Arbeiterwohnhäuser an der Vitalisstraße in Köln-Müngersdorf, die von der Stadt Köln errichtet wurden. Dabei wurde von der ursprünglich vorgesehenen umfangreichen Siedlung mit 34 Häusern, Bade-, „Kinderbewahr“- und Konsumanstalt nur acht Häuser mit 31 Wohnungen an der östlich begrenzenden Vitalisstraße ausgeführt. Nach Plänen des Architekten und Stadtbaumeisters Peter Gärtner entstanden hier quasi modellhaft verschiedenste Bautypen vom vertikal viergeteilten Typ („Kreuzgrundriß“) bis zu Etagenwohnhäusern. Trotz großer Breite der Grundriss- und Fassadenlösungen führt ein einheitliches Repertoire an Gestaltungsmitteln wie die Kombination von Putzflächen und Backsteingliederungen, gleiche Fensterformen sowie die Verwendung von Sichtfachwerk und plastisch durchgebildeten Dachformen zu einer einheitlichen Erscheinung, die sich aufgrund kommunaler Eigentümerschaft bis heute erhalten hat, im Unterschied zu den gegenüberliegenden und gleichzeitig von der Ehrenfelder Arbeiter-Wohnungsgenossenschaft errichteten und früh privatisierten Hausgruppen.

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Häuser an der Vitalisstraße.
Die Siedlung entstand aus einem wirtschaftlichen Motiv heraus: man wollte eine Stammarbeiterschaft heranbilden, um dem chronischen Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken. Hier wiederholte sich ein allgemein zum Bau von Arbeitersiedlungen führendes Motiv in der Industrie des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Auch die Verwendung von Holzfachwerk war im Arbeitersiedlungsbau um 1900 weit verbreitet. Man wollte damit wegkommen vom Zweckmäßigkeitsstil vergangener Jahrzehnte und deutete zugleich ganz im Sinne romantischer Städtebauvorstellungen die Zuwendung zu dörflichen Bauformen an. Werksanlage und Siedlung standen also im Kontrast zueinander, verkörperten in ihren Formenwelten Stadt und Dorf.

Trotz günstiger Mieten fanden die Häuser zunächst keinen Zuspruch. Der Grund wird in einem Geschäftsbericht der Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerke von 1902 genannt: es gebe „….eine unbegründete Agitation, die den Arbeitern stete Aufsicht auch in ihrem Privatleben vorzuspiegeln sucht“. Allmählich aber verschwanden die Bedenken und die Wohnungen waren in der Folge stark gefragt.