Bauunternehmung Gebr. Meyer, Köln
Sachsenbergwerft 3


Walter Buschmann
Die Bauunternehmung Gebr. Meyer in Köln-Mülheim


Geschichte

Lageplan Sicherheitshafen Mülheim, 1898.
Entstehung und Entwicklung der Kölner Niederlassung der Bauunternehmung Gebr. Meyer ist sachlich und räumlich eng verbunden mit dem Bau des 1892 bis 1898 entstandenen Mülheimer Sicherheitshafens. Das schon mehr als ein Jahrzehnt zuvor 1879 in Duisburg-Ruhrort entstandene Unternehmen gründete in den 1890er Jahren eine Zweigniederlassung in Köln und siedelte sich am südlichen Kopf des Westbeckens im Mülheimer Sicherheitshafen an.

Anfangs für Aufgaben im Hochbau gegründet, wendete sich das Unternehmen durch die gute Auftragslage für Hafenbauten in Ruhrort und Duisburg immer stärker dem Tiefbau zu. Ausgeführt wurden Ufermauern- und bauten, Brückenunterbauten, Gründungsarbeiten, Arbeiten zur Regulierung des Rheinlaufs, Eisenbahn- und Brunnenbau. Schon in den 1880er Jahren wurden die Anfänge für einen immer größer werdenden Fahrzeug- und Gerätepark zur Ausführung der Wasserbauten gelegt, beginnend mit einem Schwimmkran, kleinen Schleppdampfern zum Schleppen von Nachen und Maschinen und Entleerungsgeräten. Die Ansiedlung in Köln hing zusammen mit Aufträgen zum begonnenen Rheinauhafen(ab 1892). Auch am Bau der Häfen Köln-Mülheim(ebenfalls ab 1892) und Köln-Deutz (ab 1904) war das Unternehmen beteiligt. War mit der Ansiedlung in Köln zunächst noch eine Aufgabenteilung mit einer Abteilung Hochbau in Duisburg-Ruhrort und einer Abteilung für Tief- und Wasserbauarbeiten in Köln verbunden, wurde 1908 der Hochbau völlig aufgegeben. Das Unternehmen führte auch Wasserbauarbeiten im Floßhafen Mainz, im Hafen Karlsruhe und im Rheinhafen Emmerich, später auch in Ludwigshafen, Neuß, Köln-Niehl und Wesseling durch. Für diese Wasserbauarbeiten wurde eine beachtliche Anzahl schwimmender Geräte angeschafft. Die Niederlassung des Unternehmens direkt an einem Hafen war daher nahe liegend.

Wann die ersten Bauten für die Bauunternehmung Gebr. Meyer am Südkopf des Mülheimer Hafens genau entstanden sind, lässt sich mit Sicherheit nicht bestimmen. Nachgewiesen ist 1914 eine Bauerlaubnis zur Errichtung von Verladeeinrichtungen im Mülheimer Hafen für die Fa. Gebr. Meyer (HAStK 871, Nr. 129) und der „Übersichtsplan der Stadt Köln“ weist für 1914 am Firmenstandort eine kleine Gruppe von vier Gebäuden aus. Für die 1920er Jahre berichtet die Festschrift zum 50jährigen Firmenjubiläum von einer großen Flotte schwimmender Geräte: Schwimmbagger, Elevatoren, Schwimmkrane, Dampfer, Rammen, Schuten usw. Zur laufenden Instandhaltung und Überholung dieser Schwimmfahrzeuge wie auch von Feldbahnen- und Trockenbaggergeräten entstanden neue Bauten in Mülheim mit einer Hellinganlage und Werkstattgebäuden mit modernsten Werkzeugmaschinen. Ein Schriftstück in den Akten hält das Jahr 1924 für die Erweiterungsbauarbeiten fest (HAStK 793, Nr. 37). Die erhaltenen Bauten sind mit großer Wahrscheinlichkeit dieser Entstehungszeit zuzuordnen.

Das Unternehmen existierte noch bis 1986. Dann wurden die Gebäude an das Land NRW veräußert. Seither sind mehrere Kleinbetriebe in den Hallen untergebracht. Aus dem baulichen Bestand der ehem. Fa. Gebr. Meyer ist ein Torhaus mit seitlich daran anschließenden Hallenbauten denkmalwert. Die erhaltenen Bauten Im weitesten Sinne muss zur Gesamtanlage der Bauunternehmung Gebr. Meyer auch der südliche Teil des westlichen Hafenbeckens im Mülheimer Sicherheitshafen als Liegeplatz der zum ehemaligen Unternehmen gehörenden Wasserfahrzeuge gerechnet werden. Die Helling als Aufzugsvorrichtung der Schiffe ist jedoch völlig verloren gegangen, so dass Hafenbecken und die südlicher Uferzone nur noch als engere Umgebung der denkmalwerten Bauten zu sehen sind.

