Hans-Georg Thomas : Die Rheinkalk GmbH in Wülfrath
Literatur
Im Raum Ratingen, im Angerland und an der Düssel im Abschnitt des Neandertales ist der Abbau von Kalkstein und seine Veredlung durch das Brennen zu Kalk früh belegt. Etwa um 1635 entstand die Wittlaerer Kalkgilde, eine Kooperationsgemeinschaft von Kalkbrennern, Partikulieren und Kaufleuten, die Kalk über den Rheinhafen in Wittlaer vermarkteten.
Zur Deckung ihres Kalkstein-Eigenbedarfs erwerben 1890 der „Bochumer Verein für Gussstahl-Produktion“ und die Rheinischen Stahlwerke die nördlich der Bahnstrecke Wülfrath – Velbert gelegene, später Bochumer Bruch genannte Lagerstätte.
August Thyssen erwarb 1896 ein bisher bäuerlich genutztes ca. 100 Hektar großes Kalksteingelände östlich der sogenannten Kohlenstraße in Schlupkothen. Unter dem Namen Thyssen & Co, Abt. Kalkwerke Wülfrath wurde 1898 der Steinbruch großflächig aufgeschlossen, ein Brennbetrieb mit einem dreiflügeligem Ringofen und sechs mit Generatorgas betriebenen Schachtöfen errichtet. Ab 1899 begann über den fertiggestellten Anschluss an die Staatsbahn Aprath-Wülfrath der Versand von Kalkstein und Kalk. Eine spätere Erweiterung des Steinbruches wurde durch die nach Westen erfolgte Verlegung der Kohlenstraße ermöglicht. Nach endgültiger Erschöpfung der erreichbaren Vorräte dieser Lagerstätte musste die Förderung 1959, der Brennbetrieb 1961 eingestellt werden.
Im Jahre 1903 erwarb die maßgeblich durch August Thyssen initiierte, neu gegründete Fa. Rheinische Kalksteinwerke GmbH westlich von Wülfrath weitere Kalksteinlagerstätten. Durch die in den Jahren 1901-1903 gebaute Eisenbahnstrecke Ratingen-Wülfrath war somit in idealer Weise die langfristige Versorgung der Gesellschafter gesichert. 1917 fusionierte die neue GmbH mit der Schlupkothener Thyssen & Co.
In den 1950er Jahren kam es zu einem wesentlichen Umbruch in der Wülfrather Abgrabungslandschaft, da 1952 zuerst der Steinbruch Hammerstein, dann 1958 der Bochumer Bruch und schließlich 1959 auch der Steinbruch Schlupkothen wegen Erschöpfung stillgelegt wurden. Nach 60 Jahren waren die Steinvorräte in Schlupkothen erschöpft. Der Brennbetrieb wurde 1961 stillgelegt. Ab dann übernahm der Betrieb Flandersbach mit den Steinbrüchen Prangenhaus und Rohdenhaus die Versorgung der Eisen- und Stahlindustrie im Westen des Ruhrgebietes.
Die Konzentration der Produktion auf den Betriebsteil Flandersbach hatte auch eine weitergehende Modernisierung und kontinuierliche Kapazitätssteigerung in den 1950er und 1960er zur Folge. Es wurden Drehrohröfen errichtet zur Kalk- und Zementerzeugung, eine Zementfabrik wurde 1957 in Betrieb genommen und im Jahre 1976 wurde die Wülfrather Zement GmbH gegründet.
Ein weitergehender Tausch unter den neuen Eignern führt dann schließlich dazu, dass der Hüttensand, aufgrund seiner latent-hydraulischen Eigenschaft die Basis der sog. Hüttenzemente, allein von Readymix vermarktet wird.
Im Jahre 1999 wurden die beiden Alt-Gesellschaften Rheinisch-Westfälische Kalkwerke AG (RWK) und Rheinische Kalkwerke AG (RKW) unter dem Dach der Group Lhoist, einem global tätigen, belgischen Kalkunternehmen mit Sitz in Limelette, zur neuen Gesellschaft Rheinkalk GmbH mit Sitz in Wülfrath vereinigt.
