Ter Meer Siedlung Uerdingen

Ter-Meer-Platz 7, Krefeld




Walter Buschmann / Christoph Becker
Ter Meer Siedlung

Im Norden Uerdingens entstand in den 1920er Jahren eine Wohnsiedlung, die den Namen des Chemiefabrikanten Dr. Edmund ter Meer trägt und auch durch sein Engagement entstand. Edmund ter Meer hatte Brachland im Norden Uerdingens erworben, das noch im Bebauungsplan vom 8. Mai 1908 für Industriezwecke vorgesehen war.

Die gute wirtschaftliche Lage der Chemischen Fabrik vorm. Weiler-ter Meer, die überraschenderweise 1919 Gewinn einbrachte und auch 1920 noch zufriedenstellend war, führte 1920 zu einem Auftrag an die Hausarchitekten des Unternehmens Girmes & Oediger für den Bau einer Siedlung mit 120 Wohnungen. Das Bauland war ein mit Sträuchern bewachsenes Wiesenland in unmittelbarer Nähe des Stadtparks. Karl Henrici, renommierter Stadtplaner und Hochschullehrer aus Aachen, hatte 1905 im Auftrag der Stadt Uerdingen für den westlichen und nordöstlichen Bereich vor der Uerdinger Kernstadt einen Bebauungsplan mit Industrieflächen und - darauf abgestimmt – mit Flächen für Kleinwohnungen entworfen. Der 1906 vom Stadtrat verabschiedete Plan für Uerdingen-Nord sah im Zentrum eine größere Platzanlage mit Kirche vor. Die St.-Heinrich-Kirche wurde 1913-15 errichtet. Unmittelbar im Anschluss daran erstreckte sich das Bauareal für die geplante Siedlung.

Der von Girmes & Oediger 1920 erstellte Plan wurde Karl Henrici und dem städtischen Bauinspektor Baecker zur Begutachtung vorgelegt. Die Anregungen von Henrici wurden weitgehend für die Planung übernommen, ohne dass der Grundcharakter des Ursprungsplans verloren ging. Die Siedlung sollte nach Wunsch des Bauherrn ein abgeschlossenes Ganzes bilden mit großem, zentralem Platz im Mittelpunkt und nach der Vorstellung von Henrici keinen zu ländlichen Eindruck machen.

Nach der Grundsteinlegung Anfang 1921 wurde die teilweise noch im Bau befindliche Siedlung am 1. 8. 1922 festlich mit Ansprachen, u. a. von dem 70jährigen Dr. Edmund ter Meer eingeweiht. Ausgeführt wurden 62 von den 120 geplanten Häusern mit 94 Wohnungen. Wirtschaftliche Schwierigkeiten in den Jahren 1922/23 verhinderten in den 1920er Jahren eine Fertigstellung im vorgesehenen Umfang.

Erst 1935-37 entstanden weitere Häuser an der Edmund- und Topsstraße. Im Krieg gab es in der mit „werksfremden“ Familien überbelegten Siedlung nur wenig Schäden.

Nach 1945 entstanden weitere Wohnhäuser an der Schützen-, Edmund-, Weiler-, ter-Meer-, Ahorn- und Parkstraße. An der Emil-Fischer-Straße wurden fast ausschließlich von Akademikern bewohnte Häuser errichtet. Die Anzahl der Wohnungen verdreifachte sich insgesamt und bot nun Raum für 320 Familien.

Bestand

Die bis dahin ausgeführten Gebäude tragen heutigen Adressen:

Ter-Meer-Platz Nr.: 1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12.

Ter-Meer-Straße Nr.: 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 32, 34, 36, 38, 40, 42, 44, 46, 48, 50, 52, 54.

Weilerstraße Nr.: 3,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14,15,16,17,18,19, 20.

Ahornstraße Nr.: 27. Schützenstraße Nr.: 4,6,8,10,12,14,16.

