Schwebebahn
Wuppertal
Links
Johannes Schmitz: Hängepartie für die Schwebebahn, Kölner Stadt-Anzeiger 2. 7. 2007
Sabine Meuter: Alter und Kälte setzen der Schwebebahn zu, in: Kölner Stadt-Anzeiger 16.12.2009



Texte und Dokumente
Walter Buschman: Die Wuppertaler Schwebebahn. Geschichte - Bedeutung
Zukunft | Vortrag 1997




Kurztext

Zurückgehend auf Seilbahnen und "hängende Schienenwege" entwickelte Eugen Langen in Köln 1892-93 ein modernes Schwebebahnsystem. Für die Realisierung in Wuppertal erfand Anton Rieppel 1895-96 ein ebenfalls patentiertes Tragwerkssystem. Die Realisierung in Wuppertal erfolgte 1898 bis 1903. Trotz erheblicher Anstrengungen gelang es gegen die Konkurenz der Standhochbahnen nicht, die Schwebebahn auch in anderen Städten zu etablieren. Die Anlage in Wuppertal blieb - bis auf die Bergbahn in Dresden-Löschwitz – ein Unikat. Zahlreiche Transportbahnen in der Industrie und im Bergbau zeugen jedoch bis heute von der Tragfähigkeit der Idee.
Walter Buschmann
Die Wuppertaler Schwebebahn. Geschichte – Bedeutung – Zukunft


Es waren mehrere Entwicklungsstränge, die zum Bau der Wuppertaler Schwebebahn führten und die in Gestalt und Substanz dieses Denkmales noch nachvollziehbar sind. Mit der Erfindung einer "Hochbahn mit freischwebend hängenden Personenwagen", die sich der Kölner Ingenieur und Fabrikant Eugen Langen (1833–1895) 1893 patentieren ließ scheint die technikgeschichtliche Herkunft der Schwebebahn leicht bestimmbar. Es gab natürlich Vorläufer und ein Umfeld aus dem heraus Langens Erfindung erklärbar ist. Die Schwebebahn gehört in die Geschichte der Seil- und Hängebahnen einerseits und in die Gedankenwelt der im 19. Jahrhundert als innerstädtische Verkehrsmittel entwickelten Hochbahnen.


Kleine Geschichte der Seil- und Hängebahnen

Hängebahn nach Fausto Veratio 1650
Wie die technisch verwandten Hängebrücken hatten auch Seilschwebebahnen einfachster Bauart ihren Ursprung vor mehr als 1000 Jahren in Fernost, wo in den Bergregionen von China, Indien und Japan Seilkonstruktionen zum Transport von Gütern verwendet wurden. Der älteste Hinweis in Europa findet sich in einer Darstellung von 1411, die eine Seilbahn zur Versorgung einer Burg zeigt. In den folgenden Jahrhunderten gab es nur einige wenige Beispiele von Seilbahnen in Europa, wie etwa in dem fünfsprachig herausgegebenen Werk "Machinae Novae..." von Fausto Verantio im Jahr 1617 oder in einer Danziger Chronik von 1644, sowie bei Jacob Leupold, der die Danziger Seilbahn 1714 dokumentierte und durch eine Eigenkonstruktion nachempfand. Das eigentliche Zeitalter der Seilbahnen begann aber erst im 19.Jahrhundert, als sich die belastungsfähigeren Drahtseile durchsetzten. Baron von Dürcker in Deutschland, besonders aber der Engländer Hodgson erfanden die Seilbahn in den 1860er Jahren neu, nun aber als Drahtseilbahn. Die in kurzer Zeit weit verbreitete Erfindung von Hodgson zeigte, welchen wirtschaftlichen Wert dem Lufttransport inne wohnte, legte eine Basis für den zeitgenössischen Wunsch feste Wege durch die Luft zu schaffen, um Lasten und später auch Personen transportieren zu können.

Palmersche Bahn, 1821
Schwebende Bahn von Palmer,1821
Aufhängung und Führung der Transportwagen in der Luft kann am Seil oder an der Schiene erfolgen. Den "hängenden Schienenweg" oder die "schwebende Bahn" auf Schienen wie sie der Eisenbahnpionier Friedrich Harkort nannte, hatte der Engländer Palmer schon 1821 entwickelt. Harkort stellte diese Konstruktion 1825 in Deutschland vor, empfahl die Ausführung einer solchen Bahn, für den Kohlentransport, entlang der Ruhr sowie von der Ruhr nach Elberfeld und baute Versuchsbahnen in Elberfeld und in Wetter, wo er seine legendäre Maschinenfabrik in der Burg über der Ruhr eingerichtet hatte. Harkort fand Interesse auch bei den Bergbehörden, doch kamen seine Vorschläge nicht zur Realisierung. Der Palmersche Schienenweg tauchte mehrfach in der technischen Literatur des Bergbaus im 19.Jahrhunderts auf, wurde jedoch wohl kaum verwendet. Luegers Lexikon der gesamten Technik nennt diese Bahnanlagen Reitwagenbahnen, weil die Wagen rittlings, also auf beiden Seiten über die Schienen herabhängend auf dem Schienenweg gleiten. Es gab aber auch Hängebahnen mit einseitig von den Schienen herabhängenden Transportwagen mit gekröpften Trageschienen zwischen Rad und aufgehängter Last. In der Nachfolge Palmers fand seit Anfang der 1880er besonders das System des Franzosen Latigue Jahre als Feld- und Grubenbahn Verbreitung.


