Kölner Baumwollbleicherei
Schweinheimer Str. 66
Walter Buschmann
Die Kölner Baumwollbleicherei


Mühlen und Papiermühlen (rot) an der Strunde
Die Kölner Baumwollbleicherei entwickelte sich aus einer der vielen Mühlen an der rund 13 Kilometer langen Strunde. Bis zu 38 Wassermühlen (lt. Nicke, 1998) wurden entlang dieses östlich von Bergisch Gladbach entspringenden Flusses, der bei Mülheim in den Rhein mündet gezählt. Einige Strundemühlen wurden bereits im 11. Jahrhundert erwähnt. Für die Schweinheimer Mühle finden sich 1322/24 Jahrhundert erste Belege. In dieser Zeit gehörte die Mühle zum Kölner Pantaleonskloster. Die ältesten wassergetriebenen Werke an der Strunde waren Getreidemühlen, die am Unterbach, also unterhalb der Schlodderdicher Mühle in der Regel unterschlächtige Wasserräder hatten. Zu diesen Mühlen am Unterbach wird auch die Schweinheimer Mühle gezählt.

Wie für die anderen Strundemühlen überliefert, wechselte auch bei der Schweinheimer Mühle die Nutzung mehrfach. 1582 gehörte die Mühle "zu Schweinem" zu den 13 Schleifmühlen am Bachlauf. Wichtig waren die Strundemühlen auch früh schon für die Kölner Weber, die außerhalb der Stadtmauern auf die Wasserkraft zum Walken der Tuche angewiesen waren. Die Schweinheimer Mühle war im 17. und 18. Jahrhundert eine Tuch- und Walkmühle. Seit dem 16. Jahrhundert entwickelte sich die Strunde zu einem Zentrum der Papierherstellung im Rheinland. Die erste Papiermühle ist für 1582 in Gladbach überliefert. In der Folgezeit kamen dazu: Neue und Alte Dombach, Schnabelsmühle, Gohrsmühle/Zanders, Cederwaldmühle, Kieppemühle, Kradepohlsmühle/Wachendorff. Die Schweinheimer Mühle gehörte erst vergleichsweise spät zum Kreis der zahlreichen Papiermühlen an der Strunde, wurde 1871 in eine Packpapierfabrik umgewandelt und 1873 noch einmal grundlegend durch den Deutzer Unternehmer Kater für die Herstellung von Papier und Pappe umgebaut. Diese Mühlennutzung hatte aber nur gut 20 Jahre

Die jüngere Geschichte der Mühle ist eng mit der bedeutenden Textilindustrie des Bergischen Landes und der Stadt Kölner verbunden. 1895 übernahm die Firma "Eich & Martin"(später Gebr. Eich) die Anlage und richtete hier eine Baumwollbleicherei ein. Schon ein Jahr nach diesem Funktionswechsel wütete ein Großbrand in den Gebäuden, so dass nun um die Wende zum 20. Jahrhundert die Anlage neu hergerichtet oder erneuert werden musste. Als krönendes Bauwerk dieses Entwicklungsabschnittes entstand 1905 ein Kraftwerk. Das Wasserrad soll just in diesem Zusammenhang 1905 entfernt worden sein. Ob an seine Stelle eine Turbine trat ist ungewiss.

Verarbeitet wurde in der Baumwollbleicherei das aus der Rohbaumwolle gewonnene Linters. Wegen des hohen Zellulosegehaltes war dies ein Grundstoff für Celluloid, Lacke, Schießbaumwolle, Kunstseiden und Feinpapiere. Daneben wurde Rohbaumwolle gebleicht und zu Watte und Verbandsstoffe verarbeitet.

Nach Konkurs 1934 und Übernahme durch eine Schweizer Aktiengesellschaft wurde der Name des Unternehmens zunächst in "Bastfaser GmbH" und dann in Kölner Baumwollbleicherei geändert. 1969 erfolgte die Übernahme durch die Spezialpapierfabrik Cordier mit einer Umstellung der Produktion auf Verarbeitung von Lumpen zur Herstellung von Papierrohstoffen.


Die Werksanlage

Fabrikgebäude an der Iddelsfelder Straße mit der hier kanalartig gefassten Strunde. Foto 2012
Maßgebliches Strukturelement für die Anordnung der Gebäude war die in Ost-West-Richtung fließende Strunde. Südlich der Strunde begleitet die Schweinheimer Straße auf halber Länge das Werksgelände. Der Straßenzug knickt auf Höhe des ehemaligen Mühlengebäudes im stumpfen Winkel nach Süden ab und führt als Iddelsfelder Straße Richtung Bergisch Gladbach.

