Ausbesserungswerk Opladen
Leverkusen-Opladen, Eisenbahnstraße

Walter Buschmann
Das Eisenbahn-Ausbesserungswerk Opladen


Geschichte

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Ausbesserungswerk Opladen. Lageplan von 1914
Das Ausbesserungswerk Opladen erwies sich nach veränderter Abgrenzung der Eisenbahndirektionsbezirke Essen und Elberfeld und durch die im westdeutschen Raum zunehmenden Aufgaben für Wartung und Reparatur an Lokomotiven und Waggons als notwendig. Nach langwierigen Verhandlungen mit mehreren Städten und Gemeinden fiel die Standortwahl auf den Ort Opladen. Ausschlaggebend waren die gute Lage der ehemaligen Kreisstadt im Eisenbahnnetz und die preisgünstige Bereitstellung eines geeigneten Grundstücks durch die Stadt Opladen. Dieser Standort erschien auch insofern geeignet, als Lokomotiven aus dem rechtsrheinischen Zuständigkeitsbereich der Eisenbahndirektion Köln zukünftig hier ausgebessert werden sollten.

Das Ausbesserungswerk Opladen wurde 1899 durch Baurat Robert Meyer entworfen. Die Lokomotivwerkstatt im Kern der Anlage war mit 96 Ständen vorgesehen. Dazu gab es 24 Tender- und 20 Kesselstände. Vorgesehen war auch eine Wagenwerkstatt als Ersatz für die Anlage in Köln-Deutzerfeld.

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Lokomotivwerkstatt. Foto: 2008
Bis 1903 entstanden in einem ersten Bauabschnitt die Lokomotivwerkstatt für 500 Lokomotiven aller Baugattungen. Der Betrieb in der damals noch so genannten Hauptwerkstatt Opladen wurde am 1. 11. 1903 mit 150 Beschäftigten aufgenommen. Eine zweite Lokhalle wurde direkt angebaut und 1904 fertig gestellt. 1907 konnte auch die Wagenwerkstatt in Betrieb genommen werden. Ein großer Teil der Belegschaft aus Deutzerfeld wurde nach Opladen verlegt. 1908 waren in der Hauptwerkstatt Opladen schon 1825 Beschäftigte tätig. Die Werkstätten galten als Musteranlage. Ein Teil der Lokomotivwerkstatt(Erweiterungsbauabschnitt von 1904) wurde 1906 als Modell(1:10) dem damals noch nicht eröffneten Verkehrs- und Baumuseum in Berlin übergeben(nicht erhalten). Auch ein Modell des Hauptmagazins(1:20) soll in Berlin gezeigt worden sein. Daneben gab es ein wohl aus gleicher Zeit stammendes Architekturmodel der Gesamtanlage(1:300), das mit kleinen Schäden heute im Depot des Deutschen Technik-Museums/Berlin aufbewahrt wird. Ein Foto von dem Modell wurde in der Zeitschrift „Die Lokomotive“ 4, 1907, Heft 9, S. 174 veröffentlicht.

Sehr früh entstand in Opladen das in Sichtweite zum Ausbesserungswerk seit 1902 errichtete Oberbauhauptlager mit einem großen Lagerplatz für Weichen, Schwellen, Schienen und Oberbaugerät. Während die Hallen des Oberhauptbaulagers bis heute erhalten geblieben sind, ist das aus einer Lokstation hervorgegangene, 1904 entstandene Bahnbetriebswerk inzwischen vollständig untergegangen. Dieses Bahnbetriebswerk lag ebenso wie die große Eisenbahnersiedlung auf der Ostseite der Gleisanlagen.