Hochbahnen

Elektrische Bahn auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879
Elevated Railroad als Standhochbahn mit Dampfloks, New York 1868-71
Die Geschichte der Hochbahnen ist eng verknüpft mit der Geschichte des Eisenbahnwesens. Es ging darum, die Gleise so anzuordnen, dass es keine Konfliktpunkte mehr mit den anderen Verkehrsarten gab. Dafür gab es zwei Möglichkeiten: die Tieflage unter der Erde oder durch den Bau von Viadukten die Eisenbahn über die anderen Verkehrsteilnehmer zu erheben. Mit der Berliner Stadtbahn, die 1879 bis 1882 zur Verbindung der Fernbahnhöfe in Berlin entstand ist in Deutschland ein frühes und aussagekräftiges Beispiel erhalten. Die Bahn ist auf gemauerten Viadukten geführt, so dass unter den Bögen Laden-, Werkstatt- und Lagernutzungen eingerichtet werden konnten. Die gemauerten Viadukte beanspruchen im Stadtraum relativ viel Platz. Der immer dichter werdende Stadtverkehr des 19.Jahrhunderts machte es notwendig neue Möglichkeiten für den Nahverkehr zu schaffen, und es lag nahe, den dafür sowieso in alle Baubereiche vordringenden Stahl zu verwenden. In New York war bereits 1868-71 eine Hochbahn auf stählerenen Viadukten ausgeführt worden. Die „elevated railroad“ oder Säulenbahn, wie sie in Deutschland hieß führte quer durch Manhattan etwa vom Battersea Park bis auf Höhe des Central Parks. Sehr zum Unwillen der Anwohner wurde die Bahn von leichten Dampflokomotiven gezogen, die Lärm und Gestank auf Höhe der Wohngeschosse erzeugten. Das wahre Zeitalter der Hochbahnen setzte erst mit Erfindung leistungsstarker Elektromotore ein. Siemens & Halske hatte 1879 auf der Berliner Gewerbeausstellung eine elektrische Bahn vorgestellt, die im darauf folgenden Jahrzehnt zur Attraktion vieler elektrotechnischer Ausstellungen wurde. 1881 wurde auch bereits eine Versuchsbahn in Berlin-Lichterfelde in Betrieb genommen, doch das Problem der Stromzuführung, Probleme bei der Konzessionierung privat betriebener Bahnen auf öffentlichen Straßen und ästhetische Bedenken verhinderten die rasche Einführung elektrischer Straßenbahnen in Deutschland. Dagegen gab es in den USA in den 1880er Jahren einen regelrechten Bauboom. Allein in Richmond(Virginia) wurde bis 1887/88 ein 20 km langes Straßenbahnnetz gebaut. In Deutschland gab es erst 1891 in Halle die erste größere Straßenbahn. In diesem Umfeld ist also die weltweite Beschäftigung mit Hochbahnsystemen um 1890 einzuordnen. Die bekanntesten Hochbahnen der Jahrzehnte um 1900 entstanden in Berlin, Hamburg, Wien, Paris in Kombination mit der Metro und Chicago.
Außerdem wurden Öfen gegossen. Neben diesen Produkten fand auch immer der Verkauf von Roheisen statt.



Eine Hochbahn für Wuppertal

Wie diese Aufzählung deutlich macht, war die Hochbahn eigentlich ein Verkehrsmittel für die großen Städte, Ausdruck für die Urbanistik der Metropolen an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Wuppertal fällt aus dieser Reihe ein wenig heraus, obwohl es weltweit betrachtet auch andernorts kleinere Städte gab, die Hochbahnen errichteten. In Wuppertal ergaben Topographie, Stadtgestalt und Verkehrsentwicklung das Motiv und die im nahen Köln erprobte Erfindung von Eugen Langen die Gelegenheit zur Realisation der Hochbahn. Die enge Tallage, schmale Straßen, dichter Verkehr, der mit Pferde-Omnibusse und Pferde-Eisenbahnen(seit 1872) nicht mehr zu bewältigen war, eine bandstadtähnliche Struktur, die sich zwischen den Orten Barmen und Elberfeld entwickelt hatte und die nahe liegende Möglichkeit zur Nutzung des Freiraumes über der Wupper führten frühzeitig zum Projekt einer Hochbahn, das 1887 von der Firma Siemens & Halske vorgelegt wurde. Nicht weit von Wuppertal entfernt, arbeitete Eugen Langen an seiner Erfindung der Schwebebahn, die seit 1893 auf einer Versuchsstrecke in Köln-Deutz von den Wuppertaler Stadtvätern besichtigt werden konnte.