Lageplan der Baumwollbleicherei von 1962
Die Werksanlage gliedert sich im Wesentlich in drei Baustreifen. Ein schmaler Gebäudestreifen mit Torgebäude, ehem. Mühle/Büro, Trafo-/Sozialgebäude, Werkstatt entwickelt sich direkt entlang der Strunde. An der westlichen Stirnseite des Torgebäudes ist der über eine breite Brücke zugängliche Werkseingang angeordnet. Das Pförtnerhaus in Fachwerk liegt nicht in der Flucht der die Strunde begrenzenden Werksmauer, sondern dem Werkseingang gegenüber.

Südlich an diesen Gebäuderiegel schließt sich eine parallel durch das Gelände auf das Kraftwerk mit dem Schornstein zulaufende Werksstraße an. Im Zentrum des Geländes befinden sich in einem breiten Gebäudestreifen die wichtigsten Produktionsanlagen ursprünglich mit Kocherei, Bleicherei und Linterswascherei. Etwas abgesetzt gehört zu diesem Gebäudestreifen auch das Kraftwerk. Ein schmaler Gebäuderiegel im Süden für die Watte-Krempelei bildet dort den baulichen Abschluss der Werksanlage.


Wichtige Gebäude auf dem Werksgelände

Torgebäude, um 1900

Wohn- und Bürohaus mit Werkseingang an der Iddelsfelder Straße. Foto 2011
Das direkt am Werkstor gelegene Gebäude ist wie ein Wohnhaus als zweigeschossiger, fünfachsiger Backsteinbau mit Satteldach ausgebildet. Zur inneren Werksstraße ist die Mittelachse mit Hauseingang risalitartig leicht vorgezogen. Fenster- und Türöffnungen sind schwach segmentbogig ausgeführt mit halbsteinstarken Begleitstreifen über den Stürzen. Die flussseitige Trauffassade wird durch ein stufenförmiges Traufgesims, die werksseitige Traufseite zusätzlich durch Stockwerks- und Sohlbankgesimse horizontal betont. Die Giebelseiten sind kräftig über die Dachlinie hinaus hochgeführt. Im Inneren gehören Grundrissgliederung, die Holztreppe im Mittelflur hinter der Eingangstür, historische Türumrahmungen und Türen zur erhaltenswerten Bausubstanz.


Mühlengebäude/Büro, um 1900

Ehemaliges Mühlegebäude. Foto 2011
Der lang gestreckte zweigeschossige Backsteinbau wird durch ein flaches Satteldach gedeckt. Die historischen Öffnungen bestehen in beiden Trauffassaden aus flach segmentbogigen Fenstern. In einigen Öffnungen sind Metallsprossenfenster erhalten geblieben. Zur Hofseite gibt es im Obergeschoß eine für Mühlengebäude typische große Toröffnung mit zweiflügligem Holztor unter scheitrechtem Sturz. Die horizontal durch einfache Geschoss-, Sohlbank-, Drempel- und Traufgesimse gegliederte Hofseite ist sonst durch einige neuzeitliche Öffnungen geprägt. Im Inneren besteht die Konstruktion des Gebäudes aus gusseisernen Stützen und quer zur Längsausrichtung des Gebäudes gespannten Unterzügen. Etwa im Bereich der Toröffnung führt eine zweifach gewendelte, einläufige Holztreppe in das Obergeschoss. Das ehemalige Mühlengebäude wurde spätestens seit den 1960er Jahren für Bürozwecke genutzt.


Trafo-/ Sozialgebäude, um 1900

Zweigeschossiger Backsteinbau mit flachem Satteldach. Über dem niedrigen Sockelgeschoss erhebt sich das von einer einläufigen Freitreppe erschlossene Hauptgeschoss. Die Öffnungen im Sockel- und Hauptgeschoss haben überwiegend flache Segmentbogen mit halbsteinstarken Begleitstreifen für Fenster und die Tür im Obergeschoss. Das Traufgesims ist betont mit Klötzchenfries und Konsolstreifen. Neben der Tür im Obergeschoss befindet sich hinter einer Doppel-Blechtür ein Transformator und im benachbarten Raum die Reste einer Schaltanlage. Die linke Gebäudehälfte wurde zuletzt für Sozialräume genutzt. Die mächtigen Subkonstruktionen im Sockelgeschoss verweisen auf eine ursprünglich andere Nutzung, vermutlich mit schweren Maschinen im Hauptgeschoss.


