Zeche Königin Elisabeth Schacht Emil
Essen, Helenenstr. 110
Walter Buschmann
Zeche Königin Elisabeth Schacht Emil


Gegründet auf erfolgreichen Mutungsbohrungen des Essener Kaufmanns Johann Wilhelm Butenberg, ging das Bergwerk Königin Elisabeth - benannt nach der Gattin des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm IV. - 1844 aus Konsolidation der drei Felder Joachim, Wilhelmsthal und Elise hervor. 1847-50 entstand der Schacht Wilhelm mit einer zeittypischen Schachthausanlage, die durch eine Lithographie von 1858 überliefert ist. Königin Elisabeth war 1852 die größte Zeche des Ruhrbergbaus und konnte bis 1864 eine Spitzenposition unter den Zechen im Revier halten.

Um 1871 wurde Schacht Wilhelm mit einem Malakowturm ausgestattet (nicht erhalten) und die Übertageanlagen erneuert.

Bis etwa zur Jahrhundertwende wurde Schacht Wilhelm ergänzt durch die beiden Doppelschachtanlagen Friedrich Joachim (1869-72 und 1901-04) und Hubert (1896-98 und 1898-1903). Ein separater Wetterschacht auf der Frillendorfer Höhe (1878/79) komplettierte das Bergwerk, das 1905 mit 2160 Bergleuten etwa 640.000 t Kohle förderte.

Nahe des Gründungsschachtes Wilhelm wurde 1910 Schacht Emil angesetzt und kam 1912 in Förderung. Obgleich getrennt durch zwei Eisenbahndämme, bildeten Wilhelm und Emil eine zusammengehörige Schachtanlage. Die auf Emil geförderte Kohle wurde mittels Kettenbahn zu der am Schacht Wilhelm angeordneten Aufbereitung transportiert. Emil war fortan Förderschacht, während Wilhelm nach 1912 nur noch als Wetterschacht diente.


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Lageplan mit den Schächten Wilhelm und Emil aus dem Jahr 1925
Während der Fertigstellung des Schachtes Emil übernahm die Mannesmannröhren Werke AG Ende 1912 den größten Teil der Kuxe des Bergwerkes. Mannesmann hatte zur Lösung der "Kohlenfrage", die besonders seit Inbetriebnahme der Stahlproduktion in Siemens-Martin-Öfen dringlich wurde, mehrere Zechen auf mögliche Übernahme geprüft und sich dann für Königin Elisabeth entschieden, die damals zu den "feinsten" Zechen des Reviers gezählt wurde. Mannesmann und Königin Elisabeth mit einer Belegschaft von 3445 Mann und einer Jahresförderung 1913 von 1,254 Mio t Kohle galten als "ebenbürtige Komparenten". 1915/16 erwarb Mannesmann auch den Rest der Anteile an der Zeche Königin Elisabeth, die damit Teil des Mannesmann-Konzerns wurde, wie später auch die Zechen Unser Fritz in Herne (1918) und Consolidation in Gelsenkirchen (1922).

Nachdem auf der Schachtanlage Hubert schon 1928 die Förderung eingestellt wurde, kam Wilhelm/Emil 1955 zur Zeche Katherina. Die Tageanlagen wurden erst 1962 stillgelegt, der Malakowturm vom Schacht Wilhelm 1978 abgebrochen. Friedrich Joachim war 1966 stillgelegt worden.

Bemerkenswerte bauliche Reste der Zeche Königin Elisabeth blieben nur auf den Schachtanlagen Friedrich-Joachim, Hubert und Emil erhalten.



Verwaltungs- und Kauengebäude/Fördermaschinenhaus Schacht Emil 1911-13; Arch.: Alfred Fischer

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Das Betriebsgebäudes in einem Foto von 1913
Der direkt an der Elisabethstraße stehende, langgestreckte Backsteinbau vereinigte, bedingt durch die beengten Grudstücksverhältnisse, eine ungewöhnliche Kombination von Funktionen unter einem Dach: es diente gleichzeitig als Verwaltungs- und Kauengebäude und als Halle für eine elektrische Fördermaschine mit zugehörigem Umformer. Nach Wahl des Schachtstandortes mit dem schmalen Grundstückszuschnitt war die Disposition der Anlage weitgehend festgelegt. Der für den Entwurf zugezogene Alfred Fischer, der damals gerade in Essen die Leitung der örtlichen Handwerker- und Kunstgewerbeschule übernommen hatte, mußte sich innerhalb dieses festgelegten Rahmens bewegen. Fischer war jedoch nicht nur mit der Fassadengestaltung beauftragt, sondern legte im Oktober 1911 auch einen Entwurf für den Grundriß vor, der im wesentlichen realisiert wurde.


