Siedlung Ritterfeld
Voltastraße – Siemensstraße – Nernststraße – Virchowstraße




Stephan Strauß
Siedlung Ritterfeld in Krefeld

Die stadträumliche Entwicklung Krefelds südlich von Hauptbahnhof und Bahntrasse hatte – ausgehend von der Kölner Straße – um 1900 verstärkt eingesetzt, insbesondere durch die Fabrikneubauten wie die Tapetenfabrik Heeder & Co. (Virchowstraße) und die Weberei Krahnen & Gobbers. Östlich des Hauptbahnhofs bestand eine Unterführung, die in der Verlängerung der damaligen Kronprinzenstraße (heute Philadelphiastraße) nach Süden führte und Anfang der 1920er-Jahre zu einer Gabelung erweitert wurde, die den heutigen dreiecksförmigen Voltaplatz einfasste und an der querenden Ritterstraße endete (Stadtarchiv Krefeld, Pharus-Plan um 1923, Sign. 35/127).

Dieser Freifläche gegenüber errichtete die Stadt Krefeld nach Plänen der Krefelder Architekten Franz Lorscheidt (1887 bis 1962) eine Siedlung, die für 300 Kleinwohnungen ausgelegt war. In dem ersten Bauabschnitt wurden 1921/22 insgesamt 62 Häuser erbaut, ein weiterer Bauabschnitt folgte 1925 bis 27.

Das Siedlungsgefüge setzt die dreiecksförmige Anlage des Voltaplatzes in einer sich nach Süden verbreiternden Siedlungsanlage fort. Am westlichen Rand, der durch die Siemensstraße gebildet ist, sind die Siedlungsbauten beidseitig errichtet, an der östlichen Voltastraße hingegen nur auf der Westseite. Die Siedlungsbauten sind als raumbildende Zeilen angelegt, wobei insbesondere die Staffelung an der Nordseite der Siedlung, entlang der Ritterstraße von hoher Prägnanz gewesen sein dürfte. Zwei symmetrische dreigeschossige Walmdachblöcke mit Erkervorbauten fassen ein ziegelsichtiges Tor, das in der Mittelachse des Voltaplatzes ins Siedlungsinnere führt. Die seitlich angrenzenden Siedlungsbauten an der Ritterstraße und sind traufständig treten vor die Flucht der Dreigeschosser, die Giebelseiten zieren expressive Giebel.

Durch das Tor von der Ritterstraße erreicht man einen kleinen Platz im Zentrum der Siedlung. Dieser ist dreiseitig gefasst, nach Norden (zur Ritterstraße) mit einer ziegelsichtigen Tordurchfahrt, die zum Platz durch zwei schmuckvoll geschweifte Giebel gerahmt ist (an der Nordseite ist nur ein Giebel erhalten). Hier dominieren zweigeschossige Siedlungshäuser, ebenso an der Siemensstraße, wo in zwei Giebeln die Jahreszahl 1921 zu lesen ist. An der Virchowstraße ist der raumbildende Städtebau ebenfalls durch gestaffelt angeordnete zwei- und dreigeschossige Bauten realisiert. Am südlichen Abschnitt der Nernststraße steht sich zwei jüngere, spiegelbildliche Hausgruppen gegenüber. Die Eingänge und Loggien der Mehrfamilienhäuser zeigen kunstvolle Ziegelmuster, über den vier Eingängen ist jeweils eine allegorische Figur montiert (mit Zirkel und Hammer bei den zwei männlichen Figuren, mit Krug und Fruchtschale bei den beiden weiblichen Figuren). Für Franz Lorscheidt dürfte dies der Start einer Karriere gewesen sein: ab 1926 baute er im Auftrag der Stadt auch prägnante Besatzungsbauten für die belgische Armee und blieb nachfolgend mit – im positiven Sinne – ungewöhnlichen Häusern wie dem Wohnhaus Friedrich-Ebert-Straße 61 im Gedächtnis.

Die Siedlung Ritterfeld zeigt sich heute stark verändert. Jüngere Fenster und Türen, nachträgliche Fassadenbekleidungen und Anstriche ergeben insbesondere im ersten Bauabschnitt eine Vielfalt, die nicht qualitätssteigernd ist. Auch der Voltaplatz ist heute eine Rasenfläche mit Baumsaum, auf der zur Aufwertung seit den 1990er-Jahren ein Kunstwerk von Richard Deacon steht.

Stephan Strauß, Historische Bauwerke GbR / Krefeld + Bremen

Literatur:

Schwanke, Hans-Peter: Architekturführer Krefeld, Krefeld 1996, S. 420-421.