Werkstatt, um 1900

Kubusförmiger Backsteinbau mit flachem Satteldach. In den flach segmentbogigen Öffnungen befinden sich Metallsprossenfenster aus Gusseisen. Das Gebäude wird von einer Giebelseite über ein doppelflügliges Holztor erschlossen.


Kraftwerk, um 1905

Die symmetrisch aufgebaute Anlage besteht aus zwei Backsteinhallen, denen nach Norden der Schornstein und ein Anbau mit Pultdach vorgestellt sind. die Traufwände der Hallen werden mit kräftigen Wandvorlagen gegliedert. Über den zurückspringenden Wandfeldern sind Treppengesimse angeordnet. Anbau und Hallen werden über flach-segmentbogige Öffnungen belichtet. Zusätzlich gibt es in den Giebeldreiecken Rundfenster. Teilweise sind die Öffnungen nachträglich zugemauert, teilweise sind Metallsprossenfenster erhalten. Beide Hallen sind über große Tore in den Südgiebeln zugänglich. Die Westhalle wird mit Stahlfachwerk nach Art der Polonceau-Wiegmann-Binder, die Osthalle mit Holzbindern überspannt. Im Firstbereich der Westhalle ist eine Belichtungs- und Belüftungsraupe eingearbeitet.


Kocherei und Bleicherei, um 1900/um 1970

Kocherei und Bleicherei. Foto 2011
Zweieinhalbgeschossiger Backsteinbau mit Satteldach. Im Obergeschoss der südlichen Traufwand hohe Rundbogenfenster in fünf Achsen mit Metallsprossen. Die beiden nach Osten anschließenden Achsen um 1970 angefügt mit großen Rechteckfenstern und Betonsprossen. In der nördlichen Traufwand sind die hier ehemals gleichartig ausgeführten Öffnungen heute vermauert. Ebenfalls aus der Zeit um 1970 stammt die Aufstockung mit liegenden Rechtecknischen in drei Achsen über den Rundbogenfenstern. In einem Teilbereich über dem Dachfirst Belüftungsraupe mit satteldachförmigem Aufsatz. Die Innenkonstruktion besteht im Sockelgeschoss aus Stahlbetonstützen und Unterzügen für die ebenfalls in Stahlbeton ausgeführte Decke. In der Decke über dem Sockelgeschoss sind noch die runden Öffnungen für die Kugelkocher sowie die zughörigen Fundamente im Erdgeschoss erhalten. Der Hauptraum im Obergeschoß wird von Holzbindern überspannt.


Linterswascherei, um 1900/um 1970

Linterswascherei, Kocherei und Bleicherei. Foto 2011
Zweigeschossiger Backsteinbau mit flachem Satteldach im Obergeschoss. Die südliche Trauffassade wird im Obergeschoss geprägt durch Rundbogenöffnungen, in denen die kleinteiligen Metallsprossenfenster mit Strahlensprossen im Oberlicht erhalten sind. Das Erdgeschoss wird von großformatigen Rechteckfenstern mit Betonsprossen (um 1970) unter breiten Betonstürzen belichtet. Die Südfassade wird mit Wandvorlagen gegliedert. Die Innenkonstruktion besteht im Erdgeschoss aus einer Betondecke über Stahlstützen Stahlstützen. Im frei von Dachbindern aus Holz überspannten Obergeschoss befinden sich noch die flachen, aus Betonmauern erstellten Becken für die Waschvorgänge.


Lagergebäude, um 1900

Backsteinhalle mit flach geneigtem Satteldach. Die vierachsige Fassade mit großem Holz-Schiebetor in einer der mittleren Achse wird gegliedert durch Wandvorlagen. In drei Achsen sind die hohen, teilweise vermauerten, teils noch mit Metallsprossenfenster versehenen Rundbogenöffnungen erhalten. Das Dach wird getragen durch Holzbinder. Die Nordfassade der Halle ist weitgehend entfernt zugunsten einer Verbindung mit der Halle 13-14.