Eugen Langens Erfindung

Versuchsstrecke in Köln mit zweischieniger Bahn, 1893
Versuchsstrecke in Köln mit einschieniger Bahn, 1893
Eugen Langens erste Überlegungen bewegten sich im Umfeld der Materialtransportbahnen. 1865 wurde in den Langenschen Zuckerfabriken in Köln und Düren an Schienen geführte Materialhängebahnen betrieben. Langen hatte sich bis dahin als Erfinder-Ingenieur im Eisenhüttenwesen und in der Zuckerindustrie bereits einen Namen gemacht, besonders aber durch seine Mitwirkung an der Entwicklung des Gasmotors von Nikolaus August Otto 1862 und durch die gemeinsam mit Otto gegründete Motorenfabrik in Köln-Deutz. Drei Jahre vor seinem Tod arbeitete Langen seit 1892 an einer Hängehochbahn zur Personenbeförderung. Langen wurde unterstützt durch den aus der Eisenbahnverwaltung kommenden Regierungsbaumeister Wilhelm Feldmann. Schon im Januar 1893 konnte Langen die Ergebnisse der Arbeit dem Kaiserlichen Patentamt in Berlin einreichen. Die von Langen in der Patentschrift benannten Vorzüge der Schwebebahn sind sicher auch im Kontrast zu den gleichzeitig entwickelten Standhochbahnsystemen zu verstehen. Beiden Systemen gleich ist die Entlastung verkehrsreicher Straßen in den Großstädten, womit die Bedeutung der Schwebebahn für die Entwicklung des innerstädtischen Nahverkehrs angesprochen war. Die systembezogenen Vorteile der Hängebahn sollte die leicht und filigran auszubildende Tragkonstruktion sein, die in den Straßen nur wenig Licht und Luft nehme, die mit der Tragkonstruktion zu erzielenden engen Kurvenradien, so dass “..auch beengte städtische Verhältnisse mit der Schwebebahn zu bedienen“ seien und die auch bei hohen Geschwindigkeiten sanfte, also auch leise und sichere Art der Beförderung. Mit den "hohen Geschwindigkeiten" verwies Langen auf den beabsichtigten Einsatz der Schwebebahn auch für Fernverbindungen.
Langen präsentierte in seiner Patentschrift zwei Schwebebahnvarianten: die zwei- oder einschienige Führung der Personenwagen. Mit der zweischienigen Variante sollte das Pendeln der Wagen durch Wind, beim Ein- und Aussteigen und in Kurvenfahrten vermieden werden. Diese Variante wurde besonders für den innerstädtischen Nahverkehr empfohlen. Die einschienige Ausführung sei besonders für lange Strecken und hohe Geschwindigkeiten geeignet. Als Antrieb waren jeweils Elektromotoren vorgesehen, wobei in der zweischienigen Variante die Übertragung der Drehbewegung durch Schraubenschnecken und Zahnräder auf die Laufachsen geplant war, während für die einschienige Bahn die Motoren unmittelbar auf den Achsen der Laufräder montiert werden sollten. Als Sicherheit gegen Entgleisungen waren nur für den Notfall unter den Schienen Gegenrollen vorgesehen. Um die Pendelbewegung der einschienigen Bahn zu ermöglichen war der untere Flansch des Schienenträgers kreisförmig gebogen und mit Anschlagwinkeln zur Begrenzung der Pendelbewegung ausgestattet. Bei Versuchsfahrten auf der 1893 in Köln-Deutz erbauten Probestrecke für die zweischienige Variante ergaben sich Probleme in den Kurven. Seit 1895 beschäftigte man sich daher intensiv mit der einschienigen Bahn, die Langen stets bevorzugt hatte und die nun ebenfalls im Probebetrieb in Deutz getestet wurde und zum Prototyp für die Schwebebahn in Wuppertal wurde.