Ter-Meer-Platz

Mittelpunkt der Siedlung ist der an der Kreuzung der Ter-Meer-Straße mit der Weilerstraße angeordnete ca. 55m x 49m große Ter-Meer-Platz, mit einem in der Achse der Weilerstraße aufgestellten sechseckigen Brunnen. In dessen Beckenmitte steht eine Säule mit wasserspeienden Löwen, darauf eine bronzene Mädchenstatue, die Flora verkörpernd. Der Platz war mit einem tiefer gelegten Rasenkarree, umgeben von einer niedrigen Hecke, mit Baumreihen aus geschnittenen Platanen und mit jenem Brunnen geplant und so auch angelegt worden.

Die vom Platz ausgehende Weilerstraße führt auf beiden Seiten des Platzes durch jeweils mit Wohnraum überbaute Torbögen. Die vom Platz wegführende Ter-Meer-Straße wird nach wenigen Metern durch bürgersteigbreite Toreingänge mit aufstehenden Kandelabern betont.

Erscheinungsbild

Im Unterschied zur Margarethenhöhe oder den Bayer-Siedlungen ist die Architektur am niederrheinischen Backsteinbau orientiert. Die Architekten orientieren sich damit an Paul Clemens Apell (Erhaltung und Wiederbelebung des niederrheinischen Backsteinbaus, 1910) wie auch an dem von Georg Metzendorf auf der Kölner Werkbundausstellung 1913 mit dem „Niederrheinischen Dorf“ gelieferten Vorbild.

In der städtebaulichen Geschlossenheit der Anlage mit der Kombination aus Reihen- und Gruppenhäusern ist die Ter-Meer-Siedlung stark dem Vorbild der von Paul Schmitthenner geschaffenen Gartenstadt Staaken (1913-17) verpflichtet. Waren es dort märkische und Potsdamer Bautypen der friderizianischen Zeit, wirkten hier in Uerdingen – ganz im Sinne der Heimatschutzbewegung – die regionalen und örtlichen Vorbilder des Niederrheins. Die Anbindung an den Barock folgt einer schon vor 1914 mächtigen (Paul Mebes, Albert Erich Brinckmann, Paul Schulze-Naumburg) und auch noch nach dem Krieg fortwährenden Tendenz.

Die Bebauungsformen bestehen aus einer Kombination aus Reihen-, Gruppen- und Doppelhäusern. Geschlossen wirkende Hausfronten gibt es ringsum am Platz und fast vollständig an der Nordseite der Ter-Meer-Straße. Der Verzicht auf völlig geschlossene Reihenhauszeilen gehört zum städtebaulichen Konzept: anstelle der sonst üblichen Vorgärten sollen von der Straße aus Einblicke in die hinter den Häusern liegenden Gärten das Erlebnis einer eingegrünten Siedlung ermöglichen, allerdings unter Wahrung eines städtisch bis kleinstädtischen Gesamtbildes.

Walter Buschmann / Christoph Becker, Institut. Industrie-Kultur-Geschichte-Landschaft / Köln

Literatur:

Spreitzer, Saskia: Ter-Meer-Siedlung Uerdingen – Diplomarbeit, Neubrandenburg, 2009

Schwanke, Hans-Peter: Architekturführer Krefeld, Krefeld 1996

Klee, Karl: 40 Jahre ter-Meer-Siedlung in Nord-Uerdingen, in: Uerdinger Rundschau Okt. 1961, S. 3-5.

Einweihung der Siedlung der Siedlung der Chem. Fabriken vorm Weiler-ter Meer; Uerdinger Anzeiger 2. 8. 1922 (Stadtarchiv Krefeld Nr. 40/4271).

Nolden, Fritz: Uerdinger Werkwohnungen, in: Unser Werk 38, 1952 Heft 5, S. 190-192.

Unsere Siedlung am Stadtpark, in: Von Werk zu Werk. Monatsschrift der Betriebsgemeinschaft der IG Farbenindustrie AG. Ausgabe Uerdingen August/September/Oktober 1941 (Bildserie).