Lagergebäude, um 1900

Lagergebäude. Foto 2011
Backsteinhalle mit flachem Satteldach. Die siebenachsige Fassade ist in der Mittelachse akzentuiert durch einen über die Traufe hinaus aufgeführten Giebel mit segmentbogigem Abschluss. In dieser Mittelachse befindet sich auf Bodenniveau ein großes Holztor. Die Südfassade wird geprägt durch jeweils zwei hohe Rundbogenfenster und mittig darüber angeordneten Rundfenster in den Seitenflügeln. Während die Rundbogenfenster sämtlich zugemauert sind, sind in den Rundöffnungen noch die Metallsprossenfenster erhalten. Von der Nordfassade sind nur vier Achsen außen sichtbar mit großformatigen, heute zugemauerten Rechtecköffnungen. Vermauerte Rundfenster verweisen hier auf einen ursprünglich wohl ähnlichen Fassadenaufbau wie beim Südgiebel. Die Innenkonstruktion besteht aus Holzbindern und zusätzlich Holzstützen mit Kopfbändern im östlichen Hallenteil.


Lagergebäude mit Pförtner, um 1900/1915

Backsteinhalle mit Satteldach. Das Dach ist mit Wellblech gedeckt und wird bekrönt von Entlüftungsaufsätzen. Die Ostfassade wird geprägt durch vermauerte Rechtecköffnungen und ein großes Holz-Schiebetor. Nach Norden ist an den sonst schmucklosen Giebel ein Pförtnerhaus in Holzfachwerk angefügt. Dieses Pförtnerhaus ist ein annähernd kubusförmiger Baukörper mit einseitig abgewalmtem Dach und kräftigem Dachüberstand zum Werkstor. Der Dachüberstand wird von Holzknaggen getragen. In dem sonst ruhig, ohne Diagonalstreben gestalteten Fachwerk sind die Gefache weiß verputzt. Zum Werkstor orientiert ist ein großes Holzsprossenfenster mit kleinem Schiebeflügel für die Kommunikation des Pförtners mit dem zum und vom Werksgelände ein- und ausgehenden Verkehr. In der Nordfassade befindet sich eine von zwei schmalen Fenstern begleitete Eingangstür.


Watte-Krempelei, um 1900

Panorama von der Grünfläche an der Kochwiesenstraße. Foto 2011
Zweigeschossige Backsteingebäude mit Satteldächern. Das etwas niedrigere westliche Gebäude ist 11 Achsen lang mit Rundbogenfenstern im Ober- und Rechteckfenstern im Erdgeschoss. Die Fenster der beiden Geschosse sind achsenweise durch zurückspringende Wandfelder vertikal zusammengefasst. Nur in wenigen Öffnungen sind zur Nordseite noch die kleinteiligen Metallsprossenfenster erhalten. Viele Öffnungen sind zugemauert oder mit Fenstern aus jüngerer Zeit versehen. Das direkt anschließende Gebäude 19 ist ein zweieinhalbgeschossiger Backsteinbau mit Satteldach. Die von einem Anbau im Erdgeschoss halb verdeckte Südfassade wird im Obergeschoss durch große Rundbogenöffnungen und Rundfenster zwischen Wandvorlagen geprägt. In den Öffnungen sind die kleinteiligen Metallsprossenfenster erhalten. Auf der Nordseite wird das Gebäude durch größere Rechteckfenster im Obergeschoss belichtet. Die schmalen, horizontalen Rechteckfenster im Erdgeschoss sind aus jüngerer Zeit.


Bedeutung

Bis weit in das heutige Stadtgebiet von Köln hinein war das Bergische Land an seinen Flüssen durch Mühlen geprägt. Das früher selbständige, heute zu Köln gehörende Mülheim verdankt dieser Wassernutzung seinen Namen. Viele Bäche des Bergischen Landes waren äußerst intensiv durch eine dichte Folge von Mühlenstandorten geprägt. Jeder Zentimeter Wassergefälle war für die Energieausbeute an die Nutzungsberechtigten vergeben. An einigen Flüssen ist diese enge Folge von Wasserkraftanlagen noch nachvollziehbar. Dazu gehören die Leppe, der Oberlauf der Wupper bis Wuppertal und die Strunde mit den Anlagen in Bergisch Gladbach(Alte und Neue Dombach, Gohrsmühle, Wachendorff) und Köln (Schweinheimer -, Strunder - und Herler Mühle). Zwar sind die ehemaligen Mühlengebäude an den meisten genannten Standorten nicht mehr präsent. Dennoch überliefern die erhaltenen Gebäude mit ihrer Zuordnung zum Fluss und die Abfolge dieser Standorte noch diesen Aspekt der Wasserkraftnutzung durch Mühlen aus vorindustrieller Zeit. In dieser Hinsicht sind insbesondere die flussbegleitenden Gebäude der Kölner Baumwollbleicherei bedeutend für die Mühlengeschichte mit ihren Implikationen für die Arbeits- und Produktionsverhältnisse und die Geschichte der Städte und Siedlungen.