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Wohnhäuser. Foto: 2008
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Wohnhäuser, Ledigenheim. Foto: 2008
Bei dem in den Boomjahren nach 1900 überall deutlich spürbarem Wohnungsmangel, war die Schaffung von Wohnraum für die Funktionsfähigkeit der Eisenbahnanlagen in Opladen eine existenzielle Notwendigkeit. Wohnraum entstand sowohl auf der Seite des Ausbesserungswerkes mit zwei Meisterhäusern und zwei Geschoßwohnungsbauten(1901-03) sowie mit einem imposanten Ledigenheim für 75 Bewohner(1908), dann aber besonders 1903 bis 1908 östlich der Gleisanlagen mit einer auch heute noch beeindruckenden und bereits in die Denkmalliste eingetragenen Siedlung auf rasterförmigem Grundriß. Siedlung und Werk waren über die Gleisanlagen hinweg mit einer lang gestreckten Fußgängerbrücke verbunden. Auch die städtebauliche Entwicklung Opladens wurde durch die Zuwanderung der Eisenbahner deutlich geprägt. Opladen wurde Eisenbahnerstadt.

In den Jahren nach 1910 wurde das Ausbesserungswerk mehrfach erweitert. Es entstanden eine Tenderwerkstatt, eine Anheizhalle, eine Halle für Triebwagen, Lehrwerkstatt, eine Werkstatt für Rauch- und Siederohre, eine Halle zur Neubereifung von Radsätzen, eine Elektro-Mechanikerwerkstatt usw. Die Lokomotivhalle wurde 1916 um 5 Stände erweitert. 1916 arbeiteten 2000 und 1918 sogar 3011 Beschäftigte in den Werkstätten.

Mit der auf eine Denkschrift von 1920 zurückgehenden Neuordnung des Eisenbahn-Werkstättenwesens, erhielt auch die Anlage in Opladen seit 1922 die Bezeichnung Reichsbahn-Ausbesserungswerk(RWA). Die Entwicklung des Werks wurde durch die Ruhrbesetzung und der damit vollzogenen Trennung vom ursprünglichen Einzugsgebiet bedroht und behindert. Folgerichtig erfolgte 1924 die Zuordnung zur Reichsbahndirektion Köln. 1925 waren 2150 Personen im Werk beschäftigt.

Nach der 1929 beginnenden Weltwirtschaftskrise und dem damit verbundenen Niedergang der deutschen Wirtschaft, entwickelte die Deutsche Reichsbahn ein Rationalisierungskonzept für ihre Ausbesserungswerke mit einer Konzentration der Lokomotivinstandsetzung in Westdeutschland an den Standorten Schwerte, Mülheim/Ruhr(Speldorf) und Jülich. Opladen erschien für die neu aufkommenden Einheitslokomotiven nicht geeignet. 1930 wurde daher die Lokreparatur aufgegeben. Auch die Triebwagen-Abteilung musste 1932 an das RAW Limburg abgegeben werden. Die Zahl der Beschäftigten sank von 2378(1930) deutlich auf 1540(1931) und schließlich auf einen Tiefstand von 1196 im Jahr 1932.

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Wagenhalle. Foto: 2008
Entgegen der Entwicklung bei der Lokreparatur war die Wagenabteilung weiterhin gut ausgelastet. Mit dem Versuch, den Standort Opladen zu stärken wurden hier neue Tätigkeitsfelder angesiedelt. Repariert wurden seit 1933 Kleinlokomotiven, es entstand eine Motoren- und Kraftwagenabteilung und es wurden Hilfsgeräte für andere Ausbesserungswerke hergestellt. 1934 wurden in Opladen alle Kleinloks aus den Bereichen der Direktionen Essen, Köln, Trier und Wuppertal repariert und erhalten, und 1938 war hier die zentrale Werkzeuginstandsetzung der Direktion Köln untergebracht. Schon 1936 waren wieder 1767 Beschäftigte in Opladen tätig.

Wie in allen Bereichen der Wirtschaft erlebte auch das Ausbesserungswerk Opladen im Krieg eine Scheinblüte durch Übernahme von Aufgaben für die Wehrmacht. Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und Zivilinternierte aus ganz Europa wurden beschäftigt. Bei Fliegerangriffen auf das Werk fielen besonders in den Monaten von Dezember 1944 bis März 1945 insgesamt 236 Bomben auf das Werk.