Denkmalwert ist die in einiger Entfernung vom Hafenbecken aber durch die Parallellage des Baukörpers zum Becken eindeutig auf die Hafenanlage Bezug nehmende Bauanlage aus Torhaus und flankierenden Werkstatthallen. Es ist eine linear angeordnete, lang gestreckte Gebäudegruppe aus der Zeit um 1925, die zugleich das ehemalige Werksgelände vom öffentlichen Raum trennte. Der Zugang zu den Werft- und Werkstattgebäude erfolgte durch ein großes, schiffkielartig geformtes Tor im außermittig von den zwei Werkstattgebäuden flankierten Torhaus. Der östliche, kürzere Werkstattflügel hat vier Fensterachsen, der westliche Flügel ist mit zehn Achsen mehr als doppelt so lang.

Torhaus von der Stadtseite.
Das Torhaus ist ein zweigeschossiger Backsteinbau mit Walmdach. Das Dach läuft zu den Außenwänden mit Aufschieblingen flach abknickend aus. Der First war ursprünglich bekrönt durch ein turmartiges Belvedere mit spitzem Kegeldach(vgl. Fotos in der Denkschrift von 1929, S. 78 und 79). Die Trauffassaden sind zur Stadt- und Hafenseite mit der mittig liegenden Tordurchfahrt symmetrisch ausgebildet. Das Tor wird an der Stadtseite im Erdgeschoß begleitet durch jeweils drei schmale, Hochrechteckfester und an den Gebäudeaußenkanten durch zwei Erkern auf polygonalem Grundriß(halbe Sechsecke). Im Obergeschoß sind gleichmäßig über die Fassade vier Rechteckfenster verteilt. Die Rückfassade ist auch symmetrisch, aber weniger aufwendig mit je drei hochrechteckigen Fenstern neben der Tordurchfahrt und sieben Fenstern im Obergeschoß gestaltet. In den Fensteröffnungen sind einige Holzfenster und im Obergeschoss Holzfensterläden der Entstehungszeit erhalten geblieben. Das Gebäude wird durch eine zurückhaltende Gestaltung der Backsteinfassaden mit betont hohen Rollschichten über den Fensterstürzen, flächig in die Fassade gesetzten Zierdreiecken über den Erdgeschoßfenstern der Straßenseite sowie den nur leicht angedeuteten Dreiecksspitzen über den Erkern im Sinne des rheinischen Expressionismus gegliedert. In diesen Zusammenhang sind auch die angeschrägten Ecken der Tordurchfahrt einzustufen.

Seitentrakt in Stahlfachwerk. Foto 2018, Jürgen Gregori / Eschweiler
Die beiden rechts und links an das höhere Torhaus anschließenden Werkstattflügel sind gleichartig ausgebildete Stahlfachwerkhallen mit flachen Satteldächern. Vor die eigentliche Fassadenflucht sind zwischen den horizontalen Rechteckfenstern halbsteinstarke Wandvorlagen angeordnet. Die Stahlprofile der Stahlfachwerkfassaden in den zwischen den Wandvorlagen liegenden Wandfeldern sind aufs äußerste reduziert auf Riegel über und unter den Fensterflächen und einen jeweils mittig unter den Fenstern angeordneten Fachwerkstil. Die Fassaden sind als Vorhangfassaden ausgebildet und der inneren Tragstruktur vorgeblendet. Die Wandvorlagen zeigen dabei die Lage der dahinter stehenden Stahlfachwerkstützen an. Zur Hafenseite lassen sich die Werkstattflügel durch große, mit markanten Andreaskreuzen ausgesteifte Rolltore öffnen. Metallsprossenfenster und die original mit Holzplankung versehenen Rolltore sind an dieser Nordseite der Werkstattbauten überwiegend aber nicht mehr vollständig erhalten. Die innere Tragkonstruktion der Hallen besteht aus genieteten Stahlfachwerkstützen aus zusammengesetzten Profilen und ebenfalls genieteten Stahlfachwerkbindern mit Streben- und Ständerfachwerk für die Dachkonstruktion. Teilweise sind im Inneren der Werkstatthallen die Meisterbuden erhalten.


Bedeutung

Die Gebäude der Bauunternehmung Gebr. Meyer sind in zweifacher Weise ein Dokumente des groß angelegten Ausbaus der Kölner Hafenanlagen zwischen 1890 und 1910. Sie sind baulich und städtebaulich Teil des 1892 bis 1896 entstandenen Mülheimer Sicherheitshafens und verdeutlichen den Charakter dieses als Werft- und Industriehafen genutzten Hafentyps. Die Baugruppe ist ein wichtiger Teil der Kölner Hafengeschichte.

Zugleich war die Bauunternehmung Gebr. Meyer am Bau der Kölner Häfen, wie auch an der Entstehung und am Ausbau anderer Häfen beteiligt. Die erhaltenen Gebäude verdeutlichen die Ausformung eines solchen auf Hafenbau spezialisierten Tiefbauunternehmens, dessen wirtschaftliche Existenz an den Betrieb einer eigenen Reparaturwerft gekoppelt war.

Die Werksanlage der Bauunternehmung Firma Gebr. Meyer muss mit Helling und Werkstätten als Reparaturwerft eingestuft werden. Vergleichbar war in Köln nur die direkt benachbarte, 1898 gegründete Werft Gebr. Sachsenberg, die zwar in größerem Umfang sowohl Schiffsbau wie auch Schiffsreparatur betrieb, von der aber keine denkmalwerten Bauten und Anlagen erhalten geblieben sind. Die Bauten der Fa. Meyer dokumentieren daher auch eine sonst nicht mehr in Köln überlieferte Industriebranche.

Torhaus
Architekturgeschichtlich ist auf das zurückhaltend in Formen des rheinischen Expressionismus gestaltete Torhaus hinzuweisen. Diese im Rheinland verbreitete Architekturrichtung mit einer Vorliebe für den Ziegel als Baumaterial, symmetrischen Bauformen, kristallinen, dreieckigen oder übertrieben spitzwinkligen Elementen sowie der Verwendung von Pfeilervorlagen zur Betonung von Vertikallinien wurde besonders auch im Industriebau verwendet.

Interessant ist im vorliegenden Beispiel die Kombination mit den hier spezifisch ausgeformten Stahlfachwerkhallen. Stahlfachwerk war eine besonders im Industriebau aber auch in der Verkehrsarchitektur seit etwa 1870 gebräuchliche Bauweise. Sie vereinigt Gesichtspunkte des ökonomischen Bauens(kurze Bauzeiten, leichte Erweiterbarkeit und Flexibilität bei Umbauten) mit Vorstellungen industrieller Ästhetik. Bekannt und berühmt waren die Industrie- und Verkehrsbauten von Bruno Möhring aus der Zeit 1900-1915 wie etwa die kombinierte Ausstellungshalle der Gutehoffnungshütte und der Gasmotorenfabrik Deutz bei der Kunst- und Gewerbeausstellung in Düsseldorf 1902 und die darauf basierende Maschinenhalle der Zeche Zollern 2/4 in Dortmund. Mit den Bauten von Fritz Schupp und Martin Kremmer wurde das Stahlfachwerk zu einem Inbegriff industrieller Bauweise verbunden mit einer Weiterentwicklung von Formprinzipien des Bauhauses im Industriebau. Als innovatives Stilmittel dieser Architekten muss die Verwendung vorgehängter Stahlfachwerke z. B. für die Zeche Zollverein 12 von 1928-32 verstandenen werden. Durch die weitgehende Trennung von Fassade und Tragstruktur wurden die Fassaden weitgehend unabhängig in der Gestaltung und konnte eigenständigen Formüberlegungen folgen. Mit den Werkstattbauten der Fa. Gebr. Meyer ist ein frühes Beispiel für diese Art der Architektur möglicherweise sogar ein Vorläufer überliefert. Diese Bauten sind daher von hervorragender baugeschichtlicher Bedeutung.


Literatur

Denkschrift zum 50jährigen Geschäftsjubiläum der Firma Gebr. Meyer Bauunternehmung GMBH-Köln, Köln o. J. (1929) Fundort: Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv XIVe 424

Dietmar, Carl/ Rakorczy, Czaba P.: Köln, der Rhein, das Meer, Köln 2002

Führer durch die Industrie- und die Hafenanlagen in Mülheim a. Rhein

Duisburg-Ruhrort  Rheinische Verl. Ges.  1909 

Hermanns, Heinz: Die Handelskammer für den Kreis Mülheim am Rhein(1871-1914) und die Wirtschaft des Köln-Mülheimer Raumes (=Schriften zur Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsgeschichte hg. Rheinisch-Westfälisches Wirtschaftsarchiv Köln Bd. 21), Köln 1969

Klein-Meynen, Dieter/ Meynen, Henriette/ Kierdorf, Alexander: Kölner Wirtschafts-Architektur. Von der Gründerzeit bis zum Wiederaufbau, Köln 1996

Stübben, Joseph u.a.: Neue Werft- und Hafenanlagen zu Köln. Festschrift zum 14. Mai 1898, Köln 1898


Quellen

Historisches Archiv der Stadt Köln(HAStK)

Bestand 737

Nr. 37 Prüfung von Baugesuchen über die Errichtung von Baulichkeiten im Gebiete des Mülheimer Hafens

Bestand 871

Nr. 129 Rheinschiffahrtssachen für die Centralkommission Schiffahrtsabgaben und Strombefahrung