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Grundriss des Betriebsgebäudes von 1912
Die Differenzierung des Gebäudekörpers verdeutlicht das innere Nutzungsgefüge: die westlich gelegene, zum Schacht orientierte Halle für die Fördermaschine und die östlich das Gebäude abschließende Halle für die Hakenkaue sind in zwei pavillonartigen Kuben mit hohen Walmdächern untergebracht; der niedrigere, leicht aus der Straßenflucht zurückspringende Mitteltrakt beherbergt Lohnhalle, Lampenstube und Büros. Die Büronutzung mit den Räumen für Direktion und Betriebsführer zieht sich rückwärtig noch in den Kubus für die Fördermaschinenhalle hinein. Folgerichtig erfolgt der Hauptzugang über eine einläufige Freitreppe von der westlichen Schmalseite des Gebäudes, die der nicht erhaltenen Schachthalle mit Fördergerüst direkt gegenüber lag. Ein weiterer Gebäudezugang, ebenfalls mit breiter, einläufiger Freitreppe, liegt an der Rückseite des Gebäudes und erschließt mit zwei Türen (getrennt für ein- und ausfahrende Mannschaften) Lohnhalle und Kaue. Der Gebäudezugang an der Straßenseite ist nachträglich angelegt worden.
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Ansicht des Betriebsgebäudes in einem Foto von 1982
Fischer plante parallel zur rückseitigen Trauffassade einen überdeckten Gang, der die Bergleute zumindest teilweise vor Witterung geschützt hätte. Geschlossene Gänge zwischen Kaue und Schachthalle gehörten eigentlich seit der Jahrhundertwende zum Standard von Zechenanlagen in Deutschland, um die mit nasser und verschwitzter Kleidung ausfahrenden Bergleute vor Erkältungs-krankheiten zu schützen. Schon die Planung von Fischer, die zwar einen entsprechenden Gang vorsah, diesen aber am westlichen Seitengiebel enden ließ, verwies auf die Problematik der für den Schacht Emil gewählten, bzw. erzwungenen Grunddisposition. Bei Umsetzung des Entwurfs von Fischer in die vom Baubüro der Zeche erstellten Bauantragszeichnungen wurde dann sogar völlig auf einen solchen Gang verzichtet.

Bei der Gliederung der Außenfassaden verzichtete Fischer auf eine sonst in dieser Zeit noch übliche Anlehnung an eine historische Stilrichtung. Über dem Sockelgeschoß sind die Rechteckfenster in ein System rückspringender Wandfelder eingefügt. Die mehrfach gestuften Traufgesimse verdecken die Dachansatzpunkte und unterstreichen den kubischen Gesamtcharakter der Anlage. Die zahlreichen Dachgauben zur Belichtung und Belüftung des Dachraumes sind überwiegend nicht erhalten. An der westlichen Schmalseite diente eine dieser Gauben als Auslaß des oberen Förderseiles.


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Außenansicht des Betriebsgebäudes in einem historischen Foto von 1913 ca.
Im Inneren sind Spuren der ursprünglichen Ausstattung wie einige Schalterfenster im Bereich der Lohnhalle und der Fliesenbelag in Lohnhalle und Fluren erhalten. In der Fördermaschinenhalle ist der handbediente Kran mit Laufkatze überliefert. Die riesigen Dächer werden getragen von mächtigen Stahlbindern in Nietkonstruktion, die nach Art der Polonceau-Träger ausgebildet sind. Bei der 1984/85 durchgeführten Umnutzung des Gebäudes überwiegend zu Wohnzwecken konnten ursprüngliche Raumdisposition und Ausstattung erhalten werden.


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Querschnitte des Bauantrags von 1912 mit Darstellung der Polonceau-Binder
Das westlich dem Betriebsgebäude unmittelbar vorgelagerte Fördergerüst mit Schachthalle ist nicht erhalten aber durch Fotos und Zeichnungen überliefert. Zumindest für die Straßenfassade der Schachthalle, die im Stil des Betriebsgebäudes gehalten war, lieferte ebenfalls Fischer den Entwurf. Die zwischen Schachthalle und Betriebsgebäude gelegene Markenkontrolle ist ebenfalls nicht mehr vorhanden, während die Toranlage mit einigen anschließenden Mauerresten von Markenkontrolle und Schachthalle (Sockelgeschoß) noch erhalten ist.

Das Betriebsgebäude von Schacht Emil ist ein architekturgeschichtlich überragendes Dokument für die Ablösung des Historismus durch die zur klassischen Moderne führende Sachlichkeit. Die hohe Bedeutung dieses Objektes resultiert nicht zuletzt daraus, dass Alfred Fischer ein Protagonist dieses Wandels war, der in zahlreichen erhaltenen Beispielen, die Alfred Fischer in den 1920er Jahren entwarf (Verwaltungsgebäude des Kommunalverbandes Ruhrgebiet in Essen, Hans-Sachs-Haus in Gelsenkirchen, Förderturm der Zeche Königsborn in Bönen), noch nachvollzogen werden kann.

Literatur

• L. Achepohl, Das niederrheinisch-westfälische Bergwerks-Industrie-Gebiet. 1. Aufl. 1888, 2. Aufl. Berlin 1894
• Wilhelm Busch, Fritz Schupp, Martin Kremmer. Bergbauarchitektur (= Arbeitsheft 13 Landeskonservator Rheinland), Köln 1980
• Busch, Wilhelm: Bauten der 20er Jahre an Rhein und Ruhr (= Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland, Bd. 32), Köln 1993
• Führer durch die rheinisch-westfälische Bergwerks-Industrie. Mit zahlreichen Situationsplänen, Profilen, graphischen Darstellungen und einer Übersichtskarte. W. Forschpieper (Hg.), Oberhausen1880
• Gerhard Gebhardt, Ruhrbergbau. Geschichte, Aufbau und Verflechtung seiner Gesellschaften und Organisationen, Essen 1957
• Wilhelm und Gertrude Hermann, Die alten Zechen an der Ruhr, Königstein/Taunus 3. Aufl. 1981
• Joachim Huske, Die Steinkohlenzechen im Ruhrrevier, Bochum 1987
• Carl Koschwitz, Die Hochbauten auf den Steinkohlenzechen des Ruhrgebietes (= Beiträge zur Landeskunde des Ruhrgebietes Heft 4), Essen 1930
• Mannesmann¬röhren-Werke (Hg.), Steinkohlenbergwerke, Gelsenkirchen o.J. (1952)
• Schneider, Otto Albert: Arbeiten des Architekten Regierungsbaumeister Alfred Fischer, Essen, in: Der Industriebau 4, 1913, S. 77-95.- 11. Spethmann,1947