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Kesselhaus. Foto: 2008
Nach dem Wiederaufbau wurden in der nun als Bundesbahn-Ausbesserungswerk geführten Anlage mehrere Diesellokreihen und Kraftfahrzeuge(Omnibusse, Gelenkbusse, Schwerstlastfahrzeuge, Zugmaschinen) repariert. Zum Wahrzeichen des Wiederaufbaus wurde das neue, 1948 erbaute Kesselhaus.

Die wichtigste Triebfeder der weiteren Entwicklung wurden seit 1955 Elektrotriebwagen und vor allem seit 1959 Elektrolokomotiven. Dies wurde nun das ausschließliche Aufgabenfeld der Lokreparatur. Neben München-Freimann war Opladen in der Bundesrepublik Deutschland das einzige Werk, in dem Elektroloks gewartet wurden. Zudem profitierte Opladen von dem seit 1960 betriebenen Güterwagenumbauprogramm. Dagegen wurde die Erhaltung von Reisezugwagen aufgegeben. 1980 gehörten 3000 Elektroloks zum Aufgabenfeld in Opladen, 1989 auch die ersten ICE-1-Lokomotiven.

Mit der Vereinigung der beiden Deutschlands geriet Opladen jedoch, wie auch die anderen Standorte in Westdeutschland in Konkurrenz zu den ostdeutschen Ausbesserungswerken. 1998 übernahm DB-Cargo den Standort und investierte hier 35 Mio DM. In Opladen wurden Güterzug-Elektrolokomotiven instand gesetzt. Doch schon drei Jahre später kam der Stilllegungsbeschluss. Die Deutsche Bundesbahn hatte die Stilllegung von acht ihrer 18 Ausbesserungswerke beschlossen. Opladen gehörte dazu. Auch anhaltende und heftige Proteste der Belegschaft mit einem Hungerstreik durch die Betriebsräte konnte die Werksschließung zum 31. 12. 2003 nicht verhindern. 420 Arbeitsplätze gingen in Leverkusen-Opladen verloren.



Gesamtanlage

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Ausbesserungswerk Opladen. Lageplan von 1955
Geprägt wird die Gesamtanlage des Ausbesserungswerks Opladen durch die beiden großen Hallen für Lokomotivreparatur im Norden(Halle 1) und die Wagenhalle(Halle 2) im Süden. Dazwischen erstreckt sich ein breiter Streifen für Bauten mit zentralen Funktionen: Kraftwerk und Schmiede direkt zwischen den beiden Hallen und weiter östlich das Hauptmagazin und der Wasserturm. Für die ursprünglich mit Gas betriebenen Maschinen im Kraftwerk waren in der zentralen Achse der Gesamtanlage, auf einer Linie mit dem Wasserturm zwei Gasbehälter erbaut worden. Der Umbau der Kraftanlage 1924(Ersatz der Sauggasmaschinen durch eine Dampfmaschine und Bau eines Kohlebunkers), mehr aber noch das neue Kesselhaus von 1948 veränderten diese zentrale Achse mit den Versorgungseinrichtungen deutlich. Nach Abbruch der Schmiede, an deren Stelle sich heute eine begrünte Freifläche befindet, ist im räumlichen Gefüge jedoch erneut die zentrale Position des Hauptlagers mit Wasserturm deutlich erkennbar. Die anderen Funktionen des Ausbesserungswerks(Anheizhalle, Tenderhalle, Kesselschmiede, Rohrwerkstatt etc.) wurden besonders im Norden und Nordosten um die Lokomotivhalle herum angeordnet. An der Westseite entstanden straßenbegleitend an der Werkstättenstraße seit 1901 Wohnhäuser für Meister und leitende Beamte, die Werkseingänge, Spritzenhaus, Kantine, Verwaltung, Badehaus, Lehrwerkstatt und das Ledigenheim.

Da Lokomotiv- und Wagenhalle durch Kriegsschäden und Baumaßnahmen nach 1945 in ihrer Aussagekraft deutlich geschmälert wurden, werden beide Hallen als erhaltenswerte Bausubstanz eingestuft. Das Kesselhaus von 1948, Hauptmagazin und Wasserturm sind denkmalwerte Objekte.


