Die Beamtenkolonie Bliersheim gehört zu den Siedlungen, die von Alfred Krupps Sohn, Friedrich Alfred Krupp, unter deutlichem Bezug auf englische Vorbilder errichtet wurden. Das Konzept der städtebaulichen Anlage sowie die einzelnen Planungen für die Gebäude stammen von Robert Schmohl, der aus Württemberg kommend 1892 die Leitung des Krupp'schen Baubüros übernommen hatte. Zu seinen ersten Bauaufgaben für Krupp gehörte die Planung der Siedlung Altenhof I in Essen (1893-1900). Hier wurden bereits die Grundsätze formuliert, die auch die Grundlage für die Planung der Villenkolonie Bliersheim bildeten: "In der äußeren Erscheinung der Kolonie ist trockene Einförmigkeit thunlichst zu vermeiden. Bei Gleichartigkeit der Grundrisse der verschiedenen Systeme (d.h. Haustypen) soll durch verschiedenartige Ausbildung der Fassaden eine Belebung des Straßenbildes versucht werden" ( Wettbewerbsausschreibung 1893).
Um die
Zwischen der Einmündung der Villenstraße in den Gaterweg und dem Werktor 2 lagen einem Doppelhaus für Betriebsassistenten (Gaterweg 144/146, erhalten) und einem Betriebschef-Wohnhaus auf dem Eckgrundstück Villenstraße/Gaterweg zwei Direktorenvillen gegenüber (abgebrochen). Eine dritte Villa wurde erst nachträglich (um 1910) errichtet (ebenfalls abgebrochen). Ein weiteres Doppelhaus für Betriebsassistenten liegt - in zweiter Reihe - in der Blücherstraße 1/3 (erhalten). Ein zweites, später errichtetes Gebäude desselben Typs lag ihm gegenüber (abgebrochen).
Das
Im Innern des Beamtenkasinos (Bliershelmer Straße 83) ergaben sich im Zuge späterer Erweiterungen einzelne Änderungen; das besonders aufwendig gestaltete Äußere sowie die Gesamtanlage mit dem im rechten Winkel vorspringenden Seitenflügel (Kegelbahn) und der vorgelagerten Grünanlage blieb aber erhalten und wird auch durch den neuzeitlichen Anbau nicht entscheidend beeinträchtigt, da dieser in Bauvolumen und Proportionen auf das vorhandene Gebäude Bezug nimmt.
Die Häuser wurden im
Die gestalterische Vielfalt, die die Siedlung ebenso wie die einzelnen Gebäude auszeichnet, entsteht durch die Varianten einiger weniger Grundtypen. Diese Grundtypen der Häuser sind den einzelnen Benutzergruppen zugeordnet. So liegt den Wohnhäusern für die Betriebschefs der gleiche Grundriß zugrunde (Villenstaße 3) spiegelbildlich zu Villenstraße 9). Das Erdgeschoß setzt sich aus einer über Eck geführten Zimmerflucht von Salon, Wohnzimmer und Speisezimmer mit vorgelagerter Veranda sowie einem durch Flur und Treppe von den Wohnräumen getrennten Wirtschaftsteil mit Küche, Speisekammer und Waschküche zusammen, der das verbleibende Viertel des Grundrisses einnimmt. Im Obergeschoß und Dachgeschoß sind die Schlafzimmer und das Bad untergebracht.
Im Unterschied zu den Direktorenvillen haben die übrigen Wohnhäuser - sowohl die Einzelhäuser als auch die Gruppenbauten - kompakte Grundrisse. Die Doppelhäuser und das Vierfamilienhaus sind symmetrsich aufgebaut; eine Besonderheit stellt die asymmetrische Gestaltung des Doppelhauses Gaterweg 144/146 dar. Die Baukörper sind auf einer nahezu rechteckigen Grundfläche errichtet, sind aber nicht kubisch. Durch Vorbauten im Erdgeschoß oder Rücksprünge im Obergeschoß, die in der Regel separat überdacht bzw. übergiebelt sind, entsteht eine vielfältig gegliederte, plastisch gestaltete Baumasse.
Die lebhafte, malerische Erscheinung des einzelnen Baukörpers wird darüber hinaus durch die sorgfältige, differenzierte Ausbildung der architektonischen Details unterstützt. Dabei wurde nicht nur Wert auf eine individuelle Gestaltung der einzelnen Haustypen gelegt: Auch Häuser desselben Grundrisstyps erhielten ein deutlich voneinander unterschiedenes Aussehen. Dies wurde insbesondere durch den Einsatz und die Kombination unterschiedlicher Dach- und Giebelformen (Satteldächer mit Steil- oder Schweifgiebeln, Voll- und Krüppelwalme usw.), eine jeweils verschiedene Ausbildung der Eingangslauben, Veranden, Obergeschoß-Loggien, Dachgauben usw. sowie durch immer neue Variationen bei der Zusammenstellung der Materialien (insbes. von Putz und Fachwerk, Verbretterungen usw.) erreicht.
So zeichnet sich z.B. das Doppelhaus Villenstraße 5/6 durch einen breitgelagerten Giebel über dem Mittelrisalit aus, während der im Grundriß gleiche Haustyp Villenstraße 7/8 mit einem geschwungenen Doppelgiebel ausgeführt ist, der die Fassade vertikal gliedert.
Bei aller Vielfalt der Erscheinungsformen sind die Häuser formal einheitlich behandelt. Dies zeigt sich insbesondere in der Größenordnung der Baukörper, die aufeinander Bezug nehmen, aber auch In der Verwendung einzelner Bauelemente, die an sämtlichen Gebäuden gleich sind (z.B. Fenster mit einheitlichen Schlagläden oder Rollläden, Fenstergitter) oder die sich trotz unterschiedlicher Form in ihrer Ausführung gleichen (Putz und Fachwerk, insbesondere Ausbildung des Fachwerks bei Eingangslauben und Obergeschoß-Loggien, Verbretterungen usw.). Auf diese Weise wurde erreicht, dass nicht nur die ViIlenkolonie als städtebauliche Anlage, sondern ebenso jedes einzelne Haus als Ergebnis einer einheitlichen Planung erfahren wird.
Die hohe baukünstlerische Qualität der Einzelgebäude sowie die konsequente Umsetzung der Ideen der Gartenstadtbewegung, englischer Landhaus- und Siedlungsarchitektur und der Leitbilder der romantischen Stadtbaukunst in einen einheitlichen, künstlerisch durchgebildeten Bebauungsplan nach dem "Cottage-System" begründen ein öffentliches Interesse an der Erhaltung und Nutzung sowohl der Gesamtanlage als auch ihrer Bestandteile.
Die vorhandenen Gebäude sind - mit Ausnahme punktueller Zerstörungen in den leerstehenden Einheiten - sowohl in ihrer Raumaufteilung als auch In ihrer äußeren Erscheinung noch weitgehend im ursprünglichen Zustand erhalten. Nur das Direktorenwohnhaus Villenstraße 2 wurde in größerem Umfang von Umbauten betroffen, zum ersten Male bereits 1911. Gerade dieses Gebäude hat aber auf dem zentralen Grundstück und im Zusammenhang mit dem ehem. Kutscherhaus einen besonderen Stellenwert innerhalb der Gesamtanlage und hier besonders im Ensemble der Villenstraße, so daß es -trotz der Umbauten- als Denkmal erhaltenswert ist.