Realisierung der Erfindung

Stand- und Schwebbahnsystem um 1900
Eugen Langen bemühte sich seit Patenterteilung um die Realisierung seiner Erfindung und hatte mit der Wagenbaufabrik van der Zypen & Charlier in Köln und der Elektrofirma Schuckert & Co in Nürnberg potente Partner gefunden. Er nutzte und förderte dabei offenbar geschickt die Konkurrenz zwischen Schuckert & Co. und der Firma Siemens & Halske, die sich auf den Bau von Standhochbahnen festgelegt hatte. Schuckert entwickelte sich zum Protagonisten der Schwebehochbahn und legte sicher zum Ärger von Siemens & Halske vielerorts Konkurrenzprojekte vor. Schon seit Sommer 1893 arbeitete Wilhelm Feldmann an dem Projekt einer Schwebebahn für Wuppertal. Weitere Projekte folgten 1894 für Hamburg, Berlin und für eine Verbindungsbahn Halle-Leipzig. Von diesen Projekten konnte nur die Schwebebahn in Wuppertal realisiert werden. Langens System konkurrierte dort mit dem seit 1887 vorliegenden und 1893 aktualisierten Projekt einer Standhochbahn von Siemens & Halske. Die Standhochbahn wurde in Wuppertal schließlich abgelehnt, weil man bei der Enge des Tales Probleme mit dem Hochwasser und eine Verunstaltung des Stadt- und Landschaftsraumes befürchtete. Ende 1894 erhielt die Elektrizitäts- AG als Nachfolgerin von Schuckert & Co. den Auftrag zum Bau einer Schwebebahn und im März 1895 wurde die "Continentale Gesellschaft für elektrische Unternehmungen" mit Sitz in Nürnberg gegründet. Dieser Gesellschaft wurden die Patente von Langen übertragen und in dem von Wilhelm Feldmann geleiteten Büro des Unternehmens die Pläne für Wuppertal konkretisiert. Von großer Bedeutung wurde die Zusammenarbeit mit der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg (M.A.N.), die ein neues Tragsystem für die einschienige Hängebahn entwickelte und mit Erteilung des Patents für den Fahrträger im Mai 1896 als Generalunternehmerin für die ganze 19 900 t schwere Stahlkonstruktion beauftragt wurde. Die Ausführung erfolgte dann seit April 1898 zu je einem Viertel durch M.A.N. und die von M.A.N. als Subunternehmer beauftragten drei großen Stahlbaufirmen Gutehoffnungshütte, Harkort und Dortmunder Union.


Der Fahrträger

Fahrträger im Zustand von 1996
Eugen Langen hatte in seiner Patentschrift von 1893 nur sehr schematische Angaben zum Fahrträger gemacht. Seine zeichnerischen Darstellungen sahen eine Fachwerkkonstruktion vor, die aber auch als Blechträger ausgebildet werden könnte, wie Langen erläuternd angab. Die folgenden Vorschläge entwickelte Wilhelm Feldmann 1893 und 1894 für die anstehenden Projekte. Der von Feldmann konstruierte Träger für die zweischienige Schwebebahn war als Gerberträger gedacht und hatte einen kastenförmigen Querschnitt mit einem simplen Fachwerk, bestehend aus Ständern und aussteifenden Andreaskreuzen. Anton Rieppel, Direktor der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg, entwickelte dann 1895|96 für die einschienige Schwebebahn einen Fahrträger, der schon in der zeitgenösischen Literatur Rieppel – Träger" genannt wurde. Der Rieppel-Träger muß als die zweite wichtige Innovation im Zusammenhang mit der Schwebebahn gelten. Es ist ein Raumtragwerk, das aus drei Flächentragwerken und verbindenden Diagonalstäben besteht. Das senkrechte Flächentragwerk aus Ständern und Streben nimmt nur vertikale Lasten auf. Oben und unten ist es mit zwei horizontalen Flächentragwerken verbunden. Das vertikale und das obere Flächentragwerk werden an den Stützen zu einem Auflagerpunkt mit Kugelauflager zusammengeführt. Der untere Horizontalträger, dessen beide Gurte zugleich die Schienenträger sind, ist im Bereich der Stützen auf einer Jochkonstruktion aufgelagert. Schrägstäbe verbinden die oberen Knotenpunkte mit den Schienenträgern im unteren Horizontaltragwerk. Für die Verankerung der Schrägstäbe am Schienenträger gibt es zwei Varianten.