Werkstätten-Hauptmagazin, 1903

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Magazingebäude. Foto: 2008
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Stahlbetonskelettbauweise mit zwei Stützenreihen im Gebäudeinneren
Das Magazingebäude ist ein 2 1/2-geschossiger Stahlbetonskelettbau mit flachem Satteldach auf Rechteckgrundriß. Das Gebäude ist vollständig unterkellert. Die Fassaden werden gegliedert durch Wandvorlagen, zwischen denen jeweils zwei Fensterachsen zusammengefasst sind. Das Gebäude hatte ursprünglich 14 Fensterachsen. Später wurden im Süden 4 Achsen dazu gefügt. Die zurückliegenden, in Ziegelmauerwerk erstellten Außenwände sind verputzt, die ursprünglich steinsichtigen Wandvorlagen im Ziegelton gestrichen. Auch die Giebeldreiecke mit Treppenfriesen unter den Ortgängen und die zugesetzten Rundfenstern waren, wie die Wandvorlagen, steinsichtig und sind heute in Ziegelfarbe gestrichen. Die großen Fensteröffnungen der Haupt- wie auch die kleineren Öffnungen des Drempelgeschosses sind segmentbogig geformt. Jeweils vier Fensteröffnungen im Erd- und Obergeschoß sind zugemauert. Die Fenster selbst sind überwiegend mit Ganzglasscheiben erneuert. Nur die Drempelfenster zeigen noch die ursprüngliche Teilung. An beiden Traufseiten gab es teilweise erhaltene Rampen mit Überdachungen in Stahlkonstruktion.

Die besondere Bedeutung des Hauptmagazins ergibt sich aus der Stahlbetonskelettbauweise mit zwei Stützenreihen im Gebäudeinneren. Das Gebäude wird im Ursprungsbau unter dem Dach überspannt durch Stahlbinder. Die Dacheindeckung besteht aus Betondielen mit Dachpappe.


Wasserturm, 1903

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links der Wasserturm, rechts das Hauptmagazin. Foto: 2008
Der Wasserturm hat einen 4-geschossigen in roten Ziegeln gemauerten Turmschaft. Das Erdgeschoss ist durch ein breites Gesims mit Klötzchenfries von den drei Obergeschossen abgesetzt. Auch unter dem Behälter ist ein breites Gesims angeordnet. Die Geschosse werden belichtet durch hohe Rundbogenfenster mit schräg ausgebildeten Sohlbänken. Die Metallsprossenfenster in den Fensteröffnungen sind erhalten.

Der gemauerte Turmschaft trägt einen Intzebehälter mit einem Fassungsvermögen von 300m3 und einem Durchmesser von 9,0 Meter. Der aus Stahlblech erstellte Behälter wird eingehaust durch eine weiß gestrichene Konstruktion aus Stahlprofilen mit Putz-/Rabitzwandflächen. Diese den Behälter in einem Abstand von etwa 0,8m vorgehängte Schutzeinhausung ist mit dem Turmschaft durch eine weich geschwungene Kehle verbunden. Der Behälter wird durch ein Zeltdach mit Lüftungsaufsatz überdacht. Der Turm ist bis zur Traufe des Zeltdaches 25,0 Meter hoch.

Der Wasserturm hatte auf drei Geschossebenen mit massiv ausgebildeten Kappendecken Brausen- und Wannenbäder und diente als Badeanlage für einen Teil der Beschäftigten. Die Sanitäranlagen sind nicht erhalten; Podeste und Entwässerungsrinnen der Badewannen aber noch erkennbar. Einläufige, gewendelte Treppen aus Basaltlava-Blockstufen vermitteln zwischen den Geschossen.


Kesselhaus, 1948

Das Kesselhaus ist ein Backsteinbau mit flach geneigtem Satteldach(Dachneigung 5°) und Entlüftungsaufbau im Firstbereich. Die Außenwände werden innen verstärkt durch eine Stahlkonstruktion mit aussteifenden, zu Andreaskreuzen zusammengefassten Diagonalstreben. Das Gebäude wird mit fast über die gesamte Gebäudehöhe reichenden, vertikalen Fensterbändern(3 zu 6 Achsen) mit vorspringenden schlanken Backsteinstreifen belichtet. Teilweise sind die Fensterbänder zugemauert.