Die vorindustrielle Geschichte der Mühlen ist geprägt durch die vielfache Umwandlung von ehemaligen Getreidemühlen in Anlagen für die gewerblichen Zwecke anderer Branchen. Dabei war die Ausrichtung auf spezielle Branchen abhängig von den in der Umgebung auftretenden Bodenschätzen, Werkstoffen oder dominanten Handwerksbranchen. Die überragende Bedeutung der Schneidwarenindustrie im Bergischen Land drückte sich auch in der hohen Anzahl von Schleifkotten an der Strunde aus. Die vorindustrielle Tuchproduktion mit ihren Schwerpunkten in den städtischen Zentren des Mittelalters und der frühen Neuzeit war zur Verarbeitung der Tuche auf Walkmühlen mit ihrem hohen Rationalisierungsgrad(im Vergleich zur Handwalkerei) angewiesen. Die Strunde und auch die Schweinheimer Mühle war einbezogen in diese Entwicklung im Spannungsfeld zwischen der für den Kölner Markt produzierenden bergischen Schneidwarenindustrie(Kölner Schwerter), der in der Stadt Köln stark verwurzelten und verankerten Tuchherstellung und der besonders an der Strunde sich entwickelnden Papierindustrie und ist insofern wirtschaftsgeschichtlich bedeutend.

Werksstraße mit Linterswascherei, Kocherei und Bleicherei (links). Foto 2011
In der Frühphase der Industriellen Revolution hat die Nutzung der Wasserkraft eine sehr große Rolle gespielt. Die ersten Fabriken, entwickelt nach den Erfindungen von Richard Arkwright, waren seit den 1770er Jahren wasserkraftgetriebene Spinnereien. Über die Jahrzehnte hinweg hielt sich daher im Englischen die Bezeichnung "mill" für die Fabriken auch der Folgeperioden als sich Dampfkraft und Elektrizität durchsetzten. Spinnmühlen Arkwright'schen Typs gab es in Deutschland seit 1783 (Cromford bei Ratingen). Selbst im Zeitalter der Dampfmaschine wurde gern die "kostenlose" Wasserkraft noch zumindest ergänzend für Maschinenantriebe genutzt, wie die Textilfabriken am Oberlauf der Wupper bei Radevormwald oder auch die Baumwollspinnerei Ermen & Engels an der Agger in Engelskirchen verdeutlichen. In vielen Fällen wurden vorhandene Mühlenstandorte genutzt und für die industriellen Zwecke im 19. Jahrhundert entsprechend umgestaltet mit Neubauten, die aus den in den Flusstälern gelegenen Mühlen Fabriken machte. Charakteristisch war jeweils die topographische Situation dieser Anlagen: eingebettet in die Flusstäler entstanden außerhalb der Städte ländliche oder dörfliche Industrieorte, deren Ausdehnung oft auch durch die Wohnhäuser für die Beschäftigten geprägt waren. Obwohl Schweinheim seit 1914 zu Köln gehörte, hat sich die ehemals ländliche Situation besonders entlang der Strunde, sowie im Osten und Süden mit den dort angrenzenden Wiesen erhalten. Die Kölner Baumwollbleicherei ist insofern industrie- und siedlungsgeschichtlich von Bedeutung.

Die erhaltenen Gebäude auf dem Werksgelände an der Scheinheimer-/Kochwiesenstraße gehören im Wesentlichen der Ausbauphase der Zeit um 1900 an, verdeutlichen also die textilgeschichtliche Nutzungsphase des Areals als das Unternehmen das aus Rohbaumwolle resultierende Linters verarbeitete. Insofern ist die Anlage besonders Bestandteil der textilgeschichtlichen Entwicklung von Köln und seiner Region mit der starken Ausprägung der Tuchmacherei aus Wolle schon im 14. Jahrhundert als diese Produkte zu den bedeutendsten Exportartikeln Kölns zählten bis zur Verarbeitung von Seide besonders in Mülheim schon im 18. Jahrhundert und zur Entwicklung der Baumwollspinnereien und -webereien, für die es sowohl innerhalb der Stadt Köln, wie auch im weiteren Umkreis, besonders im Bergischen Land aussagekräftige Beispiele gab und gibt. Andreae in Mülheim, Brügelmann in Köln und besonders auch Gustav Mevissen mit seiner Kölnischen Baumwollspinnerei und -weberei in Bayenthal waren im engeren Umfeld herausragende Akteure dieser Industrie. Friedrich Engels mit seinen Unternehmungen in Wuppertal und Engelskirchen zählt in der weiteren Umgebung zu den bekanntesten Persönlichkeiten der Baumwollindustrie. In diesem Kontext ist die Kölner Baumwollbleicherei zwar nur ein Kleinbetrieb, gleichwohl angesichts fehlender Zeugnisse der Produktionsgeschichte aus diesem Sektor in Köln bedeutend für die für die Industriegeschichte des Textils im örtlich-/regionalen Rahmen.

