Plattenhammer
Stolberg, Plattenhammer 1

Linda Erstling
Der Plattenhammer in Stolberg


plattenhammer
historische Übersichtskarte der Hütten- und Hammerwerke im Vichtbachtal
Der Plattenhammer wurde 1664 in Stolberg im Vichtbachtal an der rechten Seite der Vicht erbaut. Stolberg und besonders das Vichttal bot aufgrund verschiedener Faktoren gute Standortqualitäten, sodass dort zu jener Zeit eine Vielzahl von Hütten- und Hammerwerken in Betrieb waren. Ende des 17. Jh. zählte Stolberg sogar zu den weltweit führenden Gebieten in der Messingherstellung. Die vorhandenen Bodenschätze wie z.B. Galmei- und Eisenerze, die nahe liegenden Buchen- und Eichenwälder, die zur Herstellung von Holzkohle dienten und die vorhandene Wasserkraft der zahlreichen Bäche zählten zu den wichtigsten Standortqualitäten.

Ein wichtiger Vorteil Stolbergs gegenüber Aachen war, dass es in Stolberg keine einengenden Bestimmungen der Zunft gab, die dem technischen Fortschritt, der Produktionserweiterung und der Senkung der Herstellungskosten im Wege standen.



Die Gründung

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Lageplan
Der Plattenhammer wurde 1664 von Katharina Pryhm zur Existenzsicherung ihrer Söhne erbaut. Sie war zu jener Zeit Besitzerin des Junkershammers, der sich etwa 800 m entfernt vom Plattenhammer befindet und zu den größten und wichtigsten Hammerwerken der Umgebung zählte. Aufgrund von Streitigkeiten mit den Besitzern des benachbarten Klapperhammers – Grund war die gemeinsame Wassernutzung, konnte der Plattenhammer erst 1667 in Betrieb genommen werden. Auf dem Plattenhammer wurde zunächst das auf dem Junkerhammer geschmolzene und gefrischte Luppeneisen zu Platten (Schwarzblech) geschmiedet. Auf diese Nutzung ist auch der Name „Plattenhammer“ zurückzuführen.

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Hofanlage, Wohnhaus im Hintergrund. Foto: 1983
Die Hofanlage des Plattenhammers bestand aus einer Schmiede, zwei Frischöfen, zwei Scheunen und zwei Wohngebäuden. Eine eigene Schmelzhütte besaß der Plattenhammer nicht, sodass sich Plattenhammer und Junkershammer (beide Hammerwerke waren im Besitz der Familie Hoesch) den Reckhammer (Eisenschmelzhütte und Eisenschneidmühle) des Junkershammer teilen mussten. 1680 kam es zu einer Aufteilung des Besitzes, der Plattenhammer ging mit einem 1/3 Anteil des Junkershammers (dies sicherte die Mitnutzung des Schmelzofens) in den Besitz Wilhelm Hoeschs über.

1724 wurde von den Brüdern Leonard und Philipp Hoesch der Neuenhammer als Erweiterung des Plattenhammers erbaut.

1840 wurde der Plattenhammer als Betriebsstätte stillgelegt.


Gesamtanlage

Bei dem Plattenhammer handelt es sich um eine Hofstelle mit Wohn-, Produktions- und Lagergebäuden und zwei Frischöfen. Der Plattenhammer besaß zwei Wasserräder, eines zum Antreiben des Hammers und ein Zweites, das das Gebläse für die Frischöfen betrieb.

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links die Holzbrücke, rechts die Scheune, im Hintergrund das Wohnhaus. Foto: Schreiber, 1993
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Wohnhaus mit Bruchsteinfassade exponiert zur Vicht. Foto: Gregori, 2018
Erreicht wird der Platenhammer über eine hölzerne Brücke, die die Vicht überquert. Aufgrund des massiven Bruchsteinmauerwerks der Fassade des Wohngebäudes und der Scheune wirkt das ehemalige Hammerwerk von der Straße wie eine Festung, abweisend und verschlossen.

Vom Innenhof aus sind alle Gebäude leicht zu erschließen. Südlich des ehemaligen Tores befinden sich die Wohngebäude die sich gegenüberstehen. Nördlich des Tores befindet sich heute noch eine damals als Lagergebäude genutzte Scheune. Eine zweite Scheune die sich L-förmig an die noch bestehende anschloss wurde 1964 abgebrochen. Westlich der Wohngebäude war die Schmiede mit den beiden Frischöfen angeschlossen.