Das Gebäude wurde errichtet auf den Resten des alten Kesselhauses, von dem der Keller erhalten ist.

Im Inneren ist das Kesselhaus durch eine Betondecke in zwei Geschosse unterteilt. Das Sockelgeschoss mit schweren Betonstützen diente zur Entsorgung der Kesselasche. Die Aschebunker ragen mit Ausfüllstutzen in das Sockelgeschoss hinein. Die Gleise und Drehscheiben der Aschewagen sind erhalten.

Vom Sockelgeschoß führen einläufige Stahltreppen zum Kesselgeschoß. Neben diesen Treppen befinden sich auf der Kesselebene verglaste Aufenthaltsbuden für das Bedienungspersonal.

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Kessel 1, Kesselhaus
Zur denkmalwerten Ausstattung gehören auf dem Kesselgeschoß die Kessel 1 und 2. Der Kessel 1 wurde 1949 von der Fa. Babcock/Oberhausen gefertigt. Es ist ein Wanderrostkessel mit erhaltener Kohlezuführung aus Stahlblechrutsche und Stahlbeton-Kohlebunker. Der Kessel ist mit in Stahlfachwerkbauweise mit Ziegelmauerwerk in den Ausfachungen eingehaust.

Auch Kessel 2 wurde 1949 gefertigt und ist gleichartig wie Kessel 1 ausgebildet. Der Kessel wurde jedoch später auf Gasheizung umgestellt. Der Betonbunker ist wie bei Kessel 1 erhalten, die Kohlezuführung wurde jedoch demontiert.

Zu beiden Kesseln gehören Gebläse und Blechschornsteine, die durch das Dach hindurch stoßen und dieses um etwa 8,0 Meter überragen.

Unmittelbar in räumlichem Zusammenhang mit den Werkstätten entstanden drei Wohnhäuser und das Ledigenwohnheim. Die Wohnhäuser säumen die Zufahrtsstraße zu den Werkseingängen des Ausbesserungswerks. Das Ledigenheim wurde im weiteren Verlauf dieser Straße als südlicher Abschluss errichtet und war über die Fußgängerbrücke mit der jenseits der Gleise 1903-08 erbauten Eisenbahnersiedlung und der Stadt Opladen verbunden.


Wohnhaus Werkstättenstraße 9|11

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Wohnhaus an der Werkstättenstraße 9|11. Foto: 2008
Dreigeschossiger Putzbau über Kellergeschoß mit Satteldach. Das für 12 Wohnungen erbaute Gebäude ist wie ein Doppelhaus für Mietwohnungen mit zwei an der Hofseite liegenden Eingängen organisiert. Zur Straße sind die jeweils 6-achsigen Hauseinheiten durch Mittelrisalite mit Dreiecksgiebeln gegliedert. Das Erdgeschoß ist vollständig verputzt mit Scheinfugen zur Andeutung von Natursteinmauerwerk. Sockel und Obergeschosse sind durch kräftige Horizontalgesimse vom Erdgeschoß abgesetzt. In den Obergeschossen werden die Putzflächen durch geschoßweise variierende Backsteinflächen und –bänder gegliedert. In der Grundrissausbildung fällt die Ausstattung jeder Wohnung mit WC, Spül- und Besenraum, zwei Stuben und einer großen Wohnküche auf. Die Räume waren von einem kleinen Flur aus erschlossen. Die größere Stube war als gefangener Raum nur über die Küche zugänglich.