Fahrstrecke in Elberfeld, um 1910
Schwebebahn im Wuppertaler Stadtteil Barmen, um 1910
Fahrstrecke in Barmen, um 1910
Bei der anfangs auf dem Elberfelder Streckenabschnitt ausgeführten Variante wurde das Kopfende des Schrägstabes über ein Knotenblech wie bei einem Ankerschloss in der Fachwerkarchitektur durch Schlitze im Schienenträger durchgesteckt und vernietet. Diese herstellungstechnisch aufwendige Variante wurde auf dem Barmer Streckenabschnitt aufgegeben zugunsten eines aufgesetzten Knotenbleches, das nun zwischen Schrägstab und Schienenträger vermittelte. Der Fahrträger wurde für die Wuppertaler Schwebebahn je nach Anforderungen aus der Streckenführung mit Spannweiten von 21, 24, 27, 30 und 33 Metern hergestellt.
Der Rieppel-Träger demonstriert ein gerade für den Stahlbau in Deutschland typisches Phänomen: man versucht unter genauer Definition der statischen Beanspruchungen ein Tragwerk mit minimalem Materialverbrauch herzustellen. Wir kennen diesen Vorgang seit den großen Gitterträgerbrücken über die Weichsel und den Rhein, die aus einer kritischen Haltung der deutschen Ingenieure gegen den hohen Materialverbrauch bei Stephensen's epochaler Britannia-Bridge zu erklären sind. Eine geradezu entmaterialisierte Leichtigkeit der Konstruktion wurde angestrebt aus wohlverstandenem wirtschaftlichen Interesse, aber auch um den Ansprüchen der Zeit zu genügen, deren Anliegen es war, Stahlkonstruktionen so unauffällig wie möglich zu gestalten. Die Schwebebahn wurde mit dem Rieppel-Träger 1900 auf der Weltausstellung in Paris gezeigt. Der in Valencienne präsentierte Fahrträger wurde in Wuppertal auf der Barmer Strecke eingebaut. Anton Rieppel (1852–1926) der Konstrukteur für das Haupttragwerk der Wuppertaler Schwebebahn war ein Gerber-Schüler und gilt als genialer Brückenbauer, der u.a. die in Konstruktion und Ausführung richtungweisende Müngstener Brücke für die Bahnstrecke Solingen-Remscheid entworfen hatte. Die erhaltene Brücke ist eine der wichtigsten technikgeschichtlichen Denkmäler des Rheinlandes.



Die Stützen

Weniger spektakulär als der Fahrträger waren die wohl auf die Konstruktionsarbeit von Wilhelm Feldmann zurückgehenden Stützen ausgebildet. Immerhin hatte Feldmann bei seinen Projektbearbeitungen1893/94 auch genietete Kastenträger vorgeschlagen, wie sie erst kurz zuvor für die Eckständer des Eiffelturmes verwendet wurden. Für die Wasserstrecke machte Feldmann den Vorschlag filigran ausgebildete Zweigelenkträger mit zwei schrägstehenden Fachwerkschenkeln und einem biegungssteif angeschlossenen vollwandigen Jochbalken von Ufer zu Ufer zu spannen. Diese Stützen wurden auch in Wuppertal verwendet. Zwei Ausführungen wurden hergestellt: die schlanken Pendelstützen und in Abständen von 200 bis 300 Metern die stabileren Ankerstützen zur Aufnahme der Längskräfte. Für die so genannte Landstrecke, die beginnend etwa beim Bahnhof Zoo über knapp drei Kilometer, teilweise durch eine relativ enge Straße führend bis nach Vohwinkel reicht, wurden als Stützen portalrahmenartig gebogene Vollwandträger verwendet. Zur Längsaussteifung wurden gleichartige Portalrahmen auch in Fahrtrichtung aufgestellt. Die Wuppertaler Schwebebahn wurde mit diesen Vollwandträgern auch zum Vorreiter einer Stahlbautechnik, die sich bekanntlich erst in den 1920er Jahren durchsetzte und seit Behrens und Gropius als Gestaltungsmittel der klassischen Moderne im Stahlbau gilt. Der Rieppel-Träger erwies sich auch für die Verteilung der Stützen als äußerst ökonomische Erfindung, da sich mit diesem Tragwerk die Anzahl der Ankerjoche minimieren ließ. Dies war nicht nur in finanzieller sondern auch in ästhetischer Hinsicht interessant, da die Wirkung der Stahlkonstruktion im Stadtbild damit auf das gewünschte Minimum reduziert werden konnte.