Der Plattenhammer wurde fast ausschließlich aus dem Vichttaler Eisenstein erbaut, einem sandigen Tonstein mit feinstverteiltem Limonit Gehalt. Trotz seines geringen Eisengehaltes bildete der Vichttaler Eisenstein die Erzbasis für die Vichttaler Eisenhüttenindustrie. Aufgrund seines geringen Eisengehaltes wurde seine Verhüttung im 19. Jh. unrentabel und ging stark zurück. Als Baumaterial dominiert er im Bereich seines Vorkommens stark das Erscheinungsbild der alten bruchsteingemauerten Ortskerne, wie zum Beispiel in Zweifall.

Die Hofseite der Scheune gilt hier als Ausnahme, diese ist als Fachwerkfassade ausgeführt. Dies ist auf die zu jener Zeit typische Bauweise zurückzuführen, die Außenfassade repräsentativ zu gestalten und für die innenliegenden oder zurückliegenden Bauteile die günstigere Variante des Fachwerks zu wählen.

Die Dächer der ursprünglichen Gebäude sind als Satteldächer ausgeführt.

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Wohngebäude. Foto: 1983
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Wohngebäude, Fenster mit Blausteinfassung. Foto: 1983
Bei den Fenstern der Wohngebäude handelt es sich um Kreuzstockfenster mit aufwendig gearbeiteten Blausteinrahmungen. Nahezu alle Fenster waren vergittert, einige der Gitter sind im Zuge der Umnutzung entfernt worden. Die Fenster zur Vicht sind in den letzten Jahren ausgetauscht worden gegen weiße Kunststofffenster mit einer vertikalen Unterteilung und Oberlicht. Ursprünglich handelte es sich bei diesen Fenstern um Sprossenfenster. Die Fenster des Erdgeschosses und die des ersten Obergeschosses sind in einer Achse angeordnet. Hofseitig befinden sich unter der Traufe, in der Achse der Fenster Ochsenaugen. Nachträglich sind in dieser Achse Dachgauben eingebaut worden und im weiteren Dach wurden Dachflächenfenster eingesetzt.

Die Türen der Wohngebäude sind mit stilvollem Maßwerk aus Blaustein geschmückt. Seitlich der Eingangstüren der Wohngebäude sind ebenfalls aus Blaustein Säulen vorgeblendet (Pilaster). Erhalten geblieben sind ebenfalls die schweren Eichentüren (barockisierte Nageltüren) mit Oberlicht. Über den Türen befinden sich Mauerwerksentlastungsbögen.

Die Fassaden der zur Brücke gelegenen Gebäude sind weiß verputzt. Aufgebrachte Bleche deuten Fachwerk an. Das Fenster (Vichtseite) und die Tür (Hofseite) sind mit Bleistein eingefasst.

Die Scheune wurde als Lagerstätte für fertige Produkte und Halbzeuge und als Stall genutzt. Die Vichtseite ist in Bruchsteinen gemauert. Die Hofseite besteht aus einer Fachwerkfassade mit Bruchsteinsockel. Die horizontalen und vertikalen Riegel des Fachwerks sind aus dunklem Holz (vermutlich Eiche, angestrichen) und die Ausfachungen verputzt und weiß angestrichen. Die Fenster und Türöffnungen passen sich dem Fachwerk an. Die Fenster der Scheune auf der Vichtseite, sind im Gegensatz zu den Fenstern der Wohnbebauung wesentlich kleiner und weniger schmuckvoll gestaltet. Blausteineinrahmungen sind hier bis auf das Fenster direkt an der Brücke über die Vicht nicht vorhanden. An einigen Stellen im unteren Bereich der Treppe sind noch Stürze alter Fenster zu erkennen, die jedoch zugemauert wurden.

Der Schuppen im Hof ist ein Wiederaufbau von 1964. An den Schuppen wurde 1974 eine Garage für zwei PKWs angebaut. Sie passt sich in Form und Farbe leider nicht den bestehenden Gebäuden an.