Wohnhaus Werkstättenstraße 13|15

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Wohnhaus an der Werkstättenstraße 13|15. Foto: 2008
In der Grundform gleichartig wie das haus 9/11 aufgebautes Wohnhaus für 12 Wohnungen. Im Unterschied zum vorgelagerten Haus 9/11 sind die Außenformen aber als reine Backsteinarchitektur ausgebildet. Auch bei diesem Haus sind die Geschosse unterschiedlich gestaltet, mit Rundbogenfenster im Erdgeschoß, Segementbogenfenstern im 1. Obergeschoß und Spitzbogenfenstern im 2. Obergeschoß. Alle Fensteröffnungen sind tief zurückliegend ausgebildet, teilweise in Blendrahmen eingebunden und sind mit schräg ausgebildeten Fenstersohlbänken versehen. Auch die Gesimse sind mit diesen Schrägflächen gestaltet. An den Seitengiebeln befinden sich treppenförmige Ortganggesimse.


Wohnhaus Werkstättenstr. 17

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Wohnhaus an der Werkstättenstraße 17. Foto: 2008
Zweigeschossiger Backsteinbau über Kellergeschoß mit Satteldach. Der Zugang erfolgt von der Seite über eine einläufige Treppe. Die Straßenfassade ist aufgeteilt in einen 3-achsigen Hauptteil und eine Seitenachse mit in der Höhe versetzt zu den Hauptgeschossen angeordneten Fenstern. Die geputzten Fassadengliederungen mit Wandpilastern, Fensterumrahmungen mit angedeuteten Schluß- und Klobensteinen und Verdachungen sind im Stil der Neorenaissance gestaltet. Die Fensteröffnungen sind überwiegend als Rechteckformate ausgeführt. Stockwerksgesimse und ein gestuftes Ortganggesims sind weitere Gliederungsmittel.


Ledigenheim, 1907
Architekt: Peter Klotzbach

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Wohnhaus, Ledigenheim. Foto: 2008
Das Ledigenheim ist ein lang gestreckter, zweigeschossiger Putzbau mit in Ziegeln abgesetzter, bis zur Sohlbank der Erdgeschoßfenster reichender Sockelzone. Der Baukörper ist im wesentlichen in drei Abschnitte gegliedert: der 11-achsige Bettentrakt im Norden, ein Zwischenbau mit Eingang zum Bettentrakt und Speisesaal, und einem in der Baumassenverteilung winkelförmig ausgebildeten Gasthaus mit giebelständigem Speisesaal und einem von der Straße um eine Fensterachse zurückspringenden Küchentrakt. Im Winkel zwischen Speisesaal und Küche befindet sich ein eingeschossiger Eingangsbau zur separaten Erschließung des Speisesaales.

Der Bettentrakt ist im Baukörper gegliedert durch zwei übergiebelte Seitenrisalite und einer nach Art einer Fledermausgaube ausgebildeten Giebelform in der Mittelachse. In dieser Mittelachse befand sich ein heute zugesetzter separater Eingang zum Bettentrakt mit Treppenhaus zur Erschließung von Ober- und Dachgeschoß. Die Fensteröffnungen sind überwiegend als Rechteckformate mit leicht erhabenen ausgebildeten Fensterumrahmungen ausgebildet. In den Giebeln des Bettentraktes befinden sich Rundfenster und im Giebel über der Mittelachse ein Fensterband aus vier schmalen Fensteröffnungen mit kräftigen Fensterstöcken zwischen den Öffnungen. Die Schleppgauben im Dach sind spätere Zutaten.

Der zweihüftig ausgebildete Grundriss erschloss über Mittelgänge Schlafräume mit ein bis vier Betten für insgesamt 72 unverheiratete Arbeiter. Auf jedem Geschoß befanden sich Trocken-, Putz-, Wasch- und Aborträume.

Der Speisesaal war mit 140 bis 170 Plätzen auch für Arbeiter gedacht, die nicht im Ledigenheim wohnten. Von der Ausstattung mit bleiverglasten Fenstern im Speisesaal, Holzverkleidung der Wände bis auf zwei Meter Höhe, Holzfußboden und Trinkwasser-Wandbrunnen aus Marmor sind keine Reste erhalten. Im 1. und 2. Geschoß waren drei Wohnungen für den Verwalter und das Küchenpersonal untergebracht.