Die Bahnhöfe

Landstrecke Vohwinkel, um 1910
Bahnhof auf der Elberfeldere Strecke, um 1910
Bahnhof Doeppersberg, um 1910
Bahnhof Werther Brücke. Entwurfsskizze um 1900
Bahnohf Pesterlozzistr., 1996
Weniger spektakulär als der Fahrträger waren die wohl auf die Konstruktionsarbeit von Wilhelm Feldmann zurückgehenden Stützen ausgebildet. Immerhin hatte Feldmann bei seinen Projektbearbeitungen1893/94 auch genietete Kastenträger vorgeschlagen, wie sie erst kurz zuvor für die Eckständer des Eiffelturmes verwendet wurden. Für die Wasserstrecke machte Feldmann den Vorschlag filigran ausgebildete Zweigelenkträger mit zwei schrägstehenden Fachwerkschenkeln und einem biegungssteif angeschlossenen vollwandigen Jochbalken von Ufer zu Ufer zu spannen. Diese Stützen wurden auch in Wuppertal verwendet. Zwei Ausführungen wurden hergestellt: die schlanken Pendelstützen und in Abständen von 200 bis 300 Metern die stabileren Ankerstützen zur Aufnahme der Längskräfte. Für die so genannte Landstrecke, die beginnend etwa beim Bahnhof Zoo über knapp drei Kilometer, teilweise durch eine relativ enge Straße führend bis nach Vohwinkel reicht, wurden als Stützen portalrahmenartig gebogene Vollwandträger verwendet. Zur Längsaussteifung wurden gleichartige Portalrahmen auch in Fahrtrichtung aufgestellt. Die Wuppertaler Schwebebahn wurde mit diesen Vollwandträgern auch zum Vorreiter einer Stahlbautechnik, die sich bekanntlich erst in den 1920er Jahren durchsetzte und seit Behrens und Gropius als Gestaltungsmittel der klassischen Moderne im Stahlbau gilt. Der Rieppel-Träger erwies sich auch für die Verteilung der Stützen als äußerst ökonomische Erfindung, da sich mit diesem Tragwerk die Anzahl der Ankerjoche minimieren ließ. Dies war nicht nur in finanzieller sondern auch in ästhetischer Hinsicht interessant, da die Wirkung der Stahlkonstruktion im Stadtbild damit auf das gewünschte Minimum reduziert werden konnte.


Erhaltungsprobleme

Schon lange wird die Wuppertaler Schwebebahn im Rheinland als Denkmal eingestuft und 1976 erschien eine ausführliche Monographie in der Reihe der Arbeitshefte beim Landeskonservator Rheinland . Noch 1985 galt ihr Bestand bei der Neuauflage dieser Publikation als gesichert. Probleme gab es im engen, feuchten und mit industriellen Emissionen belasteten Tal der Wupper besonders mit Korrosionsschäden. Schon kurz nach Eröffnung der Schwebebahn musste 1904-14 ein Erneuerungsanstrich durchgeführt werden. In ihrer knapp 100jährigen Betriebszeit wurde die Konstruktion bisher elfmal einer Generalüberholung unterzogen. Kritische Stellen wurden und werden ständig per Handentrostung und Reparaturanstrich nachgebessert. Da ein nachhaltiger Korrosionsschutz mit Strahlreinigung und Neubeschichtung aus ökologischen und finanziellen Gründen in heutiger Zeit nicht mehr machbar schien, wurde schon aus diesen Überlegungen eine komplette Erneuerung der Schwebebahn erwogen. Die Entwicklung neuer Beschichtungssysteme, die auch auf unzulänglich gereinigten Untergründen gute Standzeiten erzielen, ließ diese Erneuerungsargumente aber in den Hintergrund treten. Die Fa. Bayer macht inzwischen mit ihren bei der Wuppertaler Schwebebahn erzielten Erfolgen Werbung in Hochglanzprospekten. Um 1980 traten neben den Instandsetzungsproblemen Überlegungen zur Optimierung der Beförderungsleistung in den Vordergrund. Katastrophale Verkehrsverhältnisse auf den Straßen und die Stilllegung der Wuppertaler Straßenbahn