Das bisher einzige und insofern zentrale Dokumentation und Ausstellungsprojekt zur Kalkindustrie in Wülfrath befindet sich am „Bochumer Bruch“. Seit 2003 ist dort der zum Bochumer Bruch 1926 angelegte Tunnel als „Zeittunnel“ der Öffentlichkeit zugänglich mit einer erdgeschichtlichen Ausstellung vom devonischen Riff bis zur heutigen Zeit und zur Industriegeschichte der Kalkindustrie in der Region. Am Ende des Zeittunnels bieten sich den Besuchern spektakuläre Blicke in den stillgelegten Bochumer Bruch, der wie alle aufgelassenen Steinbrüche ein wertvoller Lebensraum für geschützte Arten, allen voran dem Uhu, ist. Der Bochumer Bruch wurde 2002 vom Deutschen Alpenverein erworben und wird als Klettergebiet in genau abgegrenzten Bereichen genutzt.
Gotthardt R. und Meyer, O: Vom Kalkgewerbe zur Kalkindustrie im Niederbergischen in Erdgeschichte - Fossilien, Gesteine und Mineralien, Schriftenreihe: Natur beobachten und kennenlernen Bergisches Land (Hg: Dr. Wolfgang Kolbe, Fuhlrott-Museum Wuppertal, Bd 5), Wuppertal ?
N.N. Die Geschichte vom Kalk. Festschrift der RWK AG anlässlich des 75jährigen Bestehens
Arnold, Paul: Die Kalkindustrie am Nordrand des Rheinischen Schiefergebirges, Heft 16, Arbeiten zur Rheinischen Landeskunde, Bonn 1961
Bauckhage, Ulrich: Zum Beispiel: Wülfrath 1919 – 49, Der Weg einer deutschen Kleinstadt durch den Nationalsozialismus, Essen 1988
Bauert-Keetmann, Ingrid: Geschichte der Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke, Dornap, Diss. Wuppertal-Elberfeld, o.J.
Eggerath, Hanna: Im Gesteins, Erkrath, 1997
Kasig, Werner: Geschichte der deutschen Kalkindustrie (hg. vom Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie e.V.), Köln 1992
Kasig, Werner/ Weiskorn, B. : Zur Geschichte der deutschen Kalkindustrie und ihrer Organisationen, (Hg.: Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie e.V.)Aachen 1992
Lehmann, H.; Mathiak, H.; Thomas, P. „Beitrag zur Kennzeichnung der Zusammensetzung und zur Beurteilung der Aufbereitbarkeit ofenfallender Branntkalke“, Tonind.-Ztg. 91(1967), Nr. Die qualitativen Eigenschaften von ofenfallenden Branntkalken“ Tonind.-Ztg. 96(1972), Nr. 11
Plesser, Alfred: Die rheinsich-westfälische Kalkindustrie im Rahmen der deutschen Kalkindustrie, Inaugural-Dissertation, Universität Köln, Elberfeld 1927
Reising, Paul: Der Kalkofen am Eskesberg, Wuppertal 1989
Reising, Paul: Der Eulenkopfweg, in: Schriftenreihe: Natur beobachten und kennenlernen Bergisches Land Bd. 1 (Hg: Wolfgang Kolbe, Fuhlrott-Museum, Wuppertal ?
Rothe, Ferdinand: 50 Jahre Rheinisch-Westfälische Kalkwerke, Dornap, 1887 – 1937. Rheinisch-Westfälische Kalkwerke (Hg.), Dornap 1937
Rheinisch-Westfälische Kalkwerke (Hg.), Festschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens der Aktiengesellschaft Rheinisch-Westfälische Kalkwerke Dornap, Dornap, Juli 1912
Schiele, E. / Behrens, L.W.: Kalk,Herstellung – Eigenschaften – Verwendung, Düsseldorf 1972
Werner, Verena: Die historische und räumliche Entwicklung der Kalkindustrie im Raum Wülfrath unter besonderer Berücksichtigung der Folgenutzung beanspruchter Flächen, Ruhr-Universität Bochum, August 2007
Wieduwilt, Armin: Kalkgewerbe und Kalkindustrie am Ostrand von Wülfrath zwischen 1800 und 1960, Wülfrath 2004
Firmenschriften und interne Unterlagen der Rheinischen Kalksteinwerke GmbH, heute Rheinkalk GmbH, Wülfrath
Firmenschriften und interne Unterlagen der Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke AG, insbesondere: Wir Kalkwerker 8/1970 Wir Kalkwerker, 20/1956
Firmenschriften und interne Unterlagen der Rheinisch-Westfälischen Kalkwerke AG, insbesondere: Wir Kalkwerker 8/1970 Wir Kalkwerker, 20/1956