Bedeutung

In allen Phasen der Eisenbahngeschichte spielte das Werkstättenwesen eine bedeutende Rolle. Schon 1835 bei der Eröffnung der ersten Eisenbahn in Deutschland von Nürnberg nach Fürth gab es am Bahnhof Nürnberg „Remisen“ zur Instandsetzung der Lokomotiven und Wagen. In den 1840er und 1850er Jahren waren die Werkstätten noch in unmittelbarer Nähe der Bahnhöfe angeordnet. Seit 1860 wurde die Anlage von Haupt- oder Zentralwerkstätten empfohlen. Zu den Großanlagen in Westdeutschland gehörten die Werkstätten in Witten und Köln-Nippes. Die Eisenbahn Haupt- und Zentralwerkstätten der Zeit um 1900 waren wie große Fabriken für Belegschaften von mehreren 1000 Arbeitern ausgebildet mit Hallenbauten, die zu den größten der damaligen Industriewelt zählten. Mit den Rationalisierungen und Zentralisierungen der 1920er und 1930er Jahre, erlebten die von Stilllegungen verschonten Standorte noch einmal eine Bedeutungssteigerung.

Das Ausbesserungswerk Opladen war von vorn herein als mustergültige, modellhafte Anlage konzipiert. Die für das Bau- und Verkehrsmuseum Berlin gefertigten Modelle belegen dies. Das spiegelt sich in den Architekturformen der Lokomotiv- und Wagenhallen aber auch in der Ausformung der zentralen Einrichtungen.

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Wasserturm. Foto: 2008
Geprägt sind von der allgemein hohen Architekturqualität der Gründungsanlage auch der Wasserturm und das Hauptmagazin. Der Wasserturm ist darüber hinaus generell auch für die Geschichte der Wasserversorgung mit den prägenden Innovationen des Aachener Ingenieurs Otto Intze bedeutend. Eine Besonderheit ist die Einrichtung von Dusch- und Badeeinrichtungen auf den massiv ausgebildeten Geschoßebenen des Wasserturms. Dadurch bedingt sind die für einen Wasserturm ungewöhnlich groß ausgeführten Fenster.

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Hauptmagazin. Foto: 2008
Das Hauptmagazin ist zunächst als Baugattung interessant, weil in der rationellen Bündelung der Bestell-, Qualitätsprüf- und Lagerfunktionen ein in der Zeit um 1900 wichtiger Rationalisierungseffekt zeugnishaft zum Ausdruck kommt. Es war kein Zufall, das eines der Hauptwerke der Industriearchitektur des 20. Jahrhunderts durch das Hauptlager der Gutehoffnungshütte von Peter Behrens 1921-25 entstand. Die Präsentation des für das Ausbesserungswerk Opladen entstanden Hauptmagazins im Bau- und Technikmuseum Berlin verweist auch hier auf die diesem Bau zugemessene Bedeutung.

Der nach amerikanischem Vorbild erreichte Rationalisierungseffekt des Hauptmagazins wird in Opladen durch die Nutzungsbeschreibung deutlich: Die in den Werkstätten gebrauchten Materialien und Werkzeuge wurden von eigens dafür eingestellten Arbeitern an den sieben Ausgabestellen des Magazins abgeholt. Den qualifizierten Maschinenbauern in den Werkstätten wurden damit Wege- und Wartezeiten erspart. Sie sollten sich auf ihre Arbeit konzentrieren. Ihnen war daher auch der Zutritt zum Magazin ausdrücklich untersagt.

Das Gebäude des Hauptmagazins war nur für leichte Materialien ausgelegt. Schwere Güter wurden in benachbarten Schuppen und auf einem zugehörigen Freigelände gelagert. Durch die Beschränkung auf Leichtmaterialien waren im Hauptmagazin als Magazinarbeiter nur Frauen beschäftigt. Damit konnte das Problem des Arbeitskräftemangels umgangen werden, zudem waren Frauen billigere Arbeitskräfte und erwiesen sich für bestimmte Fertigungsarbeiten(Lichtpatronen, Schmierpolsterkissen, Dochtöler, Fenstergurte, Gardinen etc.) als das für diesen Arbeitsbereich geeignetere Personal.

Das Hauptmagazin wurde in der zukunftsorientierten Stahlbetonskelettbauweise erstellt. Die ausführende Firma Wayss&Freytag führte diesen Bau lange unter ihren Referenzobjekten. Es ist ein Pionierbeispiel des Betonbaus.

Von großer Bedeutung waren die Wohnanlagen. Generell waren die Boomjahrzehnte im Zeitalter der Industrialisierung durch Wohnungsmangel gekennzeichnet, weil der private Wohnungsmarkt gerade bei der Ansiedlung großer Werke im ländlichen Bereich nicht so schnell auf den sprunghaft steigenden Bedarf reagieren konnte. Dieses Problem galt auch für die Situation in Opladen. Die Eisenbahnverwaltung war gezwungen, für die Anwerbung von Facharbeitern Wohnraum anzubieten. Der Hauptteil der Siedlung entstand östlich der Gleisanlagen und ist bereits in die Denkmalliste eingetragen worden. Die Wohnhäuser an der Werkstättenstraße gingen der Siedlung voraus. Die Häuser entsprechen sehr weitgehend den in der Siedlung verwirklichten Typen und sind insofern als Muster- oder Modellhäuser für die spätere Bautätigkeit im Wohnungsbau des Ausbesserungswerks Opladen zu verstehen. Für diese Bauten gelten die gleichen Bedeutungsmerkmale: es sind Beispiele für den nach 1900 verstärkt zu beobachtenden Übergang von der Cottagebauweise zum Geschoßbau und für den Willen zur Schaffung abwechslungsreicher und dadurch attraktiver Architekturen im Siedlungsbau. Zudem verdeutlichen die Häuser insgesamt die für das 19. Jahrhundert typische enge Nachbarschaft von Industriebauten und Arbeiterwohnungsbau.

Auch das Ledigenwohnheim ist in diese Zusammenhänge einzuordnen. Es verweist zudem auf die Notwendigkeit zur Unterbringung lediger Arbeiter und auf die Form, wie dieses Problem im 19. und frühen 20. Jahrhundert auch bewältigt werden sollte. Die Ledigenwohnheime waren eine Antwort auf das berühmt-berüchtigte Schlafgängerwesen, das zwar einerseits den Vermietern zusätzliche Einnahmen brachte, andererseits aber die Wohnverhältnisse verschlechterte. Zugleich befürchtete man durch das Schlafgängerwesen negative Auswirkungen auf Sitte und Moral, schuf mit den Ledigenheimen, die zuweilen im Volksmund auch als „Bullenklöster“ galten aber sicher auch neue Probleme. Das Ledigenheim ist zudem das Werk eines regional bekannten Architekten und ein Beispiel für die Bedeutung neobarocker Bauformen in jener Zeit der Übergangsstile zur Klassischen Moderne.

Weiterhin hatte das Ausbesserungswerk Opladen auch allgemein auf das Wachstum von Opladen erhebliche Auswirkungen und ist daher auch in dieser Hinsicht als orts- und stadtbaugeschichtlich bedeutend.


Literatur

• 50 Jahre Bundesbahn-Ausbesserungswerk Opladen, Darmstadt 1953
• Buddensieck, Heinrich/ Biebrach, Hans-Jürgen/ Tietze, Christian u. a.: 75 Jahre Bundesbahn-Ausbesserungswerk Opladen 1903-1978, Leverkusen 1978
• Kaiß, Kurt: Das Bahnbetriebswerk Opladen (Rheinisch-Bergische Eisenbahngeschichte Heft 4), Leverkusen 2002
• Kaiß, Kurt: Das Eisenbahn-Ausbesserungswerk Opladen, Bd. 1 1903-1945, Leichlingen 2006
• Paffrath, Herbert: Professor Peter Klotzbach, ein bergischer Baumeister. In: Land an Rhein und Wupper, Heimatkalender 1963, S.64-70
• Schwarzer: Innere Einrichtung und Betrieb des Werkstätten-Hauptmagazins Opladen, in: Glasers Annalen für Bewerbe und Bauwesen 1908, No. 742, S. 205ff