begründeten eine neue Attraktivität des Verkehrsmittels Schwebebahn, mit steigenden Fahrgastzahlen zwischen 10 und 20 % jährlich. Die neue Priorität des öffentlichen Personennahverkehrs im politischen Denken führte zu Planungen nach denen statt 70 000 Fahrgäste pro Tag (1994) zukünftig 140 000 Fahrgäste befördert werden sollen. Dieses Ziel aber ist nur erreichbar durch eine Verkürzung des Fahrtaktes von drei Minuten auf 90 Sekunden in der rush hour, höhere Fahrgeschwindigkeit und größere Wagen. Dies bedeutete eine höhere Belastung der Tragkonstruktionen, insbesondere der Rieppel- Träger. Schon heute verursacht der Fahrbetrieb eine starke dynamische Belastung der Konstruktion. Diese Belastungen werden erheblich zunehmen, so dass eine komplette Erneuerung der Konstruktion und zwangsläufig der daran aufgehängten Bahnhöfe geplant wurde. Zwischenzeitlich war 1982 die Station Wertherbrücke formal in die Denkmalliste eingetragen worden. 1990 folgte die Haltestelle Döppersberg. Kurz zuvor war 1989/90 in zwei Gutachten der Denkmalwert der Wuppertaler Schwebebahn als ein Denkmal und zugleich die Schwebebahn mit den angrenzenden Straßenräumen als Denkmalbereich durch das Rheinische Amt für Denkmalpflege begründet worden. Eine formale Eintragung der Gesamtanlage erfolgte jedoch wegen der von den Wuppertaler Stadtwerken erhobenen vorbehalten nicht. Eine Mitwirkung der Denkmalpflege an den folgenden Verhandlungen zur Erneuerung der Schwebebahn war zwar gegeben aber nicht in dem Maße, wie das für eingetragene Denkmäler üblich ist. In der Abwägung der Belange des Denkmalschutzes und des öffentlichen Personennahverkehrs musste der Erhaltungsgedanke letztlich zurück stehen. Bei den Untersuchungen, ob die alte Konstruktion nicht vielleicht doch ausreichend tragfähig ist, wurden die doch nur beschränkten Untersuchungsmöglichkeiten der Materialprüfung und die für die Denkmalpflege nicht akzeptablen Axiome der Berechnungen zur Restlebensdauer von Stahlkonstruktionen deutlich. Nach dem jetzigen Stand der Erkenntnisse ließen sich die am stärksten belasteten Rieppel-Träger nur durch massive Ergänzungen ertüchtigen, die mit ihren Veränderungen am Erscheinungsbild auch aus denkmalpflegerischer Sicht problematisch sind. Nur für die Station Wertherbrücke wird die Erhaltung des Fahrträgers als Voraussetzung für die Erhaltung der Station erwogen. Immerhin ergaben die Untersuchungen aber auch, dass die Stützen ausreichend tragfähig sind, so dass deren Auswechslung nur mit der leicht veränderten Linienführung, die mit erweiterten Kurvenradien höhere Fahrgeschwindigkeiten erlauben soll, zu rechtfertigen ist. Das seit etwa zwei Jahren feststehende Ergebnis der Planungen und Verhandlungen sieht also eine Erneuerung der Schwebebahn mit Ausnahme der Stationen Döppersberg und Wertherbrücke vor, womit das Denkmal in seiner Substanz weitgehend verloren geht. Als Konzession an die Denkmalpflege und die interessierte Öffentlichkeit soll die neue Tragkonstruktion in alter Form und Fügungsweise (Nietverbindungen) aber verstärkten Einzelgliedern (alte Profilstärken + 10 %) neu entstehen. Auch die Bahnhöfe werden sich an der alten Form orientieren. Die denkmalpflegerisch problematische Nähe des Neubaus zum Original, die es dem Laien nicht mehr ermöglicht die Kopie zu erkennen hätte sich wohl nur durch einen Wettbewerb mit möglichst international renommierten Tragwerksgestaltern befriedigend anders lösen lassen.


