Zeche Victoria entstand aus einer Vielzahl kleiner und kleinster Stollenzechen, im Deilbachtal, die im Feld dieses Bergwerkes schon seit dem 18. Jahrhundert Kohle abbauten. Für 1861 und 1864 sind Konsolidationsurkunden überliefert, nach denen unter dem Namen Victoria folgende ältere Zechen vereinigt wurden: Freundschaft, Friedrich Anton, ver. Himmelscroner Erbstollen, Himmelscrone, Siegeswagen, ver. Neuglück, Bescheidenheit. Von diesen Zechen wurden bei einer Neuvermessung 1889 zehn Stollenmundlöcher, ein Röschenmundloch und sechs Wetterüberhauen aufgenommen. Wichtigster Stollen, weil zunächst zur Förderung von Victoria genutzt, war der Himmelscroner Erbstollen, dessen Anlage auf Gründung der gleichnamigen Zeche von 1847 zurückgeht.
Zeche Victoria bot anfangs das typische Bild einer Stollenzeche. Der Förderstollen unterquerte die Nierenhofer Straße und endete mit seinem Stollenmundloch in einem Gebäude, dessen Rückwand direkt an der Straße lag. Aus dem Gebäude führte eine Schienenbahn zu einer Ladebrücke an der Prinz-Wilhelm-Bahn, deren Trasse in nur 80 Metern Entfernung lag. Dicht an der Überbauung des Stollenmundloches lagen Zechenhaus und ein Gebäude für Werkstätten und Magazin. Bis in die Mitte der 1880er Jahre blieb dieses Bild einer bescheidenen Stollenzeche erhalten. 1885 wurde mit 19 Beschäftigten 630 t Kohle gefördert.
Wohl ausgehend von Planungen um 1884 wurden weit oben am bewaldeten Nordhang über dem Deilbach eine neue Schachtanlage mit dem tonnenlägigen Schacht Wilhelm (Teufbeginn 1890, Förderung 1893) und 1887, verbunden mit diesem Schacht durch eine Kettenförderung direkt an der Prinz-Wilhelm-Bahn eine Wäsche mit Preßnußkohlen und Brikettfabrik errichtet. Etwa auf halber Strecke zwischen Schacht Wilhelm und den Bauten im Tal entstand 1890 der erhaltene Wetterkamin.
Die Anlage der 1890er Jahre genügte nicht lange den Anforderungen und Möglichkeiten dieses Bergwerksbetriebes. Zwischen 1909 und 1913 entstand im Tal, unmittelbar im Anschluß an die Brikettfabrik eine neue Doppelschachtanlage. Der Förderschacht erhielt als Fördergerüst einen Tomson-Bock. Zur Schachtanlage gehörten ferner ein Zentralmaschinenhaus, Kesselhaus, Werkstätten und das erhaltene Kauen- und Verwaltungsgebäude von 1910. Gleichzeitig mit dieser Doppelschachtanlage wurde der Wetterschacht oben am Hang mit einem Ventilator ausgestattet. Der tonnlägige Schacht Wilhelm wurde 1913 stillgelegt und nach gut 25jähriger Existenz 1919 verfüllt. Die neue Doppelschachtanlage brachte einen erheblichen Produktionssprung. Schon 1913 wurden mit 510 Beschäftigten 122.578 t gefördert und 1920 erreichte das Bergwerk die größte Leistungskraft mit 865 Mann und 145.253 t geförderter Kohle.
Trotz des relativ neuzeitlichen Erscheinungsbildes ist der Stollen von großer ortsgeschichtlicher Bedeutung. Er tradiert zumindest den Standort einer Stollenzeche, die in Verbindung stand mit dem Bauernhof Deilmann und auch einen Sinnzusammenhang mit dem erhaltenen Eisenhammer und dem Kupferhammer im Deilbachtal bietet.
Die fünfachsige Straßenfassade des Kauentraktes ist zusätzlich betont durch einen Mittelrisalit mit geschweiftem Giebel (teilweise gekappt). Die später erneuerten Fenster waren ursprünglich im Erdgeschoß aus Holz und im Obergeschoß aus Eisen oder Stahl. Die Haupterschließung des Gebäudes erfolgt von den beiden Giebelseiten. Hinter dem Eingang lag die ehemalige Lohnhalle. Von dort führt eine breite Steintreppe ins erste Oberschoß zur Lampenstube. Ein Mannschaftsgang stellte die Verbindung her zwischen Lampenstube und Schachthalle. Die Hakenkaue mit Duschanlagen erstreckte sich hinter der Lampenstube im Obergeschoß des Haupttraktes. Im Erdgeschoß befanden sich die Büros und im Sockelgeschoß Nebenräume, Magazin und Totenkammer.
• Buschmann, Walter: Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenbergbau, Berlin 1998
• Friedrich Carl Devens, Statistik des Kreises Essen für die Jahre 1859-1861, Essen 1863
• Führer durch die rheinisch-westfälische Bergwerks-Industrie. Mit zahlreichen Situationsplänen, Profilen, graphischen Darstellungen und einer Übersichtskarte. W. Forschpieper (Hg.), Oberhausen 1880
• Gerhard Gebhardt, Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen, Essen 1957
• Wüstenfeld, Gustav Adolf: Frühe Stätten des Ruhrbergbaus, Witten 1975.
• Kurt Pfläging, Die Wiege des Ruhrkohlen-Bergbaus. Die Geschichte der Zechen im südlichen Ruhrgebiet, Essen 1987
• Carl Koschwitz, Die Hochbauten auf den Steinkohlenzechen des Ruhrgebietes (= Beiträge zur Landeskunde des Ruhrgebietes Heft 4), Essen 1930
• Wilhelm und Gertrude Hermann, Die alten Zechen an der Ruhr, Königstein/Taunus 3. Aufl. 1981
• Joachim Huske, Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier, Bochum 1987
• Geschäftsberichte Gewerkschaft Victoria, 1903-1920
• Kupferdreh auf Kohle und Stein, Essen 1983
• Kupferdreh in 9 Jahrzehnten, Essen 1987
• Almanach der Heimat. Im tausendjährigen Steele, Essen-Steele 1951