Die Frischöfen

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Plattenhammer, 1963 restaurierten Öfen. Foto: Gregori, 2018
Die Frischöfen sind die einzigen noch erhaltenen Elemente die an die ehemalige Nutzung des Plattenhammers als Hammerwerk erinnern. In einem Frischofen (Frühschmiede) wurde dem im Hochofen geschmolzenen Eisen- das einen sehr hohen Kohlenstoffgehalt hatte und somit spröde und für die Weiterverarbeitung als Schmiedeeisen unbrauchbar war, bei großer Hitze durch Luftzufuhr ein Teil des Kohlenstoffs entzogen. Eine Frühschmiede bestand aus einem gemauerten Herd, in welchem die am Hochofen produzierten Göse unter starker Luftzufuhr (erreicht durch wasserbetriebene Blasebälge) auf Weißglut erhitzt wurden. Das Eisen wurde flüssig und tropfte in den unteren Teil des Herdes, um hier wieder eine zähflüssige Luppe zu werden.

Wie auch andere Eisenwerke in Vicht wurde auch auf dem Plattenhammer im 19. Jh. zeitweise Messing verarbeitet, hierzu war bis 1868 eine Messingwalze in Betrieb.

Der letzte Reitmeister auf dem Plattenhammer war Johann Phillip Hoesch II (1834-1885). Nach dessen Tod wurde der Besitz nach und nach verkauft und teilweise landwirtschaftlich genutzt, dieses brachte auch einige bauliche Folgen: Abriss der Schmiede und Verfall der Frischöfen.

Während die meisten Öfen der Umgebung abgebrochen wurden, konnten die Frischöfen des Plattenhammers 1963 restauriert werden. Die Fugen wurden außen und innen bis zu 10 cm ausgestemmt, mit Sandstrahlgebläse gereinigt und anschließend mit Traßzementmörtel mauerwerksbündig verfugt. Die Lücken im Mauerwerk wurden mit neuen Schiefertonsteinen ergänzt. Ebenso die Mauerwerksbögen innen und außen. Die Schornsteine wurden rekonstruiert Hierzu wurden schwarzbraune, handgestrichene Ziegel mit 2 cm breiten Stoß- und Lagerfugen im wildem Verband vermauert. Ebenfalls wurden Schornsteinaufsätze angebracht zum Schutz der historischen Bausubstanz vor Regenwasser. Die Bodenfläche der Außenanlagen wurde mit großformatigem Basaltpflaster belegt und die Treppenstufen aus Waschbeton hergestellt.


Fazit

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Plattenhammer, Vichtseite. Foto: Gregori, 2018
Die Umnutzung des Plattenhammers zu einer Hofanlage mit Wohn- und Lagernutzung führte zu einer Veränderung der Form. Leider ist es nicht geglückt das Bild einer geschlossenen, in sich stimmigen Anlage zu erhalten. Vieles wirkt lieblos hergerichtet und die Umbauten bzw. Neubauten an der Anlage beziehen sich kaum auf das ursprüngliche Bild.

Bei dem Einbau der neuen Fenster auf der Vichtseite wurde auf die eigentliche Fensterform (Sprossenfenster) nicht eingegangen und auch die Materialität nicht eingehalten. Ein weiterer negativer Aspekt ist der Bodenbelag, Bilder aus dem Jahre 1940 zeigen einen einheitlichen Bodenbelag aus Bruchsteinen. Heute ist hiervon nicht mehr viel zu erkennen, es besteht eine Mischung verschiedenster Bodenbeläge, die an vielen Stellen notdürftig geflickt sind.

Als positiv zu bewerten ist, dass sich die Wohngebäude hier besonders die Blausteineinrahmungen der Fenster und Türen, die Ochsenaugen und die Kreuzstockfenster in einem guten Zustand befinden und auch das Mauerwerk ist gut erhalten. Dies alles macht das ehemalige Hammerwerk zu einem wichtigen Zeugen seiner Zeit. Zusammen mit den noch vorhandenen Frischöfen gewährt die Anlage einen Einblick in die damalige Struktur eines Hammerwerkes und die Architektur des 17. Jahrhunderts im Vichttal.


Linda Erstling. Gekürzte und bearbeitete Fassung einer Semesterarbeit an der RWTH Aachen 2006.


Literatur

• Gehard; Kaspari, Dieter; Krapols, Marlene: Umbau statt Abriss!, Aachen 1995
• Haas, Hans: „Zur Restaurierung der Schmelzöfen im Plattenhammer“, in: Heimatblätter des Landkreises Aachen 1864 Heft 6; S.81-84
• Koch, Heinrich u.a.: Zweifall. Wald und Grenzdorf im Vichttal (2. Erw Aufl. des Zweifaller Heimatbuches von Johann Bendel), Monschau 1968
• Schreiber, Helmut und Katharina: Vicht, Beiträge zur Heimatgeschichte, Hammerwerke im Oberen Vichttal, Stolberg-Vicht 1993