Die Zukunft

Die Wuppertaler Schwebebahn ist ein Denkmal von internationaler Bedeutung. Die Begründung leitet sich ab aus der Geschichte der Stahlbaukonstruktionen, besonders aber aus der Geschichte des Nahverkehrswesens. Es dürfte weltweit außerordentlich schwierig sein, außer rollendem Material auch Nahverkehrsnetze oder zumindest aussagekräftige Teile davon der Nachwelt zu erhalten. Straßenbahnennetze unterlagen und unterliegen so vielfältigen Veränderungen, das Gleisnetze kaum Gegenstand der Denkmalpflege werden dürften. Entsprechende Beispiele sind auch nicht bekannt. Die Cable Car in San Francisco wird zweifellos als Touristenattraktion erhalten werden, steht aber nicht unter Denkmalschutz. Halbwegs Aussicht auf Erhaltung haben die Hoch- und Untergrundbahnen, von denen es insgesamt nicht mehr als ein Dutzend denkmalwerte Anlagen geben wird. Die Wuppertaler Schwebebahn ist Teil dieser Gruppe von Verkehrsbauten, und unverzichtbar für die Dokumentation der Menschheitsgeschichte.

Erneuerte Strebe, 1996
Für die Frage nach der Art der Überlieferung gab es in der Vergangenheit einige interessante Diskussionsbeiträge, die hier kurz referiert seien. Generell wurde natürlich der bevorstehende Verlust der Orginalsubstanz bedauert. Es wurde hingewiesen auf die Gartendenkmalpflege oder die Bauten der Nachkriegszeit, wo die Verwendung neuer Materialien wie z.B. Kunststoffe umfangreiche Ersatzmaßnahmen erfordern und es wurde natürlich auf die Bauten der Technik und Industrie hingewiesen, die von vorn herein nur für eine begrenzte Lebensdauer gebaut wurden. Zugleich unterwirft die starke Beanspruchung dieser Objekte viele Bauteile starkem Verschleiß, die notwendigerweise schon immer in kurzen Intervallen ausgewechselt werden mussten. Was uns in den Maschinen, Hammerwerken, Verkehrsanlagen begegnet ist daher vielfach nicht Substanz aus der Entstehungszeit der Anlage, sondern aus jüngerer und jüngster Vergangenheit. Diese Erkenntnisse müssten zu einem veränderten Substanzbegriff in der Denkmalpflege führen mit dem Resultat, das die Bemühungen zur Erhaltung des Erscheinungsbildes höher als bisher bewertet werden sollten. Diese Überlegung führt direkt zur Frage, wie die Wuppertaler Schwebebahn erneuert werden müsste, wenn die Erhaltung der Substanz nicht durchsetzbar ist und die Anlage unter den Gesichtspunkten der Denkmalpflege betrachtet wird. Angesichts der Erneuerungsmaßnahmen an der Berliner Hochbahn, die in neuzeitlichen Formen erfolgte, gab es die Meinung, dass die Ansätze in Wuppertal mit enger Anlehnung an das alte Erscheinungsbild vorzuziehen seien. Mir scheint auch, dass eine neue Form nicht um jeden Preis anzustreben ist. Es müsste hier schon ein international renommierter Könner des Stahlbaus, wie etwa Santiago Calatrava herangezogen werden. Weiterhin würde die Entscheidung für eine neue Form alle weitergehenden Erhaltungsbemühungen zunichte machen. So ist beispielsweise die Erhaltung von Teilen der Tragkonstruktion(Stützen) und der Stationen noch nicht abschließend und eindeutig geklärt. Stahlkonstruktionen repräsentieren eine Montagebauweise, so dass die Demontage und teilweise Wiederverwendung der Stationen durchaus gegeben ist, wenn sich die neuen Bauteile nicht allzu weit von der alten Form entfernen. Klar scheint nach allem jedoch zu sein: hundert Jahre nach Inbetriebnahme der Schwebebahn wird sie sich, weitgehend in der Substanz erneuert, aber im aber ebenso weitgehend im alten Erscheinungsbild präsentieren. Für die Denkmalpflege stellt sich die Frage der Bilanz: ist das Denkmal verloren und nur noch in der von der Eigentümerin zugesicherten Dokumentation überliefert? Oder ist vielleicht die neue Schwebebahn weiterhin als Denkmal zu betrachten, zwar ohne bzw. nur nach fragmentarisch erhaltener historischer Substanz, aber mit gerettetem Erscheinungsbild? Diese Frage wird wohl erst die Nachwelt schlüssig beantworten.


Gekürztes und für das Internet bearbeitetes Manuskript eines Vortrages vom März 1997 an der TU Berlin. Gedruckt mit allen Anmerkungen in: "Denkmalpflege im Rheinland" 15, 1998, S. 20–29


Literatur

• 0. Dieterich, Die Erfindung der Drahtseilbahnen, Leipzig1908
• F. Eiselen, Zur Betriebseröffnung der Elberfelder Schwebebahn, in Deutsche Bauzeitung 34, 1900, S. 527 ff
• Ernst Werner, Die Eisenbahnbrücke über die Wupper bei Müngsten (= Arbeitsheft 5 Landeskonservator Rheinland), Bonn 1973
• Giselher Hartung, Eisenkonstruktionen des 19. Jahrhunderts, Darmstadt 1983
• Otto Lueger, Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften ,2.Auflage Stuttgart|Leipzig o.J (um 1905), Bd. 7, S. 407, Bd. 8, S. 837–840
• Wolfgang König, Massenproduktion und Technikkonsum. Entwicklungslinien und Triebkräfte der Technik zwischen 1880 und 1914,, in Propyläen Technikgeschichte, hg. von Wolfgang König, Berlin 1990
• Hans Fried Schierk|Norbert Schmidt, Die Schwebebahn in Wuppertal (= Arbeitsheft 19, Landeskongervator Rheinland) 1916, 2. Aufl. Bonn 1985
• Bernhard, Die Schwebebahn Barmen-Elberfeld-Vohwinkel, in:VDI Zeitschrift 44, 1900, S. 1373–1404
• Hans Fried Schierk|Norbert Schmidt, Schwebebahn und Wupperbrücken, Wuppertal 1979
• Wilhelm Feldmann, Straßenhochbahnen nach dem SchwebebahnSystem Eugen Langen, in: Centralblatt der Bauverwaltung 15, 1895, S. 3–5. 16–18, 24–25
• Hans Fried Schierk, Die Schwebebahn – Einmaliges Verkehrsmittel – Technisches Denkmal, in: Tilmann Buddensieg/Henning Rogge, Die Nützlichen Künste, Berlin 1981
• Die Schwebebahn Barmen-Elberfeld-Vohwinkel in: Deutsche Bauzeitung,33, 1899, S. 642