Pförtner. Foto 2011
In der Industriearchitektur verkörpern die Bauten auf dem Werksgelände der Kölner Baumwollbleicherei eine seit etwa 1850 gebräuchliche und bis zum Ersten Weltkrieg übliche Formensprache. Typisch sind die aus dem Rundbogenstil der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammenden Rundbogen- und Rundfenster. Die in großer Zahl noch vorhandenen Metallsprossenfenster besonders in Gusseisen verkörpern die aus der Textilindustrie resultierenden Tendenzen zu den "fireproof buildings" mit dem Versuch alle brennbaren Materialen durch nicht-brennbare Baumaterialien zu ersetzten. Die trotzdem noch umfangreiche Verwendung von Holz für Dachstühle und Innenkonstruktionen verweist auf die spezielle Situation in Deutschland mit den auf Sparsamkeit und Effektivität ausgerichteten Bauverhalten in der Industrie.

Beeindruckend ist in der überlieferten Werksanlage der Kölner Baumwollspinnerei auch die weitgehende Vollständigkeit und noch überlieferte Einheitlichkeit der als denkmalwert beschriebenen Bauten mit einer durchgängig realisierten Backsteinarchitektur in den Formen des Industriebaus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Erhalten sind alle Funktionen einer Industrieanlage vom Werkstor mit dem aus den Forderungen des Heimatschutzes erklärbaren Pförtnerhaus in Holzfachwerk, bis zum Kraftwerk mit dem das Ortsbild dominierenden Schornstein. Die Kölner Baumwollbleicherei ist eine kleine Fabrikstadt der Zeit um 1900 mit den in der Flusslage sichtbar werdenden Rückbezügen in die vorindustrielle Zeit und dem damals in die Zukunft orientierten Schonstein. Diese Elemente (Flusslage, Werkstor, Schornstein) sowie die auch in den Panoramaansichten wirksame Backsteinarchitektur sind stadtbaugeschichtlich und städtebaulich von Bedeutung. Dazu gehörte auch das Fabrikantenwohnhaus Iddelsfelder Straße 6 mit direktem Zugang über die Strunde mittels Betonsteg, das leider jüngst einer Neubebauung weichen musste.



Literatur

Heimatbuch Holweide, Köln 1989, S. 59 und 63-65

Schulte, Frank: Der Strunderbach und seine Mühlen, in: Die Bürgermeisterei Merheim im Wandel der Zeit, Bd. 1, Köln 1973, S. 210-212

Giesing, Georg: Zwischen Flehbach und Strunde, Köln 1990, S. 64-70

Landeskonservator Rheinland: Denkmälerverzeichnis 12.7: Stadt Köln, Stadtbezirk 9 (Mülheim), Köln 1979

Kistemann, Eva: Gewerblich-industrielle Kulturlandschaft Bergisch Gladbach 1820-1999, Essen 2000

Schachtner, Sabine: Die Papiermacherei und ihre Geschichte in Bergisch Gladbach, Köln 1990

dies.: Größer, schneller, mehr. Zur Geschichte der industriellen Papierproduktion und ihrer Entwicklung in Bergisch Gladbach, Köln 1996

Schmitz, Ferdinand: Die Papiermühlen und Papiermacher des bergischen Strundertals, Bergisch Gladbach 1921 (Reprint 1979)

van Eyll, Klara: 400 Jahre Papiermühlen an der Strunde : 1582 - 1982 ; eine historische Bilddokumentation, Bergisch Gladbach 1982

Kreft, Thomas: Wasserbau und Mühlen an der Strunde, in: Mühlenverband Rhein-Erft e.V.(Hg.): Mühlen links und rechts des Rheins, Tagungsband Bergheim 2006

Nicke, Herbert: Bergische Mühlen. Auf den Spuren der Wasserkraftnutzung im Land der tausend Mühlen zwischen Wupper und Sieg